Down
geschehen sollte. Sie würde nicht auf ihn warten – nicht, wenn er sie nicht erreichte. Einmal mehr würde sie sich darin bestätigt sehen, dass er sie im Stich ließ, und sie würde die künstliche Beatmung abschalten lassen, während er irgendeinem Arschloch von MTV beibrachte, dass wirklich und wahrhaftig ein Bigfoot aus der Hölle sie angegriffen hatte.
Als er quer über die Absturzstelle zu den Überresten des Cockpits stapfte, versuchte er, sich an das letzte Gespräch mit seinem Vater zu erinnern. Jahrelang hatte sich ihr Verhältnis auf eine Viertelstunde im Jahr beschränkt – fünfminütige Telefonate an Weihnachten und gegenseitige Geburtstagsanrufe. Am Vatertag wäre es ihm wie ein ironischer Seitenhieb vorgekommen, also hatte er es sich stets verkniffen, den Alten an diesem Tag anzurufen.
Einmal, vor drei Jahren, hatte er während einer beschissenen Metal-Tournee für ein konzertfreies Wochenende ein Ticket nach Pittsburg ergattert und sich entschlossen, ein paar Tage mit seinem Erzeuger zu verbringen, um das Verhältnis zu kitten. Stattdessen hatte er sich an der Flughafenbar ein Bier bestellt und gemerkt, dass er sich gar nicht mehr erinnern konnte, was ursprünglich für die Zerstörung ihrer Beziehung verantwortlich gewesen war. Aus einem Bier wurden zwei und dann gesellten sich noch ein paar Scotch dazu.
Statt seinen Dad zu besuchen, hatte er sich über das Wochenende mit zwei Mädchen in einem Zimmer im Hilton eingeschlossen, die ihm als Gegenleistung für Anekdoten über Ratt und Guns N’ Roses Koks und Blowjobs spendierten. Er kannte die Mitglieder der beiden Combos gar nicht, also tischte er ihnen stattdessen Geschichten über Warrant und Docken mit geänderten Namen auf. Wenn er daran zurückdachte, war er mehr als dankbar, dass Hair Metal das Zeitliche gesegnet hatte. Bands, in denen es nur einen einzigen Junkie gab, waren ungleich leichter zu managen als Bands, in denen jeder kiffte, kokste und jede freie Minute zwischen den Auftritten mit Saufen verbrachte.
Als er das Cockpit erreichte, musste er ein paar Minuten mit der Tür kämpfen, bevor er sie überhaupt aufbekam. Die Angeln quietschten und dann wäre die Luke beinahe herausgefallen, als die obere Halterung abbrach. Zorn brodelte in ihm. Er trat gegen das verdammte Ding und war wild entschlossen, ihm den Rest zu geben. Stattdessen knickte sein Knie weg und er stürzte zu Boden. Er trommelte mit den Fäusten gegen das Bedürfnis an, frustriert aufzuschreien, während Schmerz und Wut in ihm tobten.
Vorsichtig rappelte er sich auf und schlurfte ins Cockpit. Der bestialische Gestank war unerträglich. Einer der Piloten lag aufgeschlitzt auf dem Boden. Eine Schande, dass die beiden Männer nicht mehr lebten, aber hätten sie sich auf ihre Aufgabe konzentriert, das Flugzeug in der Luft zu halten, wäre ihnen dieses Schicksal erspart geblieben.
Er zog sich den Kragen seines Shirts über die Nase und konzentrierte sich darauf, das Funkgerät zu suchen. Er war von technischer Ausrüstung umgeben. Leider befanden sich weder ein Mischpult noch eine Lichtanlage darunter. Mit beidem hätte er sich zumindest in Ansätzen ausgekannt. Keine der Apparaturen schien mit Strom versorgt zu werden. Potter fragte sich, ob es den überhaupt noch gab.
»Blödes Mistflugzeug«, fluchte er, als er schließlich das Mikro fand und das Kabel bis zum Schaltpult verfolgte. Es war zu dunkel, um Einzelheiten zu erkennen, also kramte er die Taschenlampe hervor und knipste sie an.
Das Gebrüll, das ertönte, schien aus allen Richtungen gleichzeitig zu kommen.
» 20 Fragen? Hat jemand Lust auf ein Spielchen? Ich sehe was, was du nicht siehst? Irgendwas?« Dani sah ihre Familie an, deren Gesichter sich zu Masken aus Furcht und Schmerz verzerrten. Statt den Blick zu erwidern, starrten sie stumm an die Kabinendecke. Sie musste es dringend schaffen, sie von ihrem Zustand abzulenken, aber so langsam verzweifelte sie an der Aufgabe.
»Okay, dann also 20 Fragen. Jen, du fängst an.«
»Bist du eine Rettungsmannschaft?«
»Nein.«
»Ein Monster?«
»Nein.«
»Dann ist es mir scheißegal.«
Auf dem Gesicht ihres Mannes zeichnete sich das traurigste Lächeln ab, das sie je an ihm gesehen hatte. »Tut mir leid, Schatz. Ich glaube, für uns ist das Spiel längst gelaufen.«
»Ja. Klar.« Sie setzte sich mit verschränkten Beinen zwischen die beiden. Ihre Augen wanderten zwischen ihnen hin und her. Sie wühlte in ihrem Kopf nach neuen Ideen. »Hier ist bestimmt
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