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Dornentöchter

Dornentöchter

Titel: Dornentöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josephine Pennicott
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dummes, mädchenhaftes Geplapper über Kinohelden, den König, Jazzmusik und die Bewohner des Poet’s Cottage. Ich zog meine eigene Gesellschaft vor: Einsamkeit belohnte mich stets mit kreativer Inspiration. Violet hatte jedoch kein Verständnis für die Bedürfnisse eines Künstlers. Wenn es nach ihr ging, war die Welt nur dazu da, sämtliche ihrer Wünsche zu erfüllen. In dieser Hinsicht war sie Pearl sehr ähnlich. Wie kleine Kinder kreisten sie nur um sich selbst. Der mangelnde Ehrgeiz der jungen Frau, die selbstzufriedene Akzeptanz ihres eingeschränkten Verstandes ärgerten mich. Warum wurde Geld an jemanden verschwendet, der es so wenig verdiente? Ich, die nach Wissen hungerte und dem Altar der kreativen Künste huldigte, hatte so geringe Mittel, um den Drang in mir zu nähren. Violet war ausreichend hübsch und niedlich, doch sie besaß keinerlei Tiefe. Ich wusste, dass eine Freundschaft zwischen uns niemals ebenbürtig sein würde. Sie besaß den gesellschaftlichen Hintergrund und das Geld, ich hingegen nur den Wunsch nach dem, was sie als selbstverständlich betrachtete. Ich würde ihr das immer übelnehmen und sie insgeheim verachten.
    Ich seufzte tief und ignorierte ihr Geplapper über Clark Gable, Mae West und einige andere Namen, die mir nichts sagten. Mutter würde eine solche Unterhaltung nicht gutheißen. Sie glaubte, dass die moderne Musik und das Kino Werke des Teufels waren, die für einen faulen Geist und dekadente Köpfe erschaffen wurden. Leider ließ sich Violet von einsilbigen Antworten nicht abschrecken, und ihre Worte flatterten wie Schmetterlinge um mich herum. Ich versuchte weiterzuzeichnen, aber meine Konzentration war dahin.
    Ein Großteil von Violets Gesprächen drehte sich darum, wie unzumutbar ihre Mutter war. »Mutter hält ständig todlangweilige Predigten über das Leiden der Armen von Pencubitt. Wie glücklich wir uns schätzen könnten und dass wir Gutes tun müssten. Das ist ja so öde! Ich kann schließlich nichts dafür, dass ich reich geboren wurde, oder? Halten die Eltern der leidenden Armen denen endlose Vorträge über die Leiden der Reichen? Sicher nicht, vermute ich mal! Das Leben ist so gemein und unfair!« (Da musste ich ihr in Gedanken recht geben, wenn man bedachte, wie viel Geld für ihre Ausbildung verschwendet wurde.)
    Oder: »Wenn Mutter doch nur einwilligen würde, nach Amerika zu reisen. Dann würde ich nach Los Angeles fahren und Mr Gable treffen! Ich finde ihn ja so stattlich und viel begehrenswerter als alle Männer in Tasmanien. Da kann auch kein Fred Astaire mithalten. Nicht mal Rudolph Valentino. Die sind beide so langweilig! Ich habe gestern Nacht geträumt, Mr Gable würde mich küssen und seine Hand auf meine Brust legen. Es war so aufregend!«
    Dann: »Mutter kennt … aber davon darfst du niemandem etwas erzählen. Du musst es mit ins Grab nehmen! Gibst du mir dein Ehrenwort?« Das jämmerliche Ding verhakte tatsächlich ihre Finger mit meinen und ließ mich die andere Hand aufs Herz legen, ehe sie fortfuhr: »Mutter kennt eine Frau in Hobart, die sich an Pearl erinnert, als sie noch ein kleines Mädchen war. Pearls Familie kam auf der Lady Mary Anne mit irgendwelchen Freifahrkarten aus England. Ihre Familie war, wie Mutter es ausdrückt, von nicht einwandfreiem Charakter.« Da hörte ich Violet zum ersten Mal richtig zu. »Es heißt, Pearls Mutter war verrückt. Ja, so richtig verrückt. Sie hat sich umgebracht, kurz nachdem sie in Hobart ankamen. Sie hat auf der Reise ein Kind verloren. Ich frage mich, wie? Ist es über Bord gegangen?« Violet kicherte über irgendeine krankhafte Phantasievorstellung, die sie erheiterte, ehe sie mit großen Augen fortfuhr, wobei sie die Stimme theatralisch senkte: »Sie glaubten, das hätte sie vollends verstört. Pearls Vater musste die restlichen Kinder großziehen. Man sagt, er war kaltherzig und ein Langweiler. Pearl wurde sich selbst überlassen. Das erklärt doch ihre ziemlich seltsamen Geschichten und ihr Verhalten, findest du nicht?« Sie kicherte wieder in sich hinein. »Ich hoffe, sie kommt nicht nach ihrer Mutter und tut irgendetwas Dummes. Sie droht ja immer damit, sich umzubringen, wenn sie für immer in Pencubitt bleiben muss. Ich finde es unglaublich unanständig und dreist, wie sie da alle miteinander schlafen. Mutter wird richtig wütend, wenn ich versuche darüber zu reden. Stell dir nur mal vor, wie Maxwell mit diesem Pudding Angel schläft! Er sieht gar nicht schlecht aus, aber sie ist wie

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