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Dornröschenschlaf

Dornröschenschlaf

Titel: Dornröschenschlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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dir wert? Was zum Teufel ist ein Versprechen von dir wert?«
    Brenna hielt den Atem an und kniff die Augen zu, aber trotzdem hallten seine Worte weiter durch ihr Hirn. »Du hast für Ludlow gearbeitet. Du hast dich in Gefahr gebracht. Du hast Maya in Gefahr gebracht …«
    Â»Maya war niemals in Gefahr.«
    Â»Ich glaube nicht, dass ich dir das jemals verzeihen kann.«
    Den Atem anzuhalten funktionierte jedes Mal. Dadurch ließ sich die Erinnerung vertreiben, denn Atmen war nun einmal das, was in der Gegenwart geschah. Man musste einfach atmen, ganz egal, wie mächtig die Erinnerung auch war … Brenna rang nach Luft. Gut … gut. Sie blätterte die Seite um und schlug die Augen auf.
    Seite 22 war nicht mehr da.
    Was sie stattdessen vor sich sah – die Vernehmung von Theresa Koppelson bezüglich der Geschehnisse, bevor Iris verschwunden war –, hatte in dem alten Polizeibericht die Seiten 24 und 25 umfasst. Hier jedoch war sie auf den Seiten 22 und 23, den letzten Seiten des Berichtes, abgedruckt.
    Brenna rief das Textverarbeitungsprogramm ihres Computers auf. In der rechten unteren Ecke ihres Monitors sah sie die Zeit – 23:14. Später, als sie gedacht hatte, und beinahe genau dieselbe Zeit wie die, zu der sie am 23. Oktober 1998 die fehlende Seite durchgegangen war. Sie wollte sich nicht daran erinnern, zwang sich aber dazu – und innerhalb von wenigen Sekunden saß sie wieder auf der roten Couch, dachte, sie wäre allein und Jim käme erst später von der Arbeit heim. Ohne auch nur zu ahnen, was im nächsten Augenblick geschehen würde, las sie das Vernehmungsprotokoll noch einmal in Gedanken durch, kehrte in die Gegenwart zurück und gab es in den Computer ein.
    VERNEHMUNG VON XY DURCH POLIZEICHEF RAY GRIFFIN
    RG : Woher kannten Sie Lydia Neff?
    XY : Wir haben uns im Rahmen unserer Arbeit kennengelernt. Manchmal sah ich sie auch im Zug.
    RG : Hat sie Ihnen gegenüber je erwähnt, dass sie Angst vor jemandem hatte – jemandem, der ihr nahestand und der vielleicht ihrer Tochter hätte ein Leid zufügen wollen?
    XY : Nein … wir haben nicht allzu häufig miteinander gesprochen.
    RG : Anscheinend doch, Sir.
    XY : Was, äh, was wollen Sie damit sagen?
    RG : Laut Miss Neffs Verbindungsnachweis hat sie allein während der Woche des 1. September dreimal, und zwar immer spätabends, bei Ihnen zu Hause angerufen.
    XY : Ich weiß nicht, was ich Ihnen sagen soll. Ich weiß nicht, warum sie angerufen hat. Ich habe Lydia Neff nur flüchtig gekannt.
    RG : Dieser Anruf, den sie am 3. September gegen Mitternacht erhalten hat, kam von Ihrem Anschluss, und Sie haben fünfundzwanzig Minuten telefoniert.
    XY : Keine Ahnung. Keine Ahnung, ich, äh, erinnere mich nicht an ein solches Gespräch.
    RG : Sie erinnern sich nicht mehr daran, worüber Sie gesprochen haben?
    XY : Ich erinnere mich nicht daran, dass ein solcher Anruf stattgefunden hat.
    RG : Wie gut kannten Sie Lydia Neff?
    XY : Ich, äh, das habe ich doch schon gesagt. Genug, als dass man sich gegrüßt hat. Das war alles.
    RG : Und wie gut kannten Sie ihre Tochter?
    (ENDE DER AUFNAHME)
    Warum hätte jemand dieses Blatt entfernen sollen? Brenna versuchte nachzudenken, kehrte aber gedanklich derart plötzlich und umfassend in die Vergangenheit zurück, dass sie anfing zu schluchzen, da sie der alte, doch zugleich so frische Schmerz abermals zerriss.
    Dann piepste ihr Computer, sie sah auf und starrte auf eine Nachricht von Jim.
    Wie war es im Chrysalis-Chatroom? , fragte er.
    Obwohl sie durch den Tränenschleier nur verschwommen sah, tippte sie zurück: Wenn man vom Teufel spricht …
    Hä?
    Nichts. Ich hatte nur gerade eine Erinnerung.
    Ich hoffe, sie war schön.
    Brenna atmete zitternd ein und flüsterte rau: »Du hättest mir verzeihen können. Aber das wolltest du ja nicht.«
    Hallo?
    Brenna tippte: Ich muss los , und bevor er eine Erklärung verlangen konnte, schaltete sie den Computer aus, schlich sich zum Zimmer ihrer Tochter – Maya hatte einen leichten Schlaf –, öffnete vorsichtig die Tür, lauschte auf ihr leises, pfeifendes Schnarchen, das den dunklen warmen Raum erfüllte, und dachte an Jim und an Vergebung, bis ihr irgendwann die Rückkehr in die Gegenwart gelang. Dann lenkte sie ihre Gedanken auf alles, was verlorengehen konnte – Werkzeuge, Seiten aus Polizeiakten, Frauen wie Carol

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