Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dornentöchter

Dornentöchter

Titel: Dornentöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josephine Pennicott
Vom Netzwerk:
Violet restaurieren zu lassen, war bei den Handwerkern nicht sonderlich beliebt. Die Gerüchtemacher von Pencubitt munkelten, es wären mehr Geister um Blackness House gesichtet worden, seit die Arbeiten dort begonnen hatten. Selbst in diesen harten Zeiten hatten einige der Handwerker den Auftrag von Anfang an abgelehnt. Nun traten vier Männer vom Ort durch das Haupttor von Blackness House, während die anderen ihnen spöttisch hinterherjohlten. Ich sah, wie Mrs Bydrenbaugh aus dem Haus gelaufen kam, um mit dem Vorarbeiter zu sprechen.
    Old Tom, der Gärtner, kam begleitet von seinem Gehilfen Percy mit einem Schubkarren auf mich zu. Ich kannte Tom, seit ich ein kleines Mädchen war, und unterhielt mich gern mit ihm. Die Neugier trieb mich dazu, ihn zu fragen, was denn die Männer erschreckt hatte.
    Er lachte verächtlich und hob dabei einen Sack Pferdemist mit solcher Lässigkeit vom Schubkarren, dass es einem viel jüngeren Mann zur Ehre gereicht hätte. »Dieses ganze Geschwätz über Geister! Sollten sich was schämen. Der junge Bertie ist auch gegangen, und das obwohl er vierzehn hungrige Mäuler zu stopfen hat! Ausgewachsene Männer, die was von Gespenstern faseln. Hab noch nie einen solchen Unsinn gehört. Da, verteil mal den Dung, Junge!« Old Tom sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an und zeigte auf Percy. »Der hat auch Angst, aber ich lass ihn nicht gehen. Nein, der bleibt schön beim alten Tom. Ich arbeite hier in Blackness House, seit ich kurze Hosen getragen habe, und ich hab nie einen Geist gesehen! Mein alter Vater glaubt, er hätte sie mal gesehen, aber der mochte den Apfelwein ein bisschen zu gern, wenn Sie verstehen, was ich meine, Miss Birdie. Mein Dad hat sie wohl immer dann gesehen, wenn er ein paar Gläser Apfelwein getrunken hatte.« Er zwinkerte mir zu und lachte über seinen eigenen Scherz.
    » Wen gesehen?«, hakte ich nach.
    »Die verhüllte Frau, Miss Birdie. Die Frau, von der sie behaupten, sie würde hier herumspuken, seit sie das zugemauerte Versteck in der Kapelle gefunden haben. Da lagen Knochen und die Wand war zerkratzt.« Er warf einen Blick zurück zum Haus. »Sie behaupten, es sei Hellyers Frau gewesen. Dass sie verrückt geworden ist, nachdem ihr Kind starb, und er sie da eingeschlossen hat, um sie verhungern zu lassen. Jetzt zieht ihr Geist rastlos umher, weil ihr Ruheort zerstört wird. Haben Sie schon mal einen solchen Haufen Unsinn gehört?« Er lachte, bis er von einem Hustenanfall geschüttelt wurde. »Oh, da kommt die Chefin. Besser, wenn ich mich bei den Rosen blicken lasse.« Er verschwand zwischen den Rosenbüschen in der Nähe und tat so, als kümmere er sich um die Blumen, während er Percy Anweisungen zurief.
    Mrs Bydrenbaugh ließ sich neben mir auf der Gartenbank nieder und warf einen Blick in mein Skizzenbuch. Sie schwitzte und wirkte aufgewühlt. »Violet hat gesagt, Ihre Skizze sei gut, und das ist sie. Zweifellos haben Sie diese Narren gesehen, die eben davongelaufen sind, und haben sich Old Toms Tratsch angehört?« Sie warf einen scharfen Blick zu den Rosenbüschen hinüber, wo Tom und Percy bestimmt aufmerksam lauschten. »Ich würde es zu schätzen wissen, wenn Sie für sich behalten, was hier heute passiert ist. Es ist schwierig genug, gute Handwerker zu bekommen, auch ohne dass noch mehr von ihnen hysterisch die Arbeit verweigern. Nichts als ein Haufen Tagediebe, die ein paar alte Tierknochen finden und anfangen herumzuheulen, Geister seien hinter ihnen her. Ich bin nur froh, dass Violets Vater, Charles, nicht mehr am Leben ist – er konnte faule Angestellte nicht ausstehen.«
    »Sie glauben nicht an Geister?«, wagte ich zu fragen.
    Es folgte ein kurzes Schweigen, währenddessen sie das Grabmal betrachtete. »Ich glaube an ein Flüstern aus der Vergangenheit, für das manche Menschen empfänglich sind. Ich habe diese Frau im langen Mantel, von der alle reden, nie gesehen, aber ich spüre manchmal ihre Gegenwart, wie eine Art Schattenrest, mit dem ich zusammenstoße, wenn ich meinem Tagwerk nachgehe. Dieses Haus ist voll von Geschichten und Geheimnissen.« Sie fuhr in einem unbewussten Echo von Violets voriger Aussage fort: »Ich glaube nicht an wilde Erzählungen, die bei jedem Mal unheimlicher werden, weil müßige Arbeiter nach Ausreden suchen, um ihren Lohn zu versaufen. Ich brauche mehr Leute wie den alten Tom hier: kein Grips, wenig Phantasie, aber handwerklich geschickt.«
    Als sie weiter so daherredete, vermochte ich das Blut ihrer Vorfahren

Weitere Kostenlose Bücher