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Dornentöchter

Dornentöchter

Titel: Dornentöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josephine Pennicott
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Poet’s Cottage. Erinnern Sie sich an Marguerite? Sie war meine Mutter. Sie ist gestorben und das Haus gehört jetzt mir. Verstehen Sie?« Violet gab ein paar Laute von sich, die möglicherweise Zustimmung ausdrückten. Ermutigt fuhr Sadie fort: »Wir haben den Zugang, den Sie benutzt haben, um ins Haus zu kommen, verschlossen. Wenn Sie uns also besuchen möchten, müssen Sie ab jetzt an die Haustür kommen und klopfen. Dazu sind Sie herzlich eingeladen. Sie können auch Ihre Schafe mitbringen und auf dem Rasen weiden lassen. Ich weiß, dass Sie das Badezimmer benutzt haben, um sich zu waschen. Das dürfen Sie gerne weiterhin tun, aber dann, wenn wir zu Hause sind. Das ist die richtige und höfliche Art und Weise.«
    Wenn man die entstellenden Narben ringsherum nicht beachtete, sah man, dass Violets Augen wach, gescheit und aufmerksam dreinblickten. Ihre Sprache war beeinträchtigt, begriff Sadie, nicht ihr Verstand.
    »Sadie hat Ihnen die Schafe gekauft«, erklärte Andrew. »Sie müssen sich gut benehmen, Miss Violet, und nicht in irgendwelchen Tunneln herumkriechen. Ihre Schafe brauchen Sie gesund und unversehrt, verstanden?«
    Violet nickte Andrew zu, und ihre Lippen verzogen sich zu etwas, das ein Lächeln hätte sein können.
    »Also, meine Liebe«, fuhr Andrew fort. »Ich muss heim zu Jean, aber Sie kümmern sich ja gut um meine Mädels.« Er lächelte und tätschelte ihre Wange. Sadie konnte seine tiefe Zuneigung für die bedauernswerte alte Frau spüren und freute sich darauf, Simons Kumpel irgendwann besser kennenzulernen.
    »Auf Wiedersehen, Violet.« Ganz spontan berührte Sadie die klauenartige Hand und, wie Birdie vorausgesagt hatte, fühlte sie sich so weich an wie die eines jungen Mädchens. »Sie dürfen mich sehr gerne besuchen, aber denken Sie daran, die Haustür zu benutzen.«
    Als sie gemeinsam zum Poet’s Cottage zurückspazierten und Violet im Kreise ihrer grasenden Schafe zurückließen, meinte Birdie: »Das war sehr nett und großzügig von Ihnen. Ich fress jedoch meinen alten Strohhut, wenn sie tatsächlich auftaucht. Ich glaube, sie braucht heutzutage nicht viel mehr als ihre Herde, den Himmel und die weiten Felder. Es macht mir das Herz schwer, mit anzusehen, was aus Violet Bydrenbaugh geworden ist.«
    Ein paar Mal im Lauf der Woche sah Sadie, wenn sie aus dem Fenster blickte, Violets schwarz gewandete Gestalt auf der anderen Straßenseite stehen, als versuchte sie den Mut aufzubringen, hereinzukommen. Einmal hob Sadie die Hand zum Gruß und war überrascht, dass ihr die Tränen in die Augen traten, als die Frau als Antwort ebenfalls langsam die Hand hob.
    Am nächsten Freitag saß Betty mit einer heftigen Erkältung zu Hause und hatte schlechte Laune, weil sie ihre Verabredung mit Dylan an diesem Abend hatte absagen müssen. Im Gegensatz dazu war Sadie ganz aufgeregt, weil Simon Parish sie für Samstagabend zu einer Grillparty auf Andrews Farm eingeladen hatte. Das würde ihr Gelegenheit geben, seinen Sohn Liam kennenzulernen. Nun pendelte sie aufgeregt zwischen ihrem Zimmer und dem ihrer Tochter hin und her, weil sie sich nicht entscheiden konnte, was sie anziehen sollte.
    »Es darf nicht so wirken, als hätte ich mich extra in Schale geschmissen, aber ich will trotzdem so gut wie möglich aussehen.«
    »Wozu der ganze Aufwand?«, fragte Betty. »Er hat dich doch ohnehin schon im Nachthemd gesehen, als du dich im Delirium völlig unkontrolliert übergeben hast. Danach kann doch eigentlich alles nur besser werden. Du magst ihn wirklich, stimmt’s?«
    Sadie nickte. »Ja, ich glaube schon.« Sie spielte nervös mit einem Tiegel Erkältungsbalsam herum. »Und was hältst du von ihm?«
    »Er ist ganz in Ordnung«, erwiderte Betty unverbindlich. Sadie blickte enttäuscht auf, woraufhin ihre Tochter laut loslachte. »Für einen alten Knacker ist er echt in Ordnung. Solange ihr verhütet.«
    »Betty!« Sadie warf sich auf ihre Tochter und tat, als wollte sie sie erwürgen.
    »Ich vermisse Dad«, sagte Betty. »Ich wünschte …« Sie verstummte.
    Sadie spürte die alten Schuldgefühle und das Bedauern in sich aufsteigen. Dieses Mal weigerte sie sich jedoch, sich davon überwältigen zu lassen. »Das weiß ich, Betty«, erwiderte sie. »Ich würde alles dafür geben, es für dich leichter zu machen. Ich habe es versucht, mein Herz, du weißt, wie sehr ich es versucht habe.«
    »Ist schon okay. Bitte sei nicht traurig, Mum.« Betty umarmte ihre Mutter. »Gestern Abend habe ich gedacht, wenn

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