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Dornröschenschlaf

Dornröschenschlaf

Titel: Dornröschenschlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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Hälfte von dem Zeug, das er erzählt hat, hat nicht den geringsten Sinn ergeben, aber Lydia hat ihn immer noch regelmäßig besucht und ihm ihre Probleme anvertraut.«
    Â»Warten Sie. Sie hat ihm ihre Probleme anvertraut?«
    Morasco nickte. »An ihn konnte sie sich anlehnen . Das hat sie selbst gesagt.«
    Brenna sah sich noch einmal das Foto an – den unglücklichen, jungen Mann, die hübsche, aber viel zu ernste, junge Frau und das lächelnde Baby, die einander alle irgendwie berührten – seine Hand auf ihrer Schulter, ihre Hand auf seiner Hand, und beide hielten fürsorglich die dicken Babyärmchen fest. Stützten sich und waren füreinander da. »Sie sind alle verschwunden«, stellte Brenna fest. »Eine ganze Familie.«
    Â»Ja«, erwiderte Morasco, fügte dann aber hinzu: »So ist das Leben nun einmal.«
    Sie wandte sich ihm zu, doch er starrte weiterhin das Foto an. »So ist das Leben nun einmal«, wiederholte er, und wieder spürte Brenna diesen Schmerz, den er nur mit Mühe vor der Außenwelt verbarg. Am liebsten hätte sie ihn sanft berührt, unterdrückte diesen Wunsch dann aber wie eine unliebsame Erinnerung. »Also, wo wurde die Brieftasche gefunden?«
    Â»Im Wohnzimmer. Gleich nebenan.«
    Schweigend gingen sie hinüber in den anderen Raum.
    Das Wohnzimmer sah noch genau wie vor elf Jahren aus. Die mit einem cremefarbenen, dunkelrot bedruckten Stoff bespannte Couch, der weiche, dunkelgrün bezogene Sessel direkt an der Backsteinwand, deren roter Ton derselbe wie auf dem Bezug des Sofas war.
    Â»â€¦ genau da, wo die Brieftasche gefunden wurde«, hörte sie Morasco sagen, kehrte jedoch in Gedanken zurück in das Wohnzimmer der Wohnung in der 14. Straße, wo sie, den Rücken an die Couch gelehnt, in Jims langärmligem »Ski-Aspen«-Shirt auf dem Boden saß. Es war der 10. September 1998, drei Tage nach Iris Neffs Verschwinden, und sie hatte den Geschmack von schwarzem Kaffee im Mund und spürte den heißen Becher zwischen ihren Händen und den kalten, glatten Hartholzboden unter ihren nackten Füßen, während sie Good Morning New York im Fernsehen sah. Es war morgens Viertel nach zehn …
    Â»Das ist der schlimmste Alptraum jeder Mutter«, stellt die Nachrichtensprecherin mit mitfühlender Stimme fest. Dann erscheint Lydia im Bild, während sie auf ein gerahmtes Foto starrt. Brenna blickt in das bleiche Gesicht mit dem rabenschwarzen Haar – die Frau ist wunderschön, sieht aber zugleich beinahe schmerzlich traurig aus. Dann wird die Aufnahme der Frau durch den Schnappschuss eines lächelnden, kleinen Mädchens mit lustigen Zöpfen und einem violetten Overall ersetzt. Die Nachrichtensprecherin sagt: »Lydia Neffs sechsjährige Tochter Iris kehrte von einem Besuch bei einer Freundin am Labor Day nicht mehr nach Hause zurück. Seither hat man von ihr nichts mehr gehört oder gesehen.«
    Brenna trinkt einen Schluck Kaffee. Der Bildschirm flackert kurz, und dann sitzt Lydia Neff in einem dunkelgrünen Sessel vor einer mit drei gerahmten Bildern geschmückten Wand. »Ich weiß, dass sie irgendwo da draußen ist«, sagt Lydia, und ihre Augen werden feucht. Sicher bricht sie jeden Augenblick in Tränen aus. Brenna kann sie sich nicht länger ansehen. Jedes Mal wenn sie sie sieht, taucht in ihren Gedanken das Bild von ihrer Mutter zwei Wochen nach Cleas Verschwinden auf – in ihren Augen liegt derselbe Schmerz, als Brenna ihr erklärt: »Ja. Ich habe gesehen, wie sie weggefahren ist. Aber, Mom, sie hat zu mir gesagt, dass ich es niemandem verraten darf …«
    Â»Eine Mutter weiß so was. Ich kann es deutlich spüren«, sagt Lydia in diesem Augenblick.
    Brenna konzentriert sich auf die Bilder hinter ihrem Kopf – drei Buntstiftzeichnungen auf weißem Papier hängen untereinander an der Backsteinwand. Auf dem obersten steht ein Strichmännchen neben einem bauschigen grünen Baum, und in der Mitte sieht man ein rundes, lächelndes Gesicht mit langen Wimpern und schwarzem Haar, unter dem in krakeliger Kinderschrift das Wort MOMMY steht, während auf dem Bild, das unten hängt, ein rosa Herz, darüber ein Regenbogen sowie drum herum eine Reihe Sterne abgebildet sind. Lydia hat die Kunstwerke der Tochter sorgfältig gerahmt und für jeden sichtbar aufgehängt.
    Â»Falls Ihre Tochter Sie jetzt sieht, was

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