Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dornroeschenmord

Dornroeschenmord

Titel: Dornroeschenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kalman
Vom Netzwerk:
gekommen. Zu ihrer Verwunderung war Edward allmählich mit der Wahrheit herausgerückt. Er habe sie bislang verschwiegen, antwortete er, weil der Verdacht, der ohnehin schon auf ihm lastete, dadurch verstärkt worden wäre. Für den Umstand, daß sein Feuerzeug auf dem Tisch von Elisabeth Heller gelegen hatte, gab es eine ganz simple Erklärung: Er hatte sie tatsächlich einige Tage vor ihrem Tod aufgesucht, weil er sie mit der Innenausstattung seiner neuen Wohnung beauftragen wollte. Schließlich könne er nicht auf Dauer bei seiner Mutter leben. Das Verschwinden des Feuerzeugs sei ihm erst dann aufgefallen, nachdem er es in Elisabeths Apartment entdeckt habe.
    Mandy hatte seiner Geschichte mit großen Augen gelauscht und ihm schließlich geglaubt. Wie hatte sie auch nur die Vermutung hegen können, hatte sie sich beschämt gefragt, daß Edward, der Mann, den sie geliebt hatte, ein Mörder sein könnte?
    Nach seiner Erklärung hatten sie beide eine Weile geschwiegen, und Mandy war erschreckend klar geworden, daß sie beinahe einen nicht wiedergutzumachenden Irrtum begangen hätten, nur weil so vieles lange unausgesprochen geblieben war.
    Plötzlich war alles wieder da, jede Geste, jedes Wort, jede noch so kleine Szene, die an früher erinnerte. Und mit der Erinnerung stieg auch die Sehnsucht hoch, und beide wußten nicht mehr, wie sie dieses Gefühl voreinander verbergen sollten.
    Es war Edward, der als erster seine Hand ausstreckte, während Mandy mit den Tränen kämpfte. Später konnte sie sich nicht mehr erinnern, wann sie seine Umarmung gespürt hatte, aber sie wußte noch genau, daß es wie ein Nachhausekommen gewesen war. Es lag eine unendliche Sicherheit darin und zugleich das Versprechen eines Neubeginns. Für beide war es die Erkenntnis, das gefunden zu haben, wonach sie lange gesucht hatten.
    Als sein nackter Körper sich ihrem genähert hatte, war seine kantige Unnahbarkeit, die sie früher immer gestört hatte, auf einmal verschwunden. Er hatte sich weich an sie geschmiegt, und obwohl die Art, wie sie einander berührt hatten, wohltuend vertraut war, hatte darin auch etwas aufregend Fremdes gelegen. Und als er schließlich in sie eingedrungen war und sich vorsichtig, wie um nichts zu zerstören, in ihr bewegt hatte, war die Liebe, die sie in diesem Augenblick für ihn empfand, beinahe schmerzhaft gewesen.
    Sie hatte die Augen geschlossen und das Keuchen ihres eigenen Atems gehört. In diesem Moment hatte sie eine Bereitschaft zur Hingabe gespürt, die sie zuvor noch geängstigt hätte. Doch das einzige, was sie in diesem Moment wirklich befürchtet hatte, war, daß alles viel zu schnell vorüber sein könnte. Aber Edward hatte sie mit einer Intensität geliebt, derer er sich selbst bislang nicht für fähig gehalten hätte.
    Dann hatte alles von neuem begonnen, und alle Grenzen schienen plötzlich verwischt zu sein. Sie empfanden eine Mischung aus Triumph und beruhigendem Beschütztsein. Aus Wildheit und Zärtlichkeit, aus fortwährendem Verlangen und satter Zufriedenheit.
    Anstatt wie ein kurzer Rausch zu verfliegen, wurde aus der Leidenschaft ein inniges Gefühl der Zusammengehörigkeit. Der Gedanke, sich auch nur für kurze Zeit zu trennen, tat fast körperlich weh. Was zählte, war allein ihr Zusammensein. Es gab keine Verpflichtungen, und das Klingeln des Telefons schien von weit her zu kommen und war nicht wirklich existent.
    Erst am Dienstagmorgen war Mandy bereit, wieder einen Schritt in die Welt außerhalb ihres Kokons zu setzen, und erst da fiel es ihr auf, daß sie Frederick an einer Kreuzung weit hinter sich gelassen hatte. Sie war erschrocken über sich selbst und ihre rigorose Entscheidung, die trotzdem eine ihrer leichtesten gewesen war.
    Ihr Entsetzen über Edward, hätte sie ihn sehen können, wäre weitaus größer gewesen: Statt einen wichtigen Geschäftstermin wahrzunehmen, schmückte er zwei Gräber, auf denen die Totenkränze allmählich verfaulten, mit einer Fülle dunkelroter Rosen.

19
    Die Tage der Liebe,
    wie Rosen so schön –
    sie blühn ja nur einmal
    und müssen vergehen …
    UNBEKANNT
     
    Schwüle Stille lag über der schweren feuchten Erde, kein Laut durchdrang die gläsernen Wände, ehe das Knarren der Tür die Ankunft des Mörders verriet. Schritte knirschten auf dem sandigen Boden, stockten und hielten inne.
    Tief inhalierte die Person den süßen Duft der gerade erblühenden Rosen. Es war ein intensiver, beinahe betäubender Geruch. In der Wärme des Gewächshauses

Weitere Kostenlose Bücher