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Dornroeschenmord

Dornroeschenmord

Titel: Dornroeschenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kalman
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Souveränität. Wie ein aufgeregtes Schneehuhn kreiste sie mit ihrem Wagen um den Platz, und wie gewöhnlich sagte Mandy entnervt: »Nächstes Mal fahre ich wieder.«
    Endlich fand sich ein passendes Stückchen Asphalt. Als Dorothee den Autoschlüssel abzog, zitterten ihr die Hände.
    »Ich hasse diese Fahrerei«, sagte sie auf dem Weg zum Eingang.
    Mandy tätschelte ihrer Freundin beruhigend den Arm. Dabei übersah sie einen Mann, der ihnen entgegenkam, und stieß heftig mit ihm zusammen. Eine Entschuldigung haspelnd, ging sie rasch weiter. »Nichts passiert«, sagte der Blonde und starrte Mandy hinterher.
     
    Weil der Kauf dieses Staubsaugers für Mandy den Beginn eines neuen Lebensabschnittes darstellte, maß sie ihm eine Bedeutung bei, die andere Frauen höchstens beim Aussuchen eines Hochzeitskleides an den Tag gelegt hätten.
    Nachdem sie ausführlich die Vor- und Nachteile der verschiedenen Modelle dargelegt hatte, gab Dorothee auf. Sie hätte sich für den teuren Staubsauger einer italienischen Designermarke entschieden, wobei die Tatsache, daß es passend dazu einen Toaster, eine Kaffeemaschine und sogar eine Zitruspresse gab, ihren Entschluß noch verstärkt hätte.
    Heldenmütig wartete sie, bis ihre Freundin sich endlich für ein staubgraues Gerät entschieden hatte. Während sie das gute Stück aus dem Regal hievte, strauchelte Mandy und wäre hingefallen, hätte sie nicht von hinten jemand aufgefangen. Es war der Blonde von vorhin.
    »Sie schon wieder«, sagte sie. »Ist das Zufall oder Absicht?«
    »Absicht. Ich bin Ihnen gefolgt.«
    »Warum? Sind Sie der Hausdetektiv?« Mandy streckte grinsend die Hände aus. »Bitte sehr, tun Sie sich keinen Zwang an. Führen Sie mich ab.«
    Der Blonde ließ sich nicht verunsichern. »Ich bin Ihnen gefolgt, weil ich Sie kennenlernen wollte.«
    »Nein, wie originell«, sagte Mandy mit einem süffisanten Lächeln.
    »Ja, finde ich auch.« Sein Selbstbewußtsein schien grenzenlos. »Ich hätte es bestimmt für immer bereut, wenn ich es nicht gewagt hätte.«
    Für einen Moment schlug Mandy – der Wirkung voll bewußt – die Augen nieder. Dorothee beobachtete die beiden mit sichtlicher Spannung.
    Nun wurde der Blonde doch verlegen und trat von einem Fuß auf den anderen. »Würden Sie vielleicht einen Kaffee mit mir trinken gehen?« stieß er hervor.
    Mandy zögerte. Es war nicht ihre Art, sich mit wildfremden Männern zu verabreden, auch wenn sie überaus sympathisch waren und Augen so blau wie die Karibik hatten.
    »Na gut. Ich werde es mir überlegen. Geben Sie mir doch Ihre Karte. Wenn mir danach ist, rufe ich Sie an.«
    »Klar«, sagte er, und man merkte ihm an, wie wenig er ihr glaubte. Dennoch pfriemelte er umständlich eine Visitenkarte aus seinem Portemonnaie und reichte sie ihr.
    »Mensch, laß doch mal sehen«, entfuhr es Dorothee, kaum daß der Mann gegangen war. »Das war ja eine kinoreife Szene. Kaum zu glauben mit dir. Der eine geht, der nächste kommt.« Ungeduldig entriß sie Mandy das Kärtchen: »Frederick Bergerhoff, Hotelier« stand darauf, mit Telefonnummer und Adresse.
     
    »Soll ich ihn anrufen oder nicht? Was meinst du?« Mandy und Dorothee saßen erschöpft bei Cappuccino und Kuchen auf der Terrasse des »Interview« am Gärtnerplatz und hielten ihre Gesichter in die schwindende Nachmittagssonne. Gedankenverloren leckte Mandy die Sahne von ihrem Kaffeelöffel.
    »Natürlich rufst du ihn an. Aber wahrscheinlich wirst du feststellen, daß er eine Frau und zwei kleine Kinder hat. Männer, die so aussehen, sind in den meisten Fällen nicht mehr zu haben. Das müßtest du eigentlich wissen.«
    »Du bist und bleibst eine alte Unke. Ich bin genau im richtigen Alter, gutaussehend und frisch getrennt. Warum sollte es nicht auch Männer dieser Sorte geben?«
    »Statistisch gesehen sind achtzig Prozent aller Männer in diesem Alter entweder verheiratet oder fest liiert, die andern tragen ihre Eier nur zur Dekoration.«
    Mandy gackerte los und verschluckte sich fast an ihrem heißen Getränk: »Mit anderen Worten: für uns ›verlorene Eier‹.«
    Dorothee fiel in Mandys Gelächter ein. »Darauf ein Gläschen Eierlikör«, prustete sie und winkte dem Kellner.
     
    Nur der Spiegel war schwach beleuchtet. Er reflektierte ein Gesicht, das sich stumm darin betrachtete. Der Blick aus den hellen Augen nahm die Umgebung nicht wahr, sondern schien allein auf sich selbst gerichtet, in die Mitte der Seele. Düstere Bilder lagen darin verborgen und bahnten sich

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