Dornröschen schlief wohl hundert Jahr
mit den Händen und den Unterarmen, spürte einen glatten und verschwitzten Oberkörper. Die nackte Haut schien fieberheiß unter meinen Fingern. Meine eine Hand berührte eine Brustwarze, die steinhart war. Ein süßlicher Duft kam mir entgegen, eher Übelkeit erregend als verführerisch. Ihr Körper glitt zur Seite, und ich hörte, wie sich der Schrei in Fluchen verwandelte, in Winseln, in hysterisches Weinen.
Jetzt sah ich klar. Sie lag zusammengesunken über der Stuhllehne, das Gesicht an meinen Bauch gedrückt, ihre Hände umklammerten meine Schenkel, und ihr Haar lag wie Seetang auf meinem hellblauen Hemd. Ihre Wirbelsäule stach aus dem weißen Rücken hervor wie eine Bergkette, weit, weit unten, wenn man aus dem Flugzeug schaut.
Es klopfte kräftig an der Tür. »Hallo? Hallo?«, ertönte eine belegte Stimme. »Was ist da drinnen los? Wenn nicht bald Ruhe ist, dann ruf ich den Portier.«
Ich machte mich mühsam frei, hob sie ein wenig in meine Arme, spürte, dass sie kaum mehr als 45 Kilo wiegen konnte. Ich legte sie sanft wieder auf das Bett. Sie bedeckte ihr Gesicht mit den Händen, wie um sich gegen das grelle Licht zu schützen. Wieder wurden ihre Brüste zu nichts als versteinerten Warzen und wo andere Menschen einen Bauch haben, hatte sie eine tiefe, pochende Kuhle. Ich deckte sie mit der leichten Decke zu, fuhr mir mit der Hand durch die Haare und ging zur Tür, um sie zu öffnen. Die Tür zum Schlafzimmer ließ ich angelehnt. Ich ging nach wie vor kein Risiko ein.
Draußen stand ein fülliger, rotgesichtiger Däne. Er trug ein weißes T-Shirt, eine dunkle Hose mit grauen Hosenträgern, und das fettige Haar stand ihm zu Berge. Er war barfuß, hatte Schweißperlen im Gesicht, und ich nahm an, dass er ungefähr dreimal so viel wog wie Lisa. »Was zum Teufel treiben Sie da drinnen mitten in der Nacht?«, zischte er misstrauisch, als er mich sah. »Vergewaltigung?«
Ich sagte: »Tut mir leid, dass ich Sie geweckt habe, aber es war ein – Albtraum.«
»Sie sehen ja verdammt noch mal selbst wie ein Albtraum aus. Wen haben Sie da drinnen?« Er versuchte, an mir vorbeizusehen, über meine Schultern.
Ich lehnte mich in den Türrahmen und versperrte ihm den Blick. »Sie können an der Rezeption nachfragen«, sagte ich müde. »Es ist kein Geheimnis. Ich bin ein international bekannter Pädophiler, und das Mädchen da drinnen war vor fünf Minuten noch Jungfrau. Jetzt ist sie es nicht mehr.«
Er sah mich an – öffnete den Mund, der nicht schön war, auch innen nicht. Die Zähne waren Löcher mit weißen Rändern. Die Zunge erinnerte an verdorbenen Wurstaufschnitt.
Ich sagte: »Gute Nacht.«
Er sagte gar nichts. Ich schloss die Tür mit einem Ruck, blieb stehen und lauschte. Nach ungefähr einer Minute hörte ich zögernde Schritte den Korridor entlang und gleich danach eine Tür, die geschlossen wurde, ganz leise.
Ich ging zurück zu Lisa. Sie hatte die Hände vom Gesicht genommen und ihre Augen waren groß und schwarz, und voller Angst. Ich wusste nicht, was sie sah, aber mich sah sie nicht.
Es wurde eine lange Nacht, und ich schlief nicht noch mal ein. Lisa fiel in einen unruhigen Halbschlaf und wachte mehrmals in der Stunde auf. Sie schrie nicht mehr, aber manchmal schlug sie wild um sich, dann wieder jammerte sie, ein paarmal hustete sie wie ein Kind mit Pseudokrupp. In der Dämmerung lag sie da und krallte ihre Nägel in den Unterarm, in die dünne Haut der Innenseite, wo sie einmal ihre ersten Spritzen gesetzt hatte …
Wenn man plötzlich nachts aufwacht, kommt man manchmal in eine eigenartig aufgeregte, angespannte Stimmung. Die Poren öffnen sich, und man fühlt sich schmutzig und ungewaschen und leicht berauscht. Die Nacht tropft einem dahin wie aus einem Wasserhahn, den man vergessen hat, ordentlich zuzudrehen, und der Morgen überschwemmt einen langsam, wie Abwaschwasser vom Vorabend.
Als es hell zu werden begann, ging ich zum Fenster und starrte hinaus. Die anderen Fenster zum Hinterhof waren dunkel. Keine morgendlichen Nymphen zogen die Gardinen zur Seite, hoben ihre Arme zum Sonnengruß und streckten sich dir nackt mit vollen Brüsten und schwellendem Schoß entgegen. Es war nur ein Traum. Keine Männer mittleren Alters saßen an Küchentischen mit Wachstüchern drauf und legten Patiencen, während sie Whiskey und Wasser aus billigen Saftgläsern tranken. Das war nur ein Bild von einem selbst in zwanzig Jahren.
Oben in den Dachrinnen streckten die ersten Tauben ihre Köpfe
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