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Dornröschen schlief wohl hundert Jahr

Dornröschen schlief wohl hundert Jahr

Titel: Dornröschen schlief wohl hundert Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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Vollbart stehen zu lassen oder aber er hatte für ein paar Tage das Rasieren ausgelassen. Seine Kleidung war noch immer recht modern, aber sie hatte dabei etwas Verblichenes und Verschlissenes, das den Eindruck zunichte machte. Seine Fingerkuppen waren gelb von Nikotin, ein graublauer Zigarettennebel hing in dem kleinen Raum, und es hätte mich nicht gewundert, wenn es auch noch nach altem Bier gerochen hätte. Das tat es allerdings nicht, und Finckel wirkte vollkommen nüchtern, wenn auch nicht besonders frisch. Er zeigte auf den Zeitungsstapel auf dem freien Stuhl. »Schmeiß sie auf den Boden, Veum, und setz dich. Und mach die Tür zu.«
    Der Zeitungsstapel wirkte, als sei er schwer genug, um meinem Rücken den Rest zu geben, also setzte ich mich einfach obendrauf. »Ich behalte gern die Übersicht«, sagte ich und versuchte, genauso witzig zu sein wie er. Das war nicht sehr schwer, und wir kannten uns schon lange genug, um nicht mehr über die Witze des anderen lachen zu müssen.
    »Aber du sitzt mit dem Rücken zur Tür«, sagte er. »Das hat wild Bill Hickock nie getan.«
    »Nein, aber der wilde Bill Veum tut es«, sagte ich. Wir plapperten wie zwei heruntergekommene Handelsreisende auf einem entlegenen Fähranleger spätabends im November.
    Er schaute mich mit müden Augen an. »Es ist ein beschissenes Leben, Veum, am Tag danach. Genau wie in den Jahren danach. Nach der Heirat, meine ich. Ein langer, dröhnender Kater. Ich bin froh, dass ich schließlich davonkam«, sagte er und sah alles andere als froh aus.
    Dann blitzte es in seinen Augen auf. »Die Lady, mit der ich gestern aus war, Veum, die war verdammt noch mal nicht von schlechten Eltern. Hat die halbe Nacht durchgehalten. Ist es da ein Wunder, dass ich armer Kerl kaputt bin?«
    Nein, war das ein Wunder? Paul Finckel erzählte mir immer von all den Frauen, die er aufgerissen hatte. Das Dumme daran war nur, dass er nie daran dachte, mich auch nur einer von ihnen vorzustellen. Im Grunde konnte ich mich nicht erinnern, ihn jemals zusammen mit einer Frau gesehen zu haben. Abgesehen von der Zeit, als er noch verheiratet war.
    Er fuhr in seinem Monolog fort. »Ich vermisse natürlich die Kinder. Es ist einfach nicht dasselbe, wenn man sie an ein oder zwei Wochenenden im Monat trifft, stimmt’s? Man verliert irgendwie den Kontakt. Aber das weißt du ja, Veum. Wie geht’s denn deinem Kleinen? Wie alt ist er jetzt?«
    Er fragte aus reiner Höflichkeit, und ich antwortete ebenso: »Er ist acht.«
    »Acht Jahre? Wirklich? Ja, die Zeit vergeht. Mein Ältester ist elf, und die Kleine sieben. Ich habe immer gesagt, das beste am Kinderkriegen ist, dass die Madam fünf Tage in der Klinik bleibt – dann hat man jedenfalls an den Tagen mal frei, was? Später geht es stetig abwärts. Aber das tut es ja mit fast allem im Leben.« Er stierte schwermütig vor sich hin.
    Ich sagte: »Ja, ja.«
    Er schaute wieder auf. »Tja, womit kann ich dir helfen? Ich gehe davon aus, dass du mir keinen Höflichkeitsbesuch abstatten wolltest.«
    »Arve Jonassen, Bauunternehmer«, sagte ich.
    »Aha. Ich habe es irgendwem gesagt – ich weiß nicht mehr, wem. ›Veum?‹, hab ich gesagt. ›Veum, ja. Guter alter Kumpel von mir. Er meldet sich immer, wenn er über irgendjemanden was wissen will‹, hab ich gesagt.« Und ohne Pause fuhr er fort: »Meine Güte, erinnerst du dich noch an die Seeschlacht, die wir veranstaltet haben, als der kleine Svein geboren wurde? Mit allen alten Kumpels? Und wie viele sind jetzt noch von uns übrig – hier in dieser kleinen Dreckstadt? Wie viele von ihnen triffst du eigentlich noch?«
    Ich zuckte mit den Schultern. Ich hatte nie zu den alten Kumpels gehört. Seine Erinnerung spielte ihm einen Streich.
    »Arve Jonassen, ja. Nein. Ich weiß nicht viel über ihn. Jedenfalls nicht aus dem Stegreif. Wonach suchst du denn eigentlich?«
    Ich sagte: »Ich wüsste gern, wie ein Bauunternehmer auf die einfachste Weise ein bisschen nebenbei verdienen kann – und ob Arve Jonassen eventuell für so was bekannt ist. Oder irgendwas in der Richtung.«
    Sein Gesicht leuchtete auf. »Da musst du mit Haugland reden. Ove Haugland. Er weiß alles, was es über Schwarzgeld, Schiebereien in der Wirtschaft und so weiter zu wissen gibt. Warte mal, ich werde mal hören …«
    Er wählte eine örtliche Nummer und fragte, ob Ove Haugland zu sprechen sei. Er bekam eine Antwort, legte auf und hob entschuldigend die Hände. »Er ist unterwegs, und er hat nicht gesagt, wann er

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