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Dornroeschenmord

Dornroeschenmord

Titel: Dornroeschenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kalman
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wäre ihr jetzt einer ihrer Doris-Day-Filme gewesen, doch Edward hatte nicht nur den Staubsauger mitgenommen, sondern auch den Videorecorder.
    Dann soll er auch seinen restlichen Krempel haben, dachte Mandy wütend. Überall in der Wohnung lagen noch Sachen von ihm herum, von seinem Schweizer Überlebensmesser bis zu seinem Arsenal von Migränetabletten. Entschlossen stand sie auf, griff sich eine große Tüte und warf alles, was Edward gehörte, hinein: Unterhosen, Zahnbürste, Herpessalbe und Teebaumöl, einen alten Schlafanzug, der noch im Wäschekorb lag, eine zerrissene Jeans, einen Nasenhaarschneider, Feuerzeuge …
    Schließlich riß sie den Wandschrank auf und suchte wie besessen nach weiteren Besitztümern. Als sie auf der Kleiderstange nichts finden konnte, stieg sie auf einen Stuhl und durchforstete das obere Fach. Ein Foto von Gwendolyn in einem antiken Silberrahmen. Wenn Mutter wüßte, daß man sie im hinteren Schrankfach verstauben ließ! Incredible! Mandy gluckste schadenfroh. Sie tastete weiter nach hinten und entdeckte plötzlich Edwards altes Fotoalbum.
    Sie schlug es auf. Ein verhängnisvoller Fehler, denn die Fotos bewirkten nur, daß eine geradezu ungehörige Sehnsucht in ihr hochstieg. Edward und sie – strahlend in Wien beim Fiakerfahren. Edward beim Truthahn-Tranchieren, im Hintergrund funkelte der Weihnachtsbaum. Ein Foto von ihr, auf dem sie ihm übermütig eine Kußhand zuwarf, und schließlich Bilder von ihrem gemeinsamen Madeira-Urlaub.
    Ein kleines sentimentales Gefühl begann hartnäckig in ihr zu nagen. Die Tatsache, daß er die Fotos so sorgfältig eingeklebt hatte, ließ ihre Rührung nur noch stärker werden. Ihre Wut war wie verflogen.
    Sie blätterte weiter und betrachtete versunken die Fotos, die noch aus der Zeit vor ihrer Beziehung stammten: Edward mit Freunden auf der Zugspitze, sturzbetrunken auf einer Studentenfete und natürlich Edward mit Mutter im Garten der gräflichen Villa. Und dann ein Bild, das Edward in enger Umarmung mit einer dunkelhaarigen Frau zeigte, daneben Gwendolyn, die liebevoll ihre Hand auf den Arm der Brünetten gelegt hatte. Mandy verspürte einen leisen Stich von Eifersucht. So harmonisch war es mit ihr und Mutter nie gewesen.
    Sie wollte gerade umblättern, als sie plötzlich stutzte. Irgend etwas auf dem Bild kam ihr seltsam bekannt vor. Woher kannte sie nur diese dunkelhaarige Frau?
    Mandy sprang auf und ging in die Küche. Oh, nein! In einem Anfall von Ordnungsliebe hatte sie das Altpapier heute morgen zur Papiertonne gebracht. In ihrem Jogginganzug und mit nackten Füßen hastete sie durchs Treppenhaus in den Garten und riß den Deckel des Containers auf. Schließlich fand sie, wonach sie gesucht hatte, und lief zurück in die Wohnung.
    Da war es! Das große Farbfoto von Mona Krug, der ermordeten Finanzberaterin. Sie hatte sich nicht geirrt. Das war die Frau aus Edwards Fotoalbum.
    Heftig atmend ließ sie sich auf einen der Küchenstühle fallen. Edward und Mona Krug, hämmerte es in ihrem Kopf. Die Bilder verschwammen vor ihren Augen, und ihr wurde schlecht. Edward hatte nie von ihr erzählt. Überhaupt hatte er nur sehr wenig von früheren Freundinnen gesprochen. Warum war ihr das nicht schon früher aufgefallen?
    Wie unter einem inneren Zwang nahm sie das Fotoalbum erneut in die Hand. Die Seiten aus Pergament zerrissen beim Umblättern. Doch jenes Foto war das einzige, das es von Edward und Mona gab. Das Album glitt ihr aus der Hand und fiel zu Boden.
    Dabei löste sich ein Foto. Mandy nahm es in die Hand und las die Widmung auf der Rückseite: »Und wenn der letzte Schnee verbrennt, ich werde dich immer lieben – Kerstin.« Voll dunkler Gewißheit drehte sie es um und erstarrte. Inmitten ausgelassener Skifahrer saß Edward und lachte einer blonden Frau zu, die ihn verliebt anhimmelte. Die Frau auf dem Foto war das zweite Opfer des Dornröschenmörders: Kerstin Wallner.
     
    Eine halbe Stunde später läutete es bei Dorothee Sturm.
    »Gott sei Dank, du bist zu Hause«, sagte Mandy, als die Tür sich öffnete, und fiel Dorothee in die Arme.
    »Ja, um Himmels willen, wie siehst du denn aus? Was ist denn passiert?« Entgeistert starrte sie Mandy an, die leichenblaß und mit verschmierter Wimperntusche vor ihr stand.
    »Ich glaube, ich muß schon wieder brechen«, brachte Mandy gerade noch hervor, bevor sie zur Toilette rannte. Nach ein paar Minuten kehrte sie zurück – zitternd und noch blasser als vorhin.
    »Jetzt komm erst mal herein und

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