Dornroeschenmord
voller Leidenschaft küßte. Ihre Vernunft sträubte sich dagegen, doch gegen die Sehnsucht nach seiner Umarmung war sie machtlos. Mit einem Stöhnen überließ sie sich schließlich seinem Kuß und drängte sich an ihn.
Erregt durch ihr plötzliches Entgegenkommen schob Edward ihr weites Kleid nach oben. »Mandy, Mandy«, flüsterte er, und sein Atem drang heiß an ihr Ohr. Dann ließ er sich zu Boden fallen und riß sie mit sich. Sein Mund grub sich zwischen ihre Brüste, und rasch streifte er ihr das Höschen ab. Mit einem harten Stoß drang er in sie ein, und seine rhythmischen Bewegungen brachten sie fast zur Raserei.
Sie hörte ihren schweren Atem und wand sich unter seinem Körper. Als sie die Augen öffnete, nahm sie verschwommen einen dunklen Schatten wahr. Erst allmählich erkannte sie, daß die blutrot blühenden Rosen sich zu einem schwarzen, undurchdringlichen Gestrüpp verdichtet hatten und sich wie eine Dornenhecke um sie rankten. Ihre Stacheln glichen Schwertern, deren Klingen hungrig nach ihrem Blut lechzten.
Der süße Duft der Rosen hatte sich plötzlich in einen Geruch nach Moder und Fäulnis verwandelt. Schwer durchdrang er Mandys Lungen und breitete sich wie ein tödliches Gift bis in die letzten Verästelungen aus.
Verzweifelt versuchte sie sich aus Edwards Umklammerung zu befreien, doch sein stählerner Griff preßte ihren Körper hart gegen den Boden, und sein Gewicht lastete schwer auf ihr. Zügellos und unbarmherzig stieß er in sie, seinen Blick stier auf einen unsichtbaren Punkt gerichtet. Sie gab den Kampf auf und spürte schließlich, wie er in ihr pulsierte und sich in ihr ergoß.
Danach blieb er schwer auf ihr liegen. Es war, als habe er seinen Samen wie ein zähes Unkraut in ihren Körper gepflanzt. Es drang durch ihren Unterleib in den Magen, von dort in die Lungen und erreichte schließlich ihr Herz. Unaufhörlich – bis sie wußte, daß sie daran ersticken würde.
Die Erkenntnis, wie Edward seine Opfer umgebracht hatte, traf sie wie ein Schlag. Sie schrie und blickte dem Tod in sein höhnisches Gesicht.
»Mandy, komm zu dir. Du hast nur geträumt.« Dorothee saß an ihrem Bett und rüttelte sie wach. Mandy drehte den Kopf zur Seite und glaubte noch immer Edwards verzerrte Züge vor sich zu sehen.
10
Mit sanfter Freundlichkeit
schleicht Amor der Betrüger.
Wer keinen Tiger kennt,
der läuft vor keinem Tiger.
JOHANN WOLFGANG VON GOETHE
Trotz des nahenden Wochenendes war nur wenig Verkehr auf der Autobahn Richtung Salzburg. Die Straße schlängelte sich in großzügigen Kurven bergauf und bergab, am Horizont erschienen die Alpen sanft und verschwommen wie ein Aquarell. Es war einer jener herrlichen Herbsttage, an denen der Himmel in einem majestätischen Azurblau erstrahlt und die Blätter der Bäume rotgolden leuchten.
Wie ein klarer Spiegel breitete sich plötzlich der See vor ihnen aus. Während Dorothee die prächtige Landschaft genoß, brütete Mandy teilnahmslos vor sich hin. Die Freundin warf ihr einen besorgten Blick zu.
»Geht’s langsam wieder besser? Oder hast du vor, das ganze Wochenende schweigend in die Gegend zu starren?«
»Ach, Dorothee, hör schon auf. Versetz dich doch mal in meine Lage.«
»Genau das habe ich getan. Ich fahre doch mit dir weg, um uns auf andere Gedanken zu bringen. Jetzt sei ein liebes Kind und such auf der Karte nach der richtigen Abfahrt.«
Zwanzig Minuten später hatten sie das malerische Dörfchen Lohberg erreicht. Das Hotel – eine hellblauweiß verputzte Villa aus dem neunzehnten Jahrhundert mit vielen Türmchen und Erkern – lag auf einer kleinen Anhöhe. Das Anwesen wurde von einem romantisch-verwilderten Garten umsäumt, in dem hier und dort ein schmiedeeisernes Bänkchen zum Verweilen einlud und verwitterte Statuen alte Geschichten zu erzählen schienen.
»Ist das nicht wunderbar hier?« meinte Dorothee begeistert. »Und sieh doch mal, die schönen Rosen!« Sie deutete auf eine Konifere, in die ein riesiger Strauß roter Rosen arrangiert worden war.
»Danke, darauf kann ich im Moment verzichten.« Mandy warf ihrer Freundin einen giftigen Blick zu.
»Entschuldige bitte, aber ich versuche ja nur, dich von deinem Kummer abzulenken. Ich gebe zu, der Versuch war mißlungen«, erwiderte Dorothee und begann ihre Reisetaschen aus dem Auto zu räumen. »Jetzt faß mal mit an, ich kann das schließlich nicht alles alleine schleppen. Sag mal, hast du Wackersteine eingepackt?« Dorothee wuchtete Mandys schwarze
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