Dornenschwestern (German Edition)
werden. Mein Anteil an meinem Erbe wurde ihm endlich überschrieben. George nimmt die andere Hälfte, und Richard wünscht sich nichts anderes, als den ausgedehnten Grundbesitz im Norden zu regieren. Er möchte die Stelle meines Vaters im Norden einnehmen und sich mit der Neville-Verwandtschaft anfreunden. Wegen meines Namens und der Liebe zu meinem Vater werden sie ihm gewogen sein. Wenn er die Menschen im Norden gut behandelt und offen und ehrlich mit ihnen umgeht, wird er im Norden von England so mächtig sein wie ein König, und wir werden in Sheriff Hutton und in Middleham Castle, unserem Heim in Yorkshire, einen Palast einrichten. Ich habe auch das wunderschöne Barnard Castle in Durham in die Ehe eingebracht, und Richard will hinter seinen mächtigen Mauern leben, mit Aussicht auf den Fluss Tees und in die hügeligen Pennines. Die Stadt York – die nicht nur den Namen des Hauses York trägt, sondern uns auch immer treu ergeben war – soll unsere Hauptstadt sein. Wir werden Pracht und Wohlstand in den Norden bringen, zu den Menschen, die bereit sind, Richard zu lieben, weil er dem Hause York angehört, und die mich bereits lieben, weil ich eine Neville bin.
Edward redet ihm zu. Er braucht jemanden, der den Norden befriedet und Englands Grenzen gegen die Schotten verteidigt, und niemandem vertraut er mehr als seinem jüngsten Bruder.
Doch ich habe auch noch einen anderen triftigen Grund, nicht am Hof zu bleiben. Ich knickse vor der Königin. «Euer Gnaden, werte Schwägerin, ich muss mich entschuldigen. Ich bin …»
Sie nickt kühl. «Natürlich, ich weiß.»
«Du weißt es?» Augenblicklich kommt mir in den Sinn, dass sie dieses Gespräch mit ihrem zweiten Gesicht vorhergesehen hat, und ich kann ein Schaudern nicht unterdrücken.
«Anne, ich bin nicht dumm. Ich habe selbst sieben Kinder geboren, ich sehe, wenn eine Frau ihr Frühstück nicht herunterbekommt und trotzdem immer runder wird. Ich habe mich schon gefragt, wann du es uns sagen willst. Hast du es schon deinem Gemahl erzählt?»
Ich merke, dass ich atemlos bin vor Furcht. «Ja.»
«Und war er sehr erfreut?»
«Ja, liebe Schwägerin.»
«Er hofft gewiss auf einen Sohn, einen Grafen für so ein großes Erbe», sagt sie zufrieden. «Es ist ein Segen für euch beide.»
«Darf ich, wenn es ein Mädchen wird, darauf hoffen, dass du Patin wirst?» Ich muss sie als Königin und als meine Schwägerin fragen, und sie muss ja sagen. Ich empfinde keine Wärme und keine Liebe für sie und glaube nicht, dass sie mich oder mein Kind segnen würde. Doch ich bin überrascht, als sie freundlich nickt.
«Ich würde mich sehr freuen.»
Ich wende mich um, damit ihre Hofdamen mich hören können. Unter ihnen ist meine Schwester. Sie hat den Kopf über ihre Näharbeit gesenkt und tut so, als hätte sie nichts mitbekommen. Aber ich will einfach glauben, dass sie sich danach sehnt, mit mir zu sprechen. Isabel kann es nicht gleichgültig sein, dass ich mein erstes Kind unter dem Herzen trage.
«Wenn ich eine Tochter bekomme, werde ich sie Elizabeth Isabel nennen», sage ich laut und für ihre Ohren bestimmt.
Meine Schwester hat den Kopf abgewandt und schaut gleichgültig aus dem Fenster auf den wirbelnden Schnee. Doch als sie ihren Namen hört, sieht sie herüber.
«Elizabeth Isabel?», wiederholt sie. Es ist das erste Mal, dass sie mit mir spricht, seit sie mich gescholten hat, weil ich weggelaufen war und als frischvermählte Braut an den Hof zurückkam.
«Ja», sage ich mutig.
Sie erhebt sich halb von ihrem Platz und setzt sich wieder. «Du willst ein Mädchen Isabel nennen?»
«Ja.»
Ich bemerke die Röte in ihrem Gesicht, und endlich steht sie auf, kehrt der Königin und ihren Hofdamen den Rücken und kommt zu mir. «Du würdest sie nach mir nennen?»
«Ja. Du bist ihre Tante, und ich hoffe, du wirst sie lieben und für sie sorgen. Und …» Ich zögere. Isabel weiß ganz genau, welch große Angst ich vor der Geburt habe. «Wenn mir etwas zustoßen sollte, hoffe ich, dass du sie aufziehst wie dein eigenes Kind und … und ihr von unserem Vater erzählst, Iz … und was passiert ist. Von uns … und was schiefgelaufen ist …»
Isabel verzieht kurz das Gesicht, um die Tränen zurückzudrängen. Dann klammern wir uns aneinander und weinen und lachen gleichzeitig.
«Oh, Iz», flüstere ich. «Ich fand es unerträglich, dass wir uns so entzweit hatten.»
«Es tut mir so schrecklich leid, Anne. Ich hätte mich nicht so verhalten sollen … ich wusste
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