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Dornenschwestern (German Edition)

Dornenschwestern (German Edition)

Titel: Dornenschwestern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Hofstaat in Wales ist, selbst wenn er unter der Führung seines Onkels Anthony Woodville steht. Dieser ist Witwer und trägt ohne eigenes Zutun den Titel seiner verstorbenen Gemahlin und darf sich Baron Scales nennen.
    «Nun haben die Rivers in Wales das Sagen», flüstert Isabel mir zu. «Der König hat seinen einzigen Erben in ihre Obhut gegeben. Anthony Woodville steht dem Rat des Prinzen vor, und die Königin beherrscht alles. Dies ist nicht das Haus York, sondern das Haus Rivers. Glaubst du, Wales wird sich das gefallen lassen? Wales war immer für das Haus Lancaster und die Tudors.»
    Ich zucke die Achseln. Ich befinde mich in einer heiteren Gemütslage und genieße die letzten Wochen vor der Niederkunft. Ich blicke über die grünen Felder und das raue Weideland dahinter, wo die schreienden Kiebitze kreisen und hinauf ins Heidemoor fliegen. London kommt mir sehr weit weg vor, Ludlow noch weiter.
    «Wer außer der Königin sollte denn ihren Sohn befehligen?», frage ich. «Und er könnte keinen besseren Vormund haben als seinen Onkel Anthony. Was auch immer du von der Königin hältst, Anthony Woodville ist einer der besten Männer in ganz Europa. In der Familie herrscht großer Zusammenhalt. Anthony Woodville wird seinen Neffen mit seinem Leben schützen.»
    «Wart’s ab», prophezeit Isabel. «Mancher fürchtet, die Rivers könnten übermächtig werden. Einige warnen den König, nicht einer Familie alles anzuvertrauen. George ist gegen sie, selbst dein Gemahl Richard sieht nicht gern ganz Wales unter ihrem Einfluss.» Sie unterbricht sich. «Vater hat gesagt, sie wären schlechte Ratgeber», erinnert sie mich.
    Ich nicke. «Ja», räume ich ein. «Der König hat unrecht getan, sie Vater vorzuziehen.»
    «Und sie hasst uns immer noch», sagt Isabel rundweg.
    «Ja, und das wird sich vermutlich auch nicht ändern; aber sie hat nichts in der Hand. Solange George und Richard in der Gunst des Königs stehen, kann sie sich so kalt wie das Fischweib auf der Standarte ihrer Familie geben. Sie kann nicht einmal die Rangordnung ändern. Sie kann uns nicht ignorieren wie früher. Zudem werde ich sowieso nicht an den Hof zurückkehren, wenn mein Kind auf der Welt ist.» Zufrieden lege ich die Hand auf die dicke Mauer neben dem Glasfenster. «Hier kann mir niemand etwas tun.»
    «Ich halte mich auch vom Hof fern.» Isabel lächelt mich an. «Ich habe einen guten Grund, mich fernzuhalten. Fällt dir etwas an mir auf?»
    Daraufhin betrachte ich sie genauer. «Du siehst …», ich suche nach einer höflich klingenden Formulierung, «… gesund aus.»
    Sie lacht fröhlich. «Du meinst, ich werde rund und dick. Im August werde ich dich rufen, damit du mir Gesellschaft leistest.» Sie strahlt mich an. «Dann musst du mir den gleichen Gefallen tun.»
    «Iz …» Da begreife ich und packe ihre Hände. «Iz … du erwartest ein Kind?»
    «Ja. Endlich. Ich habe schon befürchtet …»
    «Natürlich, natürlich. Aber jetzt musst du ausruhen.» Ich ziehe sie zum Kamin und setze sie in einen Sessel, schiebe ihr einen Schemel unter die Füße und betrachte sie lächelnd. «Wie wunderbar! Und du darfst nichts mehr für mich aufheben, und wenn du gehst, dann in einer Sänfte und nicht auf dem Rücken eines Pferdes.»
    «Mir geht es gut», sagt sie. «Viel besser als beim letzten Mal. Ich habe keine Angst. Also, jedenfalls keine große Angst … und denk dir nur, Annie! Unsere Kinder werden Cousins und im selben Jahr geboren sein.»
    Stille breitet sich aus, während wir beide an den Großvater dieser Kinder denken, den sie nie kennenlernen werden. Für ihn hätten sie die Erfüllung all seiner Pläne bedeutet, ja, er hätte augenblicklich neue und noch ehrgeizigere Pläne für sie geschmiedet, sobald sie in der Wiege gelegen hätten.
    «Vater hätte schon ihre Heirat geplant und ihre Wappen entwerfen lassen», sagt Isabel mit einem kleinen Lachen.
    «Er hätte die päpstliche Erlaubnis eingeholt und sie miteinander verheiratet», füge ich hinzu. «Damit ihr Vermögen in der Familie bleibt.» Ich unterbreche mich. «Schreibst du Mutter, um es ihr mitzuteilen?», frage ich vorsichtig.
    Sie zuckt die Achseln, das Gesicht verschlossen und kalt. «Wozu? Sie wird ihre Enkelkinder niemals sehen. Sie kommt nicht frei. Mir hat sie geschrieben, wenn ich nicht ihre Freilassung erwirken kann, bin ich nicht mehr ihre Tochter. Warum noch einen Gedanken an sie verschwenden?»

    Die Wehen setzen um Mitternacht ein, als ich mich gerade mit Isabel in das

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