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Dornröschenschlaf

Dornröschenschlaf

Titel: Dornröschenschlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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die Gaze drang. »Ich brauche nicht zu atmen.«
    Â»Was ist mit dir passiert?«
    Â»Weißt du es immer noch nicht, Brenna? Scheiße, Mann, dabei ist es inzwischen achtundzwanzig Jahre her.«
    Der Teil des Verbands, der Cleas Mund bedeckte, fing sichtbar an zu zittern. Brenna fragte sich, ob sie vielleicht in sich zusammenfiel. Ob vielleicht der Verband das einzig noch Solide an der Schwester war. War Clea der unsichtbare Mann?
    Ihre Schwester zischte: »Es ist deine Schuld. Du hättest mich niemals mit ihm fahren lassen dürfen. Du hast seine Stimme gehört. Du hast seine dunkle, böse Stimme gehört.«
    Wie hübsch du bist, Clee-bee …
    Â»Hör auf«, wisperte Brenna.
    Â»Du hast diese Stimme gehört.«
    Â»Nein.«
    Â»Du hast sie gehört, und du hast nichts getan! «
    Â»Nein, bitte!«
    Zwei riesige Schmetterlingsflügel schoben sich aus Cleas bandagiertem Mund und ihrer Stirn, und Brenna erwachte von ihrem eigenen Schrei.
    Â»Meine Güte«, keuchte sie, nachdem ihr Schrei verhallt war, ihre Atmung wieder ruhiger ging und sie wusste, dass sie, nassgeschwitzt und aufgewühlt, aber allein, in ihrer Wohnung war.
    Sie stand auf, ging in die Küche, schenkte sich dort ein Glas Wasser ein, leerte es in einem Zug und lauschte den Geräuschen des Verkehrs auf der 13., litt jedoch noch immer an den Folgen ihres Traums. Sie hasste es, um diese Uhrzeit wach zu sein, hasste es, nach einem solchen Traum allein zu sein. Hasste es, allein zu sein, Schluss, aus.
    Sie erwog, die Stereoanlage einzuschalten, aber dadurch würde das Gefühl vielleicht noch schlimmer, dass sie ganz allein in dieser langgestreckten Wohnung war, das einzige lebende Wesen in dieser Etage des Gebäudes, dessen nackte Füße auf dem Holzboden fast nicht zu hören waren, als sie den Flur hinunterging.
    An den drei Tagen pro Woche, an denen Maya bei ihr war, konnte Brenna, wenn sie mitten in der Nacht erwachte, vor die Tür des Zimmers ihrer Tochter treten, auf den schweren Atem und das leise, leicht pfeifende Schnarchen ihres Kindes lauschen – und ging dann entspannt wieder ins Bett.
    Auch jetzt stand sie vor Mayas Tür, obgleich das, wie sie wusste, heute wenig hilfreich war. Nicht wenn Mayas leises Schnarchen nur ihrer Erinnerung entsprang, weil das Mädchen schließlich über Nacht bei einer Freundin war. Bei Larissa, deren Mutter sie und Maya am 4. Mai 2001 allein gelassen hatte – und es interessierte Brenna nicht die Bohne, ob sie nur die Post holen gegangen, ob sie nur ein paar Minuten oder achtundzwanzig Jahre fort gewesen war. Kleine Mädchen ließ man einfach nicht allein.
    Mayas Zimmer lag in vollkommener Dunkelheit, aber da auch niemand darin schlief, den sie hätte wecken können, machte Brenna Licht und blickte auf die Manga-Poster an den Wänden über dem mit Schulbüchern, Comics und Abenteuerromanen vollgestopften Bücherregal, auf dessen oberstem Brett sich volle Skizzenblöcke stapelten – Maya, die die künstlerische Ader ihrer Großmutter, aber Cleas riesengroße blaue Augen hatte, die sich regelrecht in einen hineinzubrennen schienen, wenn sie wütend war. Brenna blickte auf die saubere weiße Daunendecke auf dem Bett, dem leeren Bett. Alles war noch ganz genauso, wie die Tochter es zurückgelassen hatte, einschließlich des Fotos auf dem Nachttisch, dessen Anblick Brenna schmerzte, weil darauf ihr Exmann Jim mit seiner zweiten Frau Faith zu sehen war.
    Die Stille begann, in Brennas Ohren zu rauschen, und so löschte sie das Licht, trat wieder in den Flur hinaus, zog die Tür hinter sich zu und kehrte ins Wohnzimmer zurück, wo sie vor Trents Schreibtisch stehen blieb. Ihr Assistent schien immer irgendwie anwesend zu sein, denn selbst wenn er nicht da war, hing der Geruch seines Rasierwassers im Raum. Sein perlen- und strumpfhaltergeschmückter Lederstuhl konservierte den Geruch, so dass Brenna, selbst wenn er mal ein paar Tage nacheinander Urlaub nahm, spürte, wie sie Kopfschmerzen bekam, sobald sie auch nur an diesem Tisch vorbeiging. In diesem Augenblick aber machte ihr das nichts aus. Weil der Geruch, auch wenn das sicherlich erbärmlich war, ihr das Gefühl vermittelte, als wäre sie nicht vollkommen allein.
    Ihr Blick fiel auf ein neues Bild, das mitten an Trents Pinnwand hing. Die junge Frau darauf war platinblond, hatte Luftmatratzen-Lippen und eine Figur, die außer in

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