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Double Cross. Falsches Spiel

Double Cross. Falsches Spiel

Titel: Double Cross. Falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Oktober.«
    »Was genau haben Sie ihm erzählt?«
    »Ich habe ihm von den Agenten erzählt, von dem Lager.«
    »Und auch von der Frau?«
    »Ja, Alfred. Ich habe ihm alles erzählt. Er ist ein gemeiner Scheißkerl. Ich mag ihn nicht. An Ihrer Stelle würde ich mich vor ihm in acht nehmen.«
    »War jemand bei ihm?«
    »Ja, ein großer Mann. Sah blendend aus, wie ein Filmstar.
    Blond und blauäugig, ein richtiger deutscher Supermann.
    Allerdings dürr wie ein Stecken.«
    »Hat der Stecken einen Namen?«
    Becker legte den Kopf zurück und tat so, als krame er in seinem Gedächtnis.
    »Herrgott noch mal, es war ein komischer Name. Wie das englische Wort für ein Werkzeug.« Becker massierte sich den Nasenrücken. »Nein, für einen Gegenstand, den man im Haushalt verwendet. Mob? Eimer? Nein, Besen! Genau, das englische Wort für Besen! Broome. Das war der Name. Stellen Sie sich das vor - der Kerl ist dünn wie ein Besenstiel und heißt auch noch so. Manchmal habt ihr Engländer wirklich einen köstlichen Humor.«
    Vicary hatte das Funkgerät zusammengepackt und klopfte mit der Handkante gegen die dicke Eichentür.
    »Wollen Sie das Funkgerät nicht lieber dalassen, Alfred?
    Manchmal fühlt man sich einsam hier drinnen.«
    »Bedaure, Karl.«
    »Hören Sie, Alfred, die Zigaretten und die Schokolade waren wunderbar, aber beim nächsten Mal bringen Sie mir ein Mädchen mit, ja?«
    Vicary ging in das Büro des Oberwärters und bat um das Besucherbuch vom Oktober und November. Es dauerte nur ein paar Sekunden, bis er den Eintrag fand, den er suchte.
    Datum: 5. 10.43.
    Gefangener: Becker, K.
    Anzahl der Besucher: 2
    Namen/Dienststellen: Nein danke.

25
    Berlin

    »Herrgott, ist das eine Kälte heute morgen«, sagte Brigadeführer Walter Schellenberg.
    »Wenigstens haben Sie ein Dach über dem Kopf«, erwiderte Admiral Wilhelm Canaris. »Die Halifax-und Lancaster-Bomber haben in der Nacht wieder ganze Arbeit geleistet. Hunderte von Toten, Tausende von Ausgebombten. Soviel zur Unverwundbarkeit unseres glorreichen tausendjährigen Reiches.«
    Canaris musterte Schellenberg. Wie immer staunte er, wie jung dieser Mann noch war. Mit gerade dreiunddreißig Jahren leitete er den Ausland-SD, das Amt VI im Reichssicherheitshauptamt. Amt VI war zuständig für die Beschaffung von Informationen über die Feinde des Reiches im Ausland und hatte somit einen ähnlichen Auftrag wie die Abwehr. Die Folge war, daß die beiden Männer verbissen miteinander rivalisierten.
    Sie bildeten ein ungleiches Paar - hier der kleine, wortkarge alte Admiral, der leicht lispelte, dort der stattliche, dynamische und rücksichtslose junge Brigadeführer. Schellenberg, der Sohn eines saarländischen Klavierbauers, war von SD-Chef Reinhard Heydrich, der im Mai 1942 von tschechoslowakischen Widerstandskämpfern ermordet worden war, in den Sicherheitsapparat der Nazis geholt worden. Einer der hellsten Köpfe der NSDAP, blühte er in dem paranoiden Klima innerhalb der Partei förmlich auf. Überall in seinem weiträumigen Büro waren Wanzen angebracht. In seinen Schreibtisch hatte er Maschinenpistolen einbauen lassen, die auf die Besucherstühle gerichtet waren, so daß er jeden, der ihn bedrohte, per Knopfdruck in Stücke schießen konnte. Die seltenen Ruhepausen, die er sich gönnte, widmete er seiner umfangreichen Sammlung pornographischer Fotografien.
    Einmal zeigte er sie Canaris, so wie andere Fotos ihrer Familie zeigen, und prahlte mit den Aufnahmen, die er selbst arrangiert hatte, um seine bizarren sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen.
    An der Hand trug Schellenberg einen Ring mit einem blauen Stein, unter dem eine Cyanid-Kapsel verborgen war. Außerdem hatte er sich einen falschen Zahn einsetzen lassen, der eine tödliche Dosis Gift enthielt.
    Im Moment verfolgte Schellenberg nur zwei Ziele - er wollte Canaris und die Abwehr vernichten und für Hitler das Wo und das Wann der angloamerikanischen Invasion in Frankreich auskundschaften. Schellenberg hatte für die Abwehr und die alte Offiziersclique um Canaris, die er als ›Weihnachtsmänner‹ verspottete, nur Verachtung übrig. Canaris wußte genau, daß er auf Schellenbergs Abschußliste stand, aber vorläufig herrschte zwischen ihnen noch ein prekärer Waffenstillstand.
    Schellenberg behandelte den alten Admiral ehrerbietig und respektvoll, und Canaris empfand ehrliche Bewunderung für den forschen und intelligenten jungen Offizier und genoß seine Gesellschaft.
    Aus diesem Grund begannen sie fast jeden

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