Double Cross. Falsches Spiel
ist ein miserabler Liebhaber: langweilig, egoistisch, nur Ellbogen und Knie. Selbst wenn er versucht, sie zu befriedigen, stellt er sich tolpatschig an, ist grob und mit den Gedanken nicht bei der Sache. Es ist ein Wunder, daß sie ihn überhaupt hat verführen können. Sie hat dafür ihre Gründe.
Wenn er sich in sie verliebt oder verrückt nach ihr ist, wird er sie nur ungern nach England schicken. Und es scheint zu klappen. Vorhin, als er in ihr war, hat er ihr gestanden, daß er sie liebt. Nun, da er auf dem Boden liegt und an die Decke stiert, scheint er seine Worte zu bereuen.
»Manchmal will ich nicht, daß du gehst«, sagte er.
» Wohin?«
»Nach England.«
Sie kommt zurück, legt sich neben ihn und küßt ihn. Sein Atem stinkt ekelhaft nach Zigaretten, Kaffee und schlechten Zähnen.
»Armer Vogel. Habe ich dir das Herz gebrochen?«
»Ich glaube, ja. Manchmal spiele ich mit dem Gedanken, dich mit nach Berlin zu nehmen. Ich könnte dir dort eine Wohnung besorgen.«
»Das wäre lieb«, sagt sie, aber lieber will sie vom MI5 verhaftet werden, als den Krieg als Vogels Geliebte in irgendeiner Bruchbude in Berlin zu verbringen.
»Aber du bist für Deutschland viel zu wertvoll. Du mußt hinter die feindlichen Linien nach England.« Er macht eine Pause und zündet sich eine Zigarette an. »Mir geht noch etwas anderes durch den Kopf. Ich frage mich, warum eine schöne Frau sich in einen Mann wie mich verlieben sollte? Und ich habe auch schon die Antwort. Sie glaubt, daß er sie nicht nach England schickt, wenn er sie liebt,«
»Für so etwas bin ich nicht raffiniert oder gerissen genug.«
»Natürlich bist du das. Deswegen habe ich dich ja ausgewählt.«
Sie fühlt Wut in sich aufsteigen.
»Aber ich habe unsere gemeinsame Zeit genossen. Emilio sagte immer, daß du sehr gut im Bett seist - der beste Fick meines Lebens, so pflegte er sich auszudrücken. Emilio hat nun mal einen Hang zum Vulgären. Er sagte, du seist besser als die teuersten Huren. Er sagte, er wolle dich als seine Mätresse in Spanien behalten. Ich mußte ihm das Doppelte des üblichen Honorars bezahlen. Aber glaube mir, du warst das Geld mehr als wert.«
Sie steht auf. »Raus hier, sofort! Ich reise morgen früh ab. Ich habe genug von diesem Rattenloch!«
»Ja, du reist morgen früh ab. Aber mit einem anderen Ziel, als du denkst. Allerdings gibt es da noch ein Problem. Deine Ausbilder sagen, daß du dich immer noch dagegen sträubst, mit dem Messer zu töten. Sie sagen, daß du sehr gut schießt, sogar noch besser als die Männer. Aber sie sagen auch, daß du mit dem Stilett zu langsam bist.«
Sie sagt nichts. Sie starrt ihn nur an, wie er auf dem Teppich vor dem Kamin liegt.
»Ich mache dir einen Vorschlag. Wenn du dein Stilett benutzen mußt, denke immer an den Mann, der dir weh getan hat, als du ein kleines Mädchen warst.«
Vor Entsetzen fällt ihr die Kinnlade herunter. Sie hat in ihrem ganzen Leben nur einem Menschen davon erzählt: Maria. Doch Maria muß es Emilio erzählt haben, und Emilio, dieses Schwein, hat es Vogel erzählt.
»Ich weiß nicht, wovon du redest«, sagt sie, aber ihre Worte klingen wenig überzeugend.
»Natürlich weißt du es. Es hat dich zu dem gemacht, was du bist, zu einer herzlosen Hure.«
Sie reagiert instinktiv. Sie macht einen Schritt nach vom und tritt ihm kräftig unter das Kinn. Sein Kopf schnellt zurück und schlägt hart gegen den Boden. Er rührt sich nicht, vielleicht ist er bewußtlos. Ihr Stilett liegt neben dem Kamin auf dem Boden.
Sie haben ihr beigebracht, es jederzeit griffbereit zu haben. Sie hebt es auf, drückt den Knopf, und die glänzende Klinge schnappt heraus. Im Schein des Feuers ist sie blutrot. Sie tritt einen Schritt auf Vogel zu. Sie will ihn töten, ihm das Stilett in den Leib stoßen, ins Herz, in die Niere, durch das Ohr oder das Auge, so wie es gelernt hat. Aber im nächsten Moment lehnt sich Vogel auf den Ellbogen, in der Hand eine Pistole, die auf ihren Kopf gerichtet ist.
»Sehr gut«, sagt er. Blut sickert aus seinem Mund. »Ich glaube, jetzt bist du soweit. Leg das Messer weg und setz dich.
Ich habe mit dir zu reden. Und bitte, zieh dir was an. Du siehst lächerlich aus, wie du so dastehst.«
Sie streift einen Morgenmantel über und schürt die Glut, während er sich anzieht und seinen Mund versorgt.
»Du bist ein Schwein, Vogel. Ich wäre ja verrückt, wenn ich für dich arbeiten würde.«
»Denk ja nicht, daß du jetzt noch aussteigen kannst. Sonst
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