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Dornröschenschlaf

Dornröschenschlaf

Titel: Dornröschenschlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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an seiner Arbeit saß.
    Brenna chattete seit fast zehn Monaten beinahe jede Nacht mit ihrem Ex, während dessen neue Frau im Nebenzimmer schlief. Sie hatte keine Ahnung, ob das wirklich gut war, aber wenn sie ehrlich war, war ihr das vollkommen egal. Wenn sie Jim persönlich gegenüberstand oder auch nur seine Stimme hörte, wurden dadurch so lebendige Erinnerungen an irgendwelche Streitereien oder, schlimmer noch, an irgendwelche wunderbaren, zärtlichen Momente in ihr wach, dass auf ihre Bitte hin stets Faith Maya zu ihr brachte oder am Telefon mit ihr sprach.
    Doch in Form von Worten auf dem Bildschirm war Jim Rappaport für sie okay. Auf diese Art konnten sie Freunde sein. Konnten miteinander reden, und die Unterhaltungen mit ihm beruhigten Brenna auf dieselbe Art wie Mayas leise Atemzüge, wenn sie schlief. Sie waren der Beweis dafür, dass er am Leben war, und noch ein wenig mehr.
    Schläfst du eigentlich nie? , gab sie in ihren Computer ein.
    Seine Antwort kam sofort: Das fragt gerade die Richtige.
    Tja, nun, ich habe schlecht geträumt.
    Und?
    Ich will dich sicher nicht belämmern …
    Manchmal kann das Chatten wirklich ätzend sein, weil es dabei keine Betonung gibt. Ich habe nicht »Na und?« gemeint, sondern »Und, worum ging es in dem Traum?«
    Brenna lächelte und sagte sich zum x-ten Mal, dass sie und Jim möglicherweise noch zusammen wären, hätten sie ihr Glück mit Chatten statt mit einer Therapie versucht. Was natürlich nur ein Wunschtraum war. Denn schließlich war ihr Ex mit Faith und sie selbst mit Lee, dem Navi, deutlich besser dran.
    Er schrieb: Bist du noch da? Der Instant Messenger sagt mir, dass du nicht mehr tippst.
    Doch, warte eine Sekunde, ja?
    Sie beschrieb ihm ihren Traum, drückte auf Senden, und ungefähr dreißig Sekunden später setzte Jim zu einer Antwort an.
    Könnte einen Neubeginn bedeuten.
    Wie?
    Der Schmetterling. Der sich aus seinem Kokon befreit. Du weißt schon, als Symbol dafür, dass Clea ein neues Leben angefangen hat.
    Vielleicht. Aber so hat es sich nicht angefühlt.
    Wie hat es sich denn angefühlt?
    Brenna dachte lange nach, und schließlich tippte sie: Erstickend, beängstigend, verwirrend. Wie die meisten Menschen, die sich oft hatten analysieren lassen, kannte Brenna sich mit Träumen aus. Und ihr Unterbewusstsein hatte ihr bereits des Öfteren schreckliche Streiche gespielt. Beispielsweise hatte Brenna in der Nacht, nachdem ein betuchter Börsenhändler sie beauftragt hatte, seinen nichtsnutzigen kleinen Bruder aufzuspüren, geträumt, sie würde von dem reichen Mr Howell aus der Robinsonade Gilligans Insel durch ein Geisterhaus gejagt.
    Als sie Sheila Shiner, ihrer damaligen Seelenklempnerin, davon erzählt hatte, hatte die nur nüchtern festgestellt: »Mr Howell in einem Geisterhaus. Reichtum macht Ihnen Angst.«
    Genauso war es auch mit ihrem letzten Traum. Irgendwo in der surrealen Szene mit der Schwester war ein schlechter Witz versteckt. Eine vermisste Frau mit einem Verband …
    Brenna dachte kurz an Nelson Wentz, wie er, das Gesicht zwischen den Händen, in seinem Arbeitszimmer gesessen hatte, als sie bei ihm gewesen war. Seine Stimme wird durch seine Handballen gedämpft. »Wir sind einander eng verbunden. Carol und ich sind einander wirklich eng verbunden, aber davon habe ich nichts gewusst.« In dem Raum riecht es nach Putzmitteln, und Brenna denkt: Was weißt du überhaupt von deiner Frau? Doch sie sieht nicht Nelson, sondern den Computerbildschirm an, auf dem die von Carol eingegebenen Suchbegriffe stehen. Sie starrt auf den Namen der Suchmaschine, die Carol in der letzten Woche zwölfmal aufgerufen, aber nie verwendet hat. Ihr Name ist Chrysalis, was nichts anderes als ein Insekt in der Phase der Verwandlung ist …
    Deshalb hat Brenna von Schmetterlingsflügeln geträumt.
    Hast du einen neuen Job? Hat deine Verwirrung vielleicht etwas damit zu tun? , fragt Jim.
    Brenna lächelte. Wie gefällt es dir in meinem Kopf? Ist es dort bequem? Kann ich dir was zu trinken anbieten?
    Große Geister denken eben gleich.
    Gibt es irgendeinen Grund, aus dem du eine Suchmaschine aufrufen würdest, ohne dass du etwas suchen willst?
    Hat deine vermisste Person Chrysalis angeklickt?
    Woher weißt du das?
    Wenn sie bei Yahoo gewesen wäre, hättest du bestimmt von Cowboys oder so geträumt.
    Brenna hatte sich Chrysalis.org

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