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Dornröschenschlaf

Dornröschenschlaf

Titel: Dornröschenschlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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weißt du, die meisten Typen nehmen immer nur die Körbchengrößen wahr. Ich hingegen gucke einer Frau auch auf die Beine und ins Gesicht.«
    Brenna seufzte. Sie hatte die Hauptstraße erreicht und war Lee, der charmanten, australischen Stimme ihres Navigationssystems und seit beinahe einem Jahr dem einzigen Mann in ihrem Leben, zufolge nur noch 3,5 Meilen von Nelson Wentz’ Heim entfernt. Während Trent zu der Brünetten sagte, im Himmel müsste ein Engel fehlen – Meine Güte, wurde diese platte Anmache tatsächlich noch benutzt?  –, forderte GPS -Lee mit ruhiger Stimme: An der nächsten Kreuzung rechts.
    Sie kroch auf die Kreuzung zu und sah sich währenddessen links und rechts der Straße um: Barnes & Noble, Gap, ein Starbucks, ein Art-House-Theater, drei Galerien, eine superteure Boutique und ein Geschäft, in dem es Töpferwaren zum Selbst-Anmalen gab – alle diese Läden waren ihr neu.
    Die Hauptstraße war ganz eindeutig keine Zeitkapsel, erkannte sie. Eher so etwas wie die wachsenden Dinosaurier, mit denen Maya als Fünfjährige gespielt hatte. Sie fingen als staubkornkleine Schwämme an, aber wenn man sie mit einem Tropfen Wasser über Nacht auf einen Teller legte, wuchsen sie bis zum nächsten Tag zu zehn Zentimeter hohen Tyrannosaurus Rex an – fünfhundertmal so groß wie noch ein paar Stunden zuvor. Tarry Ridge hatte diese Verwandlung in den letzten Jahren zweimal durchgemacht – durch die ultraexklusive Wohnanlage Waterside, die elf Jahre zuvor brandneu gewesen war, und durch das fünf Jahre alte Riverview Shopping Center, das kein Einkaufszentrum, sondern etwas Ähnliches wie die Fifth Avenue auf mehreren Etagen war. Es gab dort ein Barney’s, den teuren Japaner Nobu, ein mit Marmorböden und mit Kronleuchtern geschmücktes Tiffany’s … und der Verfasser der Kolumne Stadtgespräch im angesehenen New Yorker hatte seine Lobeshymne auf das Riverview unter dem Titel Luxus unter Gla s verfasst.
    Beides waren die geistigen Produkte des New Yorker Unternehmers Roger Wright – eines Donald Trump ohne Scheidungen, Bankrotte, Klatschgeschichten und Witze über sein Haar. Wahrscheinlich aus sentimentalen Gründen hatte Wright seine Heimatstadt als guten Baugrund angesehen und damit wie immer recht gehabt. Innerhalb von nur zehn Jahren hatte sein Doppelcoup aus der zuvor verschlafenen Vorstadt einen glitzernden Tyrannosaurus Rex von Pendlerstadt gemacht, in der die Werte selbst der kleinsten Häuser sich verdreifacht oder gar vervierfacht hatten und auch nach dem Platzen der landesweiten Immobilienblase weiterhin so hoch geblieben waren.
    Das Angebot von Nelson Wentz war äußerst großzügig gewesen. Aber wenn er nicht heimlich ein Doppelleben führte und sein Geld verzockte, konnte er es sicher auch problemlos sein.
    Â»Also … Brenna?«, fragte Trent. »Soll ich jetzt noch weiter mit dir quasseln oder was?«
    Â»Nein, danke. Nicht mehr nötig. Wir sehen uns dann morgen. Noch viel Spaß im Bedd .«
    Â»So ist es auf jeden Fall geplant.«
    Â»Trent?«
    Â»Ja?«
    Â»Danke.«
    Brenna legte auf, sah einen Ort, an den sie sich erinnerte – einen Schreibwaren- und Kerzenladen namens Wax Attax  –, hielt am Straßenrand und sah ihn sich genauer an. Vor elf Jahren war sie morgens hier gewesen, jetzt aber war es neun Uhr abends, und der Laden hatte seit drei Stunden zu. Außerdem bestand die Auslage im Schaufenster ausschließlich aus Webkinz – internetfreundlichen Stofftieren, die es erst seit fünf Jahren gab –, aber das spritzige Logo sah noch ganz genau wie vor elf Jahren aus. Wax Attax!, war dick mit chromfarbenem Lack quer über das Schaufenster gesprüht.
    Als Brenna auf den Namen schaute, kehrte sie gedanklich zu dem Vormittag zurück, an dem sie ins Wax Attax gekommen und von einer freundlichen Verkäuferin mit dichtem, krausem weißem Haar, einer schwarzen Satinbluse und einem Schild, auf dem der Name Kaye gestanden hatte, freundlich begrüßt worden war. Am Morgen des 20. Oktober 1998 hatte es in dem Geschäft nach Duftkerzen gerochen – hauptsächlich Vanille und dazu, wie um den dadurch entstehenden Kopfschmerz zu verstärken, noch etwas Lakritz. Doch Kaye war wirklich nett gewesen. Sie hatte vor einer Katze aus schwarzem Krepppapier und einem grinsenden Pappkürbisgesicht – der Dekoration

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