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Dornentöchter

Dornentöchter

Titel: Dornentöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josephine Pennicott
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wie Betty mit Dylan Walzer tanzte, und fragte sich, wo ihre Tochter die Schritte gelernt hatte. Es war immer überraschend, etwas an Betty zu entdecken, von dem sie nichts gewusst hatte. Sie glaubte nur zu gerne, dass sie ihre Tochter besser kannte als sich selbst.
    Schließlich gelang es Gary, sich von der enttäuschten Gracie zu lösen, die dann mit ansehen musste, wie er die Tanzfläche überquerte und Sadie aufforderte.
    Der Tanz begann. Unter den Blicken von Gracie, Kristie und den anderen Einheimischen fühlte sich Sadie ziemlich befangen. Als sie an Simon und Maria vorbeikamen, flüsterte Gary ihr neckend etwas zu. Sadie ertappte sich beim Gedanken, wie schade es sei, dass er schon vergeben war. Nach einem Jahr selbstauferlegter Einsamkeit und Enthaltsamkeit tat es einfach unheimlich gut, dass ein Mann Interesse an ihr zeigte. Gary war zwar ein bisschen eingebildet, aber seine Attraktivität war nicht von der Hand zu weisen. Während sie tanzten, bemerkte Sadie, dass Simon immer wieder mit strenger Miene zu ihnen herübersah. Sein offensichtliches Missfallen brachte sie dazu, sich noch tiefer in Garys Arme sinken zu lassen und laut über seine Scherze zu lachen.
    »Das hat Spaß gemacht.« Gracie gesellte sich nach einem schwungvollen Quickstepp zu Sadie und Maria an die Bar und fächelte sich mit der Hand Luft zu. »Ich bin ganz schön ins Schwitzen gekommen. Sadie, ich glaube, der da hat’s gar nicht gefallen, dass du mit Gary getanzt hast.« Gracie wies mit dem Kopf auf Kristie, die während der letzten beiden Tänze die Arme fest um Garys Hals geschlungen hatte. Trotz Gracies lockerem Tonfall war Sadie zuvor der gekränkte Blick in ihre Richtung nicht entgangen. Lag es in der Natur des Menschen, immer das Unerreichbare haben zu wollen?, fragte sie sich beim Anblick von Gracies sehnsüchtiger Miene. Doch trotz ihres Körperumfangs war Gracie auf ihre etwas schrille Art sehr hübsch, und es gab sicher eine ganze Reihe Männer im Ort, die nur zu gerne eine Beziehung mit ihr eingehen würden.
    Im Lauf des Abends beschlich Sadie ein Gefühl der Melancholie. Sie beobachtete die bunte Menschenmenge, die feierte, trank und tanzte. Jack und Jackie stritten sich in einer Ecke, während Betty sich lächelnd mit Dylan unterhielt und mit ihm lachte. Sadie konnte sich des Gedankens nicht erwehren, dass es niemandem auffallen würde, wenn sie sich jetzt in Luft auflöste. Alle waren so sehr mit ihrem eigenen Leben, ihren eigenen Dramen beschäftigt. Wie gerne hätte sie heute Abend ihre Mutter angerufen und ihr in allen Einzelheiten vom Tanz erzählt. Marguerite hatte stets die unterschiedlichen Seiten eines Problems mit ihrer überaus pragmatischen Ader betrachten können. Als Betty das Mobbing und die Bulimie durchmachte, war sie unersetzlich gewesen.
    Ein weiteres Lied endete, und die Paare applaudierten. Der Pianist setzte zur nächsten Melodie an, obwohl bereits Tische mit Bergen von Sandwichs und selbstgebackenen Kuchen, sowie Tee- und Kaffeekannen aufgebaut wurden.
    Sadie ging nach draußen, um etwas frische Luft zu schnappen. Ein paar der jüngeren Leute standen trinkend und rauchend herum, aber die meisten hatten sich zum Abendessen in die Halle begeben. Der Mond hing leuchtend hell über der Koppel. Darunter konnte Sadie die reizvolle Silhouette von Blackness House erkennen und dahinter das Meer, das an die Felsen brandete.
    »Alles in Ordnung?« Gary tauchte mit einem Plastikbecher in der Hand neben ihr auf. »Ich muss mich vor Gracie verstecken, bevor sie mich zu noch einem verdammten Walzer zwingt.« Gemeinsam betrachteten sie Blackness House.
    »Es heißt, dass es dort spukt. Fällt mir nicht schwer, das zu glauben«, meinte Sadie fröstelnd. »Ich verstehe nicht, wie Gracie dort wohnen kann.«
    »Tut sie ja die meiste Zeit auch nicht, oder? Wandert von einem Haus zum nächsten, je nach Laune«, erwiderte Gary. »Glauben Sie, dass die alte Mrs Bydrenbaugh dort herumgeistert und um ihre Tochter trauert?«
    »Warum? Was meinen Sie damit?«
    »Nach dem Feuer –«, fing er an, wurde dann aber von Maria unterbrochen, die nach ihnen rief.
    »Ach, da seid ihr!« Als Sadie sich umdrehte, sah sie Maria und Simon Parish in der Tür stehen. Maria hielt ihnen einen Teller mit Sandwichs hin. »Wir haben schon nach dir gesucht. Ich wollte nicht, dass du das Abendessen verpasst.«
    »Ich glaube, Ihre Freundin vermisst Sie«, erklärte Simon Gary kühl.
    »Gary? Ich hab dich überall gesucht!« Wie aufs Stichwort kam

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