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Dornentöchter

Dornentöchter

Titel: Dornentöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josephine Pennicott
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mit der Hilfe von Geistern dieses Verbrechen aufzuklären.
    Sollten Sie eher nervös veranlagt sein oder unter Herzproblemen leiden, so bleiben Sie besser zu Hause.
Sollten Sie allerdings in Stimmung sein, das Schicksal herauszufordern, dann tragen Sie bitte Kleidung, der ein paar Blutflecken nicht schaden –
Sie könnten schließlich das Opfer sein!!
    u. A. w. g., an Maxwell oder Pearl – Poet’s Cottage.
    »Was für ein schrecklich amerikanisches Motto für eine Party!«, mokierte sich meine Mutter mit gerümpfter Nase, genau wie ich es erwartet hatte. Sie hielt die Einladung mit der schwarzen Prägung mit spitzen Fingern von sich weg wie etwas Übelriechendes. »Außerdem eine sündhafte Verschwendung, wo so viele Menschen gar nichts haben. Wie sie mit Geld um sich wirft! Eine fürchterliche, vulgäre Person! Ich habe kürzlich einige wirklich schlimme Dinge über sie gehört. Ihre armen kleinen Mädchen – eins von ihnen ist nicht einmal seine Tochter!« Mutter hatte sich so in Rage geredet, dass sie einen ganz roten Kopf hatte.
    »Mutter, bitte! Es ist nicht gut für dein Herz, wenn du dich so über die Tatlows aufregst«, flehte ich sie an. »Lass sie einfach. Pearl tut doch niemandem weh.«
    »Tut niemandem weh? Bist du blind, Birdie? Mich verletzt es, wenn ich sehe, wie mein mir noch gebliebenes Kind allen Anstand vergisst und dieser üblen Schlampe gar nicht schnell genug hinterherlaufen kann. Schau dich doch nur an! Du trägst Farbe im Gesicht wie ein gewöhnliches Flittchen. Armer Maxwell! Sie führt ihn komplett an der Nase herum. Die Fischer haben beobachtet, wie sie splitterfasernackt geschwommen ist. Höchst verderblich! Ich hätte nie gedacht, dass ich noch solche Lasterhaftigkeit in meiner Stadt erleben müsste. Um ihrer armen Mädchen willen sollte man sie wirklich in eine Anstalt einweisen. Es gibt Gerüchte, dass sie mit einem der Stephens-Jungen am Strand Unzucht getrieben hat – in Sichtweite der ganzen Stadt! Und dann ist da noch diese nichtsnutzige Emily McCarthy, die eigentlich die Mädchen erziehen soll und sich stattdessen mächtig aufspielt. Sie treibt es mit Maxwell, während sie mit ihm und seiner Frau unter demselben Dach lebt!«
    »Ach, Mutter, das sind doch nur leere Gerüchte, die wahrscheinlich die Stephens-Jungs selbst verbreitet haben. Du weißt doch, wie die sind. Als ob Pearl sich für Teddy oder Arthur interessieren würde, wo sie doch Maxwell hat! Außerdem bin ich ihre Freundin. Wenn irgendetwas davon wahr wäre, hätte sie es mir erzählt.«
    Ich versuchte, Mutters Bemerkung über Emily zu ignorieren, die mir einen eifersüchtigen Stich versetzt hatte, der mir nicht zustand. Maxwell und Pearl waren inzwischen so abhängig von Emily, dass sie ihr den Spitznamen »Angel« gegeben hatten. Bevor sie das Mädchen angestellt hatten, war ich der einzige Mensch aus dem Ort gewesen, der bei ihnen wirklich willkommen war. Oh, da gab es auch noch Violet, aber sie stammte aus einer anderen Schicht und zählte daher nicht.
    Aber Mutter hörte einfach nicht auf: »Father Kelly war ein paar Mal dort, und sie hat ihn immer ausgesprochen unhöflich behandelt. Hat versucht, mit ihm über die Existenz Gottes zu diskutieren! Immerhin kann er froh sein, dass sie bei seinen Besuchen ihre Kleider anhatte. Laut dem armen Father Kelly hat sie auf eine ungehörige Art und Weise mit ihm geflirtet. Die Kinder schienen beinahe schwachsinnig zu sein. Sie trugen keine Schuhe und malten auf den Wänden herum. Kannst du dir das vorstellen?« Mutter konnte es offensichtlich nicht. Die Augen traten ihr aus dem Kopf, als sie sich auf die Brust schlug, um ihre Erregung zu demonstrieren. Ich wagte nicht, zu erwähnen, dass Father Kelly die Einladung zur Party bereits angenommen hatte, aus Furcht, Mutter würde mich womöglich begleiten wollen.
    Sie knallte die Einladung auf den Tisch. »Ein Mörderspiel?«, schnaubte sie verächtlich. »Irgendjemand wird dieses Flittchen noch umbringen, wenn sie nicht aufpasst!«
    An jenem Samstagabend kam Victor vorbei, um mich zu der Party abzuholen, und wir spazierten gemeinsam die stockdunkle Hauptstraße zum Poet’s Cottage hinauf. Ich hörte das Meer – diese beruhigende Hintergrundmusik zu meinem Leben. Und ich fragte mich, ob Victor versuchen würde, meine Hand zu halten, und war mir nicht sicher, ob ich erleichtert oder enttäuscht sein sollte, als er es nicht tat.
    »Deine Mutter war ja nicht gerade begeistert«, meinte er. »Hat sie was dagegen, dass ihre

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