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Dornentöchter

Dornentöchter

Titel: Dornentöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josephine Pennicott
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dass wir es kaum bemerkten.
    Ich weinte nicht an Pearls Grab, als man sie beerdigte. Mutter jedoch schon – wegen der armen kleinen Mädchen, wie sie später behauptete. Und weil Pearl nun in der Hölle war, statt geborgen in den Armen des Herrn. Ich sehnte mich danach, die Tränen fließen zu lassen, die in mir eingeschlossen waren, aber ich blieb stark, Maxwell und seinen Töchtern zuliebe. Ich glaubte, sie würden für einen Neuanfang ohne Pearl meine Hilfe brauchen. Auch war ich fest davon überzeugt, dass Maxwell keine Ahnung hatte, wie man für zwei kleine Mädchen sorgte, doch das sollte sich als falsch herausstellen. Kurze Zeit nach der Beerdigung brach Maxwell mit seinen Töchtern nach Europa auf. Ich sah sie mehrere Jahre lang nicht mehr, bis er schließlich ins Poet’s Cottage zurückkehrte, nachdem sich seine innerlichen Wogen geglättet hatten.
    Acht Jahre später kamen Maxwell, Thomasina und Marguerite schließlich wieder heim nach Pencubitt. Sie trafen ganz unerwartet im Frühjahr 1947 ein.
    Ich arbeitete gerade in meinem Vorgarten, als ich plötzlich merkte, dass jemand neben mir stand. Ich grub eine Weile weiter und beschäftigte mich mit meinem frisch gepflanzten Rosenstock, in der Hoffnung, wer auch immer es war, möge weitergehen. Es war nicht ungewöhnlich, dass Passanten den Garten bewunderten, wo ich einen Großteil meiner Zeit verbrachte, wenn ich mich nicht meinen anderen kreativen Interessen widmete. Ich erinnere mich noch an meine Freude über all das frische Wachstum: Der Lavendel gedieh, Narzissen und unzählige Tulpen sowie Mohn, Gänseblümchen und Iris umgaben mich mit ihrer Blütenpracht. Schließlich hob ich den Kopf und sah gegen das Sonnenlicht, das sie zu umhüllen schien, Maxwell und seine Töchter auf mich herabblicken.
    Maxwell war gealtert, doch sein freundliches Gesicht war trotz der Falten immer noch attraktiv, noch schöner als das des Jungen, mit dem ich früher gespielt hatte. Seine Augen blickten so fürsorglich drein wie immer, auch wenn nun ein gewisses Maß an Traurigkeit aus ihnen sprach. Er blickte mich an, als könnte er nicht glauben, was er vor sich sah, als wäre ich ein Geist, der kein Recht dazu hatte, vor Seagull Cottage zu knien. Und in diesem Moment sah ich endlich, was mein Herz die ganze Zeit gewusst hatte. Ich sah es in seinen Augen: Liebe. Eine Liebe, die rein und tief war und das Echo zu meiner bildete.
    Maxwell gestand mir später, er habe geglaubt, er könnte seinen Schuldgefühlen wegen Pearls grausamem Tod entkommen, wenn er seine Töchter mit ans andere Ende der Welt nahm und ihnen in England ein neues Zuhause schuf. Er ertrug die Erinnerung nicht, wie er an jenem schwarzen Tag im Jahr 1936 das Haus verlassen hatte, nachdem er Pearl solch harte Worte an den Kopf geschleudert hatte, und sie dann ihrem Schicksal überließ. Außerdem hatte er das Gefühl, nicht länger in einer kleinen Gemeinde leben zu können, wo hinter den bekannten Gesichtern von Nachbarn und Freunden ein Verbrecher lauern könnte. Jedes Mal, wenn er in Pencubitt jemandem begegnete, fragte er sich, ob er in die Augen des Mörders blickte, den Pearl an jenem Tag im Poet’s Cottage willkommen geheißen hatte. Doch natürlich besprachen wir all das nicht an diesem wunderbaren Frühlingsmorgen von Maxwells Heimkehr, sondern – wie so vieles, vieles andere – im Lauf der glücklichen Jahre, die folgten.
    Beide Mädchen waren inzwischen natürlich zu jungen Damen geworden. Mit achtzehn, beziehungsweise sechzehn erschienen mir Thomasina und Marguerite völlig verändert. Ich sollte jedoch bald herausfinden, dass Thomasina immer noch genauso streitsüchtig und schwierig war wie eh und je. Selbst an diesem Frühlingsmorgen kam es mir so vor, als wäre eine kleine Gewitterwolke aufgetaucht. Marguerite hingegen war eine Schönheit, strahlend und lächelnd. Sie hatte ganz offensichtlich die besten Eigenschaften beider Elternteile geerbt.
    »Was hab ich euch gesagt? Natürlich lebt sie noch! Ich wusste, sie würde hier sein.« Thomasina war die Erste, die das Schweigen brach. Marguerite gebot ihr mit einem Wink zu schweigen – doch dann blickte sie zwischen ihrem Vater und mir hin und her, weil sie wohl mit einem skeptischen Stirnrunzeln die Energie zwischen uns wahrnahm.
    »Erinnerst du dich nicht mehr an uns?«, wollte Thomasina wissen.
    Marguerite schaute Maxwell an. »Daddy?«
    Ihre Frage brach den Bann. Ich stand auf, klopfte mir die Erde vom Kleid und wünschte mir, ich hätte

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