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Dornentöchter

Dornentöchter

Titel: Dornentöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josephine Pennicott
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junge Frau zu weiteren Behandlungen ins Krankenhaus nach Melbourne verlegt wird.
    Aufgrund der Schwere der Verletzungen der bedauernswerten jungen Frau lässt sich von ihr unmöglich erfahren, wie es zu der Feuersbrunst kommen konnte. Anfänglich gab es Spekulationen, eine Kerze könnte das Bett angezündet haben, in dem sie schlief.
    Fremdeinwirkung konnte noch nicht ausgeschlossen werden. Ein Team professioneller Ermittler aus Hobart wurde mit großem Aufwand von Mrs Bydrenbaugh angeheuert, um herauszufinden, ob das Feuer absichtlich gelegt wurde.
    Fragt man jedoch die Handwerker, die an Blackness House gearbeitet haben, nach ihrer Meinung zu diesem Vorfall, so erhält man stets dieselbe Antwort: Der Fluch von Blackness hat wieder zugeschlagen.
    In Pencubitt ist weithin bekannt, dass die Bydrenbaugh-Familie Schwierigkeiten hatte, Arbeiter auf dem Anwesen zu halten. Die meisten Handwerker haben ihr Werkzeug niedergelegt und ihren Dienst quittiert, aus Angst vor den »gottlosen und seltsamen Vorfällen« rund um das Haus. Mrs Bydrenbaugh sah sich gezwungen, Arbeiter von außerhalb anzuheuern, und selbst diese blieben nicht lang. Handwerker haben sich über gestohlenes oder verräumtes Werkzeug beschwert, über etwas, das ihnen seinen Atem in den Nacken haucht, sie an den Haaren zieht und ihre Vesperbrote klaut. Die meisten weigerten sich, sich für diesen Artikel interviewen zu lassen, und sagten nur, dass »Blackness House seinen Namen und seinen Ruf verdiene und sie für alles Gold der Welt keinen Fuß mehr auf dieses Anwesen setzen würden«.
    Einige langjährige Angestellte des Hauses haben sich über die Behauptungen der Männer lustig gemacht und sie als »stinkfaule Phantasten« abgetan. Es besteht jedoch kein Zweifel an der Tatsache, dass Blackness House viel an menschlichem Leid erlebt hat. Diese jüngste Tragödie, die das Leben der jungen Violet Bydrenbaugh in Gefahr brachte, ist ein weiteres düsteres Kapitel in der dunklen, makabren Geschichte dieses Hauses. Man möchte hoffen, dass es sich um das letzte Kapitel handelt – doch die Reporterin dieses Artikels hegt schweren Herzens die Befürchtung, dass dem nicht so ist.
    Sadie ließ die Zeitschrift sinken. Warum hatte Birdie diesen entsetzlichen Vorfall nie erwähnt? Bei Geschichtlichem kam es schließlich mindestens so sehr auf das an, was man wegließ, wie auf das, was man erzählte. Sie dachte daran, wie Violet in Die Netzespinnerin dargestellt wurde, mit ihrem Porzellanteint und ihren flachsblonden Locken. Es überraschte sie, wie betroffen sie dieser Bericht über eine Fremde machte, die vermutlich schon lange tot war. Was war Violets Schicksal gewesen? Hatte sie ihre Verbrennungen überlebt? War sie lebend aus Melbourne zurückgekehrt? Sadie kritzelte einen Namen auf ihren Block: Birdie . Wenn jemand wusste, was aus Violet geworden war, dann sie. Warum hatte sie es in keiner der beiden Netzespinnerin -Versionen erwähnt? Oder auch nur beiläufig mündlich? Die Verfasserin des Zeitschriftenartikels, Louisa Wilson, war überzeugt davon gewesen, dass das Feuer in Blackness ein weiteres trauriges Detail in der Legende um das Anwesen sein würde. Stattdessen wurde es in seiner jüngsten Geschichte gar nicht mehr erwähnt.
    Sadie schrieb einen weiteren Namen auf ihren Block: Gracie . Blackness House gehörte zu ihrer Sammlung – vielleicht wusste sie ja mehr über die Sache. Falls sie ihren Ärger über Sadie überwinden und mit ihr sprechen würde.
    Schließlich fügte sie noch einen dritten Namen hinzu: Thomasina . Würde ihre Tante sich an das Ereignis erinnern? Und selbst wenn, wäre es nicht vielleicht grausam, jemanden nach der Vergangenheit zu fragen, der in seiner Kindheit solche Traumata erlebt hatte? Sadie starrte auf die drei Namen. Ene, mene, muh. Ihr Stift landete schließlich auf Birdie. Also dann, beschloss sie. Sie würde Birdie aufsuchen, um zu sehen, ob diese vielleicht etwas Licht in das geheimnisvolle Dunkel bringen konnte. Sadie war so in ihre Gedanken versunken, dass sie gar nicht merkte, wie sie von einem anderen Augenpaar beobachtet wurde.
    Hinter der Küchengardine stand Thomasina und betrachtete die lesende Sadie. Wie sehr Thomasina ihre Anwesenheit verabscheute! Diese Frau – so hübsch, mit ihrem niedlichen Pearl-Gesicht und ihren Spitzenkleidchen und ihrem Puppengetue – hatte die dunklen Erinnerungen wieder geweckt. Thomasinas Mutter war auch schön gewesen – aber nicht im Innern. Thomasina kannte das wahre Gesicht

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