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Dornröschen schlief wohl hundert Jahr

Dornröschen schlief wohl hundert Jahr

Titel: Dornröschen schlief wohl hundert Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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… Es war nicht so schwer, zu … Es war – wir hatten auch schöne Erinnerungen, und es war leicht, sich davonzuträumen – es noch einmal zu versuchen. Also haben wir … ja, also, wie gesagt.«
    Ich wiederholte, was sie gesagt hatte: »Sie begannen ein Verhältnis, und Peter – könnte also – Halles Sohn sein?«
    Sie nickte. »Ja! Ich – genau in der Zeit – Håkon hatte einige Probleme mit … Ich … Sie haben kein Recht darauf, all diese Details zu hören, Veum. Das ist nicht – notwendig. Ich kann Ihnen nicht alles erzählen – das wäre unmöglich. Das würde zu sehr wehtun. Aber – ich wollte so gern, dass Sie verstehen, warum ich so heftig darauf … Peter und Lisa könnten nicht nur Halbgeschwister sein, sondern ich bin mir so gut wie sicher, dass sie es sind. Und da durfte es doch nicht sein …«
    Ich sagte: »Solange niemand davon wusste …«
    »Nein, Veum, nein! Ich konnte es nicht zulassen. Ich war doch seine Mutter! Die kleine Gans – sie … sie war es nicht wert. Wäre sie eine andere gewesen, dann vielleicht – aber, nein, ich glaube es nicht. Da ist etwas – in mir –, das sich wehrt …«
    »Und später … Ingelin …«
    »Was meinen Sie? Ingelin ist Håkons Tochter, daran gibt es auch keinen Zweifel. Zu der Zeit gab es niemand anders.«
    »Also als Lisa geboren wurde, da war schon wieder – Schluss zwischen Halle und Ihnen?«
    »Schon? Wissen Sie wie lange Monate sein können, wenn man unter solchen Umständen lebt, Veum? Haben Sie eine Ahnung? Doch, ja, es war Schluss. Wie gesagt … es hat auch damals nicht gehalten. Nicht genug. Wir hatten ja Kinder, beide. Er hatte – Lisas ältere Geschwister, und ich … Peter. Wenn die Leute immer redeten, als er klein war, wie sehr er Håkon ähnlich sei! Ich hätte schreien können, Veum – schreien!«
    »Und später hat es also niemals …«
    »Nein, niemals. Wir sind befreundet oder waren es. Nachbarn. Aber was einmal war – das kam nie wieder. Ich – ich fand andere – Kompensationsmöglichkeiten – und er – er machte Jagd auf jüngeres Wild.«
    »Halle?«
    Sie nickte. »Aber vergessen Sie es wieder. Ich hätte es nicht sagen sollen. Das hat nichts – mit der Sache zu tun.« Sie hatte jetzt einen bitteren, müden Gesichtsausdruck.
    Nach einer Pause fragte sie: »Und, Veum – verstehen Sie jetzt?«
    Ich nickte und sagte: »Ich verstehe es. Ich verstehe.«
    »Glauben Sie – glauben Sie, ich sollte zur Polizei gehen?«
    Ich dachte über ihre Frage nach. Schließlich sagte ich: »Ich kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht erkennen, was es mit Peters Tod zu tun haben könnte.« Ich saß da und hörte mich selbst reden. Mit einigem Training hätte ich für eine politische Partei kandidieren können. Ich hätte mich im Fernsehen interviewen lassen und Fragen beantworten können, ohne das Geringste zu sagen, ohne irgendetwas Verbindliches von mir zu geben.
    Ich fügte hinzu: »Es ist wohl eher – eine moralische Frage. Für Sie selbst. Eine Frage, die auf Ihrem Gewissen lasten wird, solange Sie leben, denke ich. Aber keine Sorge, solche Fragen verblassen mit den Jahren.« Die meisten jedenfalls. Aber nicht alle. So etwas sagt man einfach nicht. Es gibt schon genug Probleme auf der Welt.
    Sie stand auf.
    Ich erhob mich auch.
    Dann sagte sie: »Dann danke ich Ihnen. Håkon wird bald nach Hause kommen. Danke, dass Sie mir zugehört haben, Veum. Was bin ich Ihnen schuldig?« Sie nestelte wieder am Verschluss ihrer Tasche herum.
    »Oh, vergessen Sie es, Frau Werner. Es spielt keine Rolle …«
    Sie zog einen Fünfhunderter aus der Tasche und sagte: »Nehmen Sie das jedenfalls. Als ein symbolisches – zum Dank.«
    Sie gab mir den Schein, und ich wusste, dass es keinen Sinn hätte, zu protestieren. Außerdem – wenn es ihr guttat, dann … Ich steckte das Geld in die Tasche und begleitete sie bis in den Flur, stand in der Tür und sah ihr nach, bis sie im Fahrstuhl verschwand, blieb nachdenklich stehen und schaute fast eine halbe Minute lang den leeren Flur entlang und ging dann langsam wieder in mein Büro zurück.
    Sie hatte mir etwas erzählt. Sie hatte mir mehr erzählt als nur das, was sie ausdrücklich gesagt hatte. Ich konnte nur im Augenblick noch nicht erkennen, was es war. Vielleicht bildete ich es mir auch nur ein.
    Sie hatte einen Duft in meinem Büro hinterlassen – einen schwachen Duft von Maiglöckchen, den Duft einer trauernden Mutter – oder einer Witwe.
    Einer Witwe? Warum dachte ich daran?
    Eine Witwe?
    Ich hob

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