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Dornenschwestern (German Edition)

Dornenschwestern (German Edition)

Titel: Dornenschwestern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Beaulieu festgehalten, und selbst wenn sie frei wäre, würde sie nicht vor mir gehen, da ich im Rang jetzt höher stehe als sie. Ich bin eine königliche Herzogin, und es gibt nicht viele Frauen, hinter deren Schleppe ich hergehen müsste.
    Isabels harsche Worte muss ich nicht mehr fürchten, denn jetzt bin ich ihr ebenbürtig. Man wird uns wohl zwingen, unser Erbe zu teilen, damit unsere Männer den gleichen Anteil an unserem Wohlstand genießen. Wir teilen die Söhne des Hauses miteinander – sie hat George, den gutaussehenden mittleren Bruder, ich Richard, den treuen und geliebten jüngeren Bruder. Er ist an meiner Seite und schenkt mir ein warmes Lächeln. Er weiß, dass ich nervös, aber fest entschlossen bin, vor den großen königlichen Hof zu treten, damit sie mich als das anerkennen, was ich bin: eine königliche Herzogin von York und eine der mächtigsten Frauen des Königreichs.
    Ich trage ein dunkelrotes Kleid. Ich habe eine Zofe bestochen, um zu erfahren, was Isabel heute Abend anziehen wird, und sie hat mir verraten, dass Isabel ein Kleid aus hellem Violett geordert habe, zu dem sie ihre Amethyste trage. Angesichts meiner Wahl wird sie zur Bedeutungslosigkeit verblassen. Ich trage Rubine um den Hals und an den Ohren, und meine Haut ist cremeweiß im Kontrast zu dem dunklen Stoff des Kleids und den feuerroten funkelnden Steinen. Mein Hennin mit dem scharlachroten Schleier ragt über mir und meinem Gemahl auf wie eine Kirchturmspitze. Der Saum meines Kleids ist mit dunkelroter Seide bestickt, und die Ärmel sind verwegen hoch geschnitten, dass meine Handgelenke zu sehen sind. Ich weiß, dass ich schön bin. Ich bin sechzehn Jahre alt, und meine Haut ist wie das Blütenblatt einer Rose. Die Königin von England, Edwards bewunderte Gemahlin, wird neben mir alt und müde aussehen. In diesem Augenblick meines Triumphes bin ich so schön wie nie zuvor.
    Die großen Türen vor uns schwingen auf, und Richard nimmt meine Hand, wirft mir von der Seite einen Blick zu und sagt: «Vorwärts marsch!», als würden wir jeden Moment auf ein Schlachtfeld ziehen. Wir treten in das helle Licht und die Wärme des Audienzzimmers der Königin auf Windsor Castle.
    Die Räume strahlen, wie immer bei Königin Elizabeth, im hellen Licht der besten Kerzen, und ihre Hofdamen sind wunderschön gekleidet. Sie kegeln, und das Lachen und der Applaus deuten darauf hin, dass sie gewinnt. Am hinteren Ende des Raums spielen Musiker, und die Hofdamen vollführen einen Kreistanz, bei dem sie einander an den Händen halten und Reihen bilden und sich umsehen und den umschwärmten Höflingen am Rand zulächeln, die die Damen mustern, als wären sie bei einer Präsentation hochgezüchteter Jagdpferde. Der König sitzt mitten im Zimmer und unterhält sich mit Ludwig von Gruuthuse, der sein einziger Freund war, als mein Vater ihn vom Thron von England jagte und es so aussah, als würde er siegen. Ludwig nahm Edward an seinem Hof in Flandern auf und beschützte und unterstützte ihn, während er Männer rekrutierte, Schiffe und Geld beschaffte und nach England zurückkehrte wie ein Sturm. Edward hat Ludwig zum Earl of Winchester ernannt, und sie feiern tagelang seine neue Grafenwürde. Der König zahlt seine Schulden und belohnt seine Günstlinge. Und zum Glück für mich vergibt er auch manchmal seinen Feinden.
    König Edward blickt auf, als wir eintreten – sein geliebter Bruder mit seiner hübschen frisch angetrauten Gemahlin –, stößt einen Freudenschrei aus und kommt uns entgegen, um uns persönlich zu begrüßen. Denen gegenüber, die er liebt und die ihn unterhalten, gibt er sich immer ungezwungen und charmant. Er nimmt meine Hand und küsst mich auf den Mund, als hätte er längst vergessen, dass ich, als wir uns das letzte Mal begegnet sind, so tief in Ungnade gefallen war, dass ich nicht mit ihm sprechen durfte, sondern schweigend knicksen musste, wenn er vorbeiging.
    «Schau, wer hier ist!», ruft er entzückt der Königin zu. Sie kommt auf uns zu, und wir verneigen uns vor ihr. Von Richard lässt sie sich auf die Wangen küssen, dann wendet sie sich mir zu. Sie und der König haben offensichtlich beschlossen, mich als Verwandte und Schwester zu empfangen. Nur ein unmerklich boshaftes Flackern in ihren grauen Augen verrät mir, dass es sie amüsiert, mich wie Phönix aus der Asche hier anzutreffen – auf dem prächtigsten Fest des Jahres –, um den Verbündeten ihres Gemahls zu begrüßen.
    «Ah, Lady Anne, werte Schwägerin»,

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