Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dornroeschengift

Dornroeschengift

Titel: Dornroeschengift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
Vom Netzwerk:
alten Hotel. Hast du Lust mitzukommen? « »Das abgebrannt ist? « »Genau das! « »Was willst du denn dort? « »Meine Mutter interessiert sich dafür. Will es vielleicht wiede r eröffnen, wenn das Restaurant erst mal läuft. « »Ach so. « »Außerdem hat man aus dem obersten Stockwerk eine toll e Sicht über den Gespensterwald bis zum Meer. Also was ist , kommst du mit? « »Jetzt gleich? « »Warum nicht? «
    Hatte Jamaica recht und Finn interessierte sich für mich? Mei n Herz begann aufgeregt zu klopfen und meine Erkältung wa r plötzlich wie weggewischt . »Okay. « »Dann treffen wir uns dort?«, fragte er . Ich nickte und stieg auf das Fahrrad . Finn wollte gerade den Helm überziehen, als plötzlich ei n merkwürdiges Lächeln auf seine Lippen trat. »Hast du kein e Angst? Du weißt, es ist verboten, das Gebäude zu betreten. E s soll dort spuken! « »Gefährlich ist dort nur, dass das Gebäude seit dem Brand vo m Einsturz bedroht ist, sagt mein Vater. « »Glaubst du nicht an Gespenster? « »Nur an Menschen mit zu viel Fantasie. « Finn lachte und mein Herz verwandelte sich plötzlich in ein Ka russell. Es begann sich so fröhlich zu drehen, dass mir schwin delig wurde .

Der Kaiser
    E in Chaos aus Schutt, Abfall und Schrott übersäte den vom Rauch geschwärzten Fußboden. »Igitt, was für eine Müllhalde!« Widerwillig stieg ich über eine schimmelige Matratze, die in der ehemaligen Empfangshalle des Hotels lag, und starrte an gewidert auf leere Flaschen mit abgeblättertem Etikett, vergilb te Zeitungen, Zigarettenstummel, leere Medikamenten-Pack ungen sowie eine alte verdreckte Jeans. »Ein Paradies für die einsame Jugend in der Einöde«, erklärte Finn. »Ich habe gehört, hier geht am Abend total der Punk ab.« »Nur gehört?«, fragte ich neugierig. »Ich komme lieber tagsüber her, wenn ich über etwas nachden ken muss. Dann gehe ich hoch in das vierte Geschoss. Dorthin verirrt sich nur selten jemand.« Er lief zur Treppe, die sich inmitten der Halle in die Höhe schwang. Die Stufen waren verfallen, von dem Geländer hatte das Feuer nicht viel übrig gelassen. Es war lange her, seitdem das Hotel abgebrannt war. Früher hatte es zu den luxuriösesten Häusern an der Ostsee gehört. Sogar Wilhelm II. hatte hier einmal übernachtet. Je höher wir stiegen, desto besser konnte ich mir die ehemalige Pracht vorstellen. Der Treppenaufgang mit den breiten Stufen, der Stuck an den Wänden, hier und da waren sogar Reste von Deckenmalereien erkennbar, die vom Brand verschont geblie ben waren. Finn bog in einen langen Flur ein. Er schien sich hier wie zu Hause zu fühlen. Ganz am Ende öffnete er eine Tür.
    »Hier hat er geschlafen, der Kaiser. « »Woher weißt du das? « »Weiß ich gar nicht«, grinste er, »ich stelle es mir nur vor. « »Ach so.« Ich war ein bisschen enttäuscht . Er durchquerte den Raum bis zur Fensterfront, wo eine verglas te Tür auf den winzigen Balkon führte. Die Flügel waren ge schlossen, doch durch die zertrümmerten Scheiben pfiff de r Wind. Mir war schrecklich kalt und plötzlich musste ich wiede r niesen, gefolgt von einem heftigen Husten . »Das ist der Staub«, sagte Finn. »Wollen wir wieder runter? « »Geht schon. « Er zog seine Digitalkamera hervor und fotografierte mich aus gerechnet in dem Moment, als ich wieder niesen musste . »Oh Gott, lass das. « Ich konnte mir vorstellen, wie ich aussah. Wahrscheinlich wa r meine Nase knallrot und meine Augen tränten . »Entschuldige, aber ich konnte nicht widerstehen.« Er lächelt e mich an . Dann richtete er die Kamera auf die Fensterfront. »Wenn mein e Mutter es irgendwann kauft«, erklärte er, »wird hier mein Zim mer sein. « »Ich habe gehört, es soll nur einen Euro kosten. « »Aber die Renovierung verschlingt Millionen. « »Warum seid ihr eigentlich hierher gezogen, wo doch jede r wegwill? Hier gibt es nichts. Totes Land, sagt meine Mutte r immer. « »Deswegen«, sagte Finn und deutete mit ausgestrecktem Ar m auf die Landschaft, die sich unterhalb von uns erstreckte . Ich hatte keine Ahnung gehabt, wie atemberaubend der Blic k war. Man konnte weit über den Gespensterwald auf die Ostse e blicken, die in diesem Moment blau aufleuchtete, bevor sie er neut hinter dem nächsten Wolkenfeld verschwand .
    Ich trat neben Finn und spürte die Wärme, die er ausstrahlte , genoss den angenehmen Geruch nach Meer und erinnerte mic h an Dunkelmanns Vortrag über die Welt des Magnetismus, di e Eigenschaft mancher

Weitere Kostenlose Bücher