Down
werde mich bei den anderen auch noch erkundigen, aber allzu große Hoffnung habe ich nicht. Unser Glück, dass beide Piloten gestorben sind.«
»Ja, wir stecken knietief in der Scheiße.«
Er lachte leise in sich hinein, ließ das Geräusch aber nicht nach draußen, als er sich die Lage vergegenwärtigte, in der sie sich befanden. »Na, dann schauen wir mal, was wir zustande bringen.«
Während sie Jen zum Flugzeug trugen, hielt Dani ihrer kleinen Schwester ununterbrochen die Hand. Jen blieb tapfer, biss die Zähne zusammen und zischte, schrie aber nur einmal laut auf, und das lediglich kurz, ehe sie wieder verstummte. Dani bewunderte ihren Mut und ihre Selbstbeherrschung und stellte sich die Frage, ob sie in ihrer Situation auch so ruhig geblieben wäre.
Ein weiteres Heulen entfuhr der Kehle ihrer Schwester, als sie den hinteren Abschnitt der zertrümmerten Passagierkabine erreichten. Conner stolperte beim Hineinsteigen und hätte sie beinahe fallen gelassen, im selben Moment folgte der Schrei. Jen schlug sich die freie Hand vor den Mund und kreischte hinein. Ihre Augen waren fest zusammengekniffen und ihr Gesicht glänzte vor Schweiß.
»Bist du okay?«, fragte Conner. Dani hätte ihm am liebsten eine runtergehauen, aber Jens Faust zerquetschte regelrecht ihre Hand.
»Bringen wir sie zu Kevin. Aber ganz vorsichtig.«
»Kevin?« Sie suchte die Kabine nach ihrem Mann ab. Lag er auf dem Boden? War es das, was Potter vorhin angedeutet hatte? Ein heißes Schuldgefühl drängte in ihren Bauch. Sie wusste nicht, wie lange der Absturz zurücklag, aber sie wusste, dass so viel Zeit verstrichen war, nicht zu wissen, wo sich ihr Mann befand oder wenigstens, ob es ihm gut ging. Jens Verletzungen hatten sie abgelenkt. Als sie sich neben ihren Mann kniete, hoffte sie, dass er ihr verzeihen würde.
»Es tut mir leid, Schatz. Jen war verletzt und ich wusste nicht, wo du steckst!«
»Ist schon okay. Ich bin in Ordnung.«
»Wirklich? Warum bist du dann hiergeblieben?«
Das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht. Er schloss die Hände um ihre Oberarme und hielt sie ganz fest.
»Was ist mit dir?«, fragte sie. Der Ausdruck auf Kevins Gesicht, die unbändige Kraft in seinen Händen und die fast verzweifelte Art, wie sie sich an ihr festklammerten, jagten ihr Angst ein. Nein, hier stimmte etwas ganz und gar nicht.
»Dani«, raunte Kevin, und dann wichen seine Augen ihr aus. Tränen kullerten. »Hat Potter es dir nicht erzählt?«
»Was? Was hat Potter mir nicht erzählt?« Ihr Kopf fuhr herum und sie starrte den Tourmanager anklagend an. »Was hast du mir nicht erzählt, Potter?«
Er schaute weg, ging wortlos zum Riss in der Kabinenwand und starrte nach draußen.
»Kevin, was ist passiert?« Etwas brodelte in ihrem Hirn, versengte die Ränder und fraß sich langsam ins Zentrum vor.
»Dani, ich … Scheiße. Ich spüre meine Beine nicht mehr.« Sie hörte auf zu atmen, als wäre sämtliche Luft aus ihrem Brustkorb entwichen. Für einige Sekunden gab sie merkwürdig glucksende Laute von sich und suchte verzweifelt nach beruhigenden Worten. Doch sie wehten davon wie Blätter im Oktoberwind, bevor man sie zu fassen bekam, flatterten und taumelten und machten alles schrecklich. Tränen brannten in ihren Augen und ihr Mund verzog sich zu einer straffen, hässlichen Fratze. Noch immer fiel ihr nichts ein, was sie zu ihm sagen konnte. Sie schaute Kevin in die Augen und las darin ein verzweifeltes Bedürfnis nach Stärke, aber sie fühlte sich aktuell nicht in der Lage, sie aufzubringen.
Doch, sie musste! Er brauchte sie. Sie trat das Feuer lodernder Panik in ihrem Geist aus. Ihr Gesicht entspannte sich und sie beugte sich hinunter, um Kevin auf die Stirn zu küssen. »Das wird schon wieder«, verkündete sie in einem beiläufigen Tonfall, der ihr Gefühlschaos Lügen strafte. Ihr Mann zerrte an ihren Händen, als sie sie zurückzog, aber sie schüttelte ihn ab. »Keine Sorge, ich gehe nicht weg.« Sie brauchte länger, als ihr lieb war, um seine Stiefel aufzuschnüren und sie von den Füßen abzustreifen. Ihre Finger fühlten sich linkisch und schwach an, bewegten sich zu schnell, um zielstrebige Genauigkeit zuzulassen. Stattdessen wirkte jede Geste wie ein mühsam beherrschter Ausdruck äußerster Panik. Als sie endlich Kevins Socken vor sich hatte, kam es ihr vor, als wäre mehr als eine Stunde vergangen.
»Versuch, mit den Zehen zu wackeln.«
»Ich kann nicht.«
»Komm mir nicht so, Schatz. Los, beweg deine
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