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Dornroeschenmord

Dornroeschenmord

Titel: Dornroeschenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kalman
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der Serie ›Halbgötter in Weiß‹. Nein, nein«, beruhigte er sie, »Sie brauchen keine Angst zu haben, ich habe mit der Schauspielerei erst sehr viel später angefangen. Dafür aber um so erfolgreicher.«
    »Sie sind also wirklich ein prominenter Arzt? Da ist es ja geradezu eine Ehre, daß ich einen Termin bei Ihnen bekommen habe.« Sie erzählte ihm von permanenten Magenschmerzen, verbunden mit einer ständigen Übelkeit und Schwindelanfällen.
    »Na, das klingt ja gar nicht gut«, meinte Grasser. »Das sollten wir uns auf jeden Fall einmal ansehen.«
    Er untersuchte sie eingehend, und Mandy nutzte die Gelegenheit, den Mann genauer in Augenschein zu nehmen. Er wirkte wie auf den Fotos: poltrig und sehr herzlich. Seine Stimme war markant und hatte einen warmen, vertrauenerweckenden Klang. Sehr sympathisch.
    Als Grasser mit seiner großen Hand auf Mandys obere Bauchhälfte drückte, tat es tatsächlich weh, und ihr entfuhr ein kleiner Quietscher. »Aha«, sagte er, »da haben wir’s schon. Es scheint, als hätten Sie ein kleines Magengeschwür. Hatten’S vielleicht ein bisserl viel Streß in der letzten Zeit?«
    Mandy war ziemlich überrascht. Eigentlich hatte sie nicht vermutet, daß ihr tatsächlich etwas fehlen könnte.
    »Ja«, sagte sie, »ich glaube, ich hatte wirklich Streß, jetzt, wo Sie es sagen …«
    »Na ja, machen Sie sich mal keine allzu großen Sorgen, so eine kleine Gastritis haben wir schnell wieder im Griff. Ich schreibe Ihnen gleich was auf. Sie können sich dann anziehen und wieder Platz nehmen.«
    Grasser deutete auf den Sessel vor seinem Schreibtisch und zog eine der Schubladen auf. »Na so was, jetzt habe ich gar keinen Rezeptblock mehr hier. Warten’S bittschön noch ein Momenterl, ich hol eben einen neuen.« Er erhob sich schwerfällig von seinem Stuhl und ging hinaus.
    Kaum hatte er das Zimmer verlassen, blickte Mandy sich suchend um. In den Bücherregalen stand nur medizinische Fachliteratur. Vorsichtig, um kein Geräusch zu verursachen, zog sie eine Schublade seines Schreibtisches auf.
    Mit geradezu pedantischer Ordnungsliebe waren darin Rechnungen und Bankbelege abgelegt. Neugierig schaute Mandy auf den Kontostand: Arm war der Mann jedenfalls nicht. Die nächste Schublade war leer. Dafür fand sie in der dritten einen Teller mit einem angebissenen Schinkenbrot, daneben lagen einige Hundecracker. Eigenartig.
    Als sie die Schublade schloß, streifte ihr Blick eine Patientenkarte, die auf seinem Schreibtisch lag. Mandy wollte nicht glauben, was sie las: »Mona Krug, Aberlestraße 16, 81371 München.« Schnell überflog Mandy die Eintragungen. Nichts Auffälliges. Abgesehen von Migräneanfällen und grippalen Infekten war Mona Krug genauso gesund gewesen wie sie selbst. Und jetzt war sie tot.
    Die Gedanken in Mandys Kopf überschlugen sich. Grasser wurde verdächtigt, nicht der zu sein, für den man ihn hielt, und eines der Opfer war seine Patientin gewesen, deren Krankengeschichte ihn offenbar nach wie vor interessierte. Natürlich konnte das Ganze ein Zufall sein, aber an Zufälle glaubte Mandy nicht.
    Draußen ächzte das Parkett. »So, Frau Maltzan«, dröhnte Grasser, als er das Zimmer betrat. »Jetzt werde ich Ihnen Ihr Rezept schreiben, und dann sind Sie für heute erst mal entlassen.«
    Mandy murmelte ein paar Dankesworte, steckte das Rezept in die Handtasche und verabschiedete sich.
    »Wenn’s nicht besser wird, dann kommen Sie doch einfach noch mal vorbei«, sagte Grasser, dem die zunehmende Blässe seiner Patientin nicht entgangen war, und schloß die Haustür hinter ihr.
    Auf dem Ring staute sich wie immer der Verkehr, und die Fahrt zurück ins Büro schleppte sich quälend dahin. Statt sich wie sonst darüber aufzuregen, saß Mandy stumm und nachdenklich am Steuer.

8
    Das ist schwer: ein Leben zu zwein.
    Nur eins noch ist schwerer: einsam sein!
    KURT TUCHOLSKY
     
    Mandy schätzte ihre Selbständigkeit sehr, und insbesondere der Gedanke, sich ihre Zeit ganz allein einteilen zu können, gefiel ihr. Weniger erbaulich war allerdings, daß sie keine Kollegen hatte. Natürlich hatte das auch seine guten Seiten, so mußte sie sich wenigstens über niemanden ärgern, aber mit wem sollte sie sich besprechen, wenn so viel passierte wie an diesem Morgen? Und Mandys Mitteilungsbedürfnis war immer schon groß gewesen.
    Außerdem hätte sie gern die Meinung eines anderen gehört. Sie wußte, daß sie ihre Objektivität verlor, sobald sie selbst in die Dinge verstrickt war, und die

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