Down
Shirt herumkratzte. Sein Gesichtsausdruck war irgendwo zwischen Vollrausch und Trance angesiedelt. Sie ahnte, dass sich die Aufgabe, Hilfe zu organisieren, mit ihm im Schlepptau ausgesprochen anstrengend gestalten würde.
»Conner!«
Er sah auf, nur leicht überrascht unter dem Schleier eines sich langsam verflüchtigenden Rauschs.
»Besorg uns ein paar Wasserflaschen für unterwegs und eine Waffe, falls du eine auftreiben kannst. In fünf Minuten brechen wir auf.«
»Okay.« Das Wort war kaum mehr als ein Murmeln, aber er wandte sich vom Loch im Boden ab und schlurfte zurück in Richtung Absturzstelle. Zumindest konnte er simple Kommandos befolgen.
»Du wirst doch vorsichtig sein, oder?«, versicherte sich Greg.
»Klar.«
Er schenkte ihr ein trauriges Lächeln. »Gut. Wir müssen uns schon einen neuen Schlagzeuger suchen. Nicht, dass wir auch noch Leute zum Vorsingen einladen müssen.«
»Und Conner?«
Sein Lächeln verwandelte sich in ein hinterhältiges Grinsen und er hob die Schultern. Ein leises Kichern folgte und Dani schüttelte zunächst missbilligend den Kopf, kapitulierte dann und stimmte ein. Mit einer wegwerfenden Geste in Richtung des Bassisten machte sie sich auf den Weg zum Wrack. Sie brauchte eine Minute allein mit ihrer Familie.
»Glaubst du, sie schafft es?«, rätselte Shannon. Der Zweifel stand ihr ins Gesicht geschrieben. Möglicherweise war es auch Sorge.
Conner legte seine Arme um sie und drückte sie kurz. »Wenn es jemand schafft, dann Dani. Sie hat sich von allen hier am besten im Griff.«
»Eure Leadsängerin?«
»Yup. Mach dir keine Sorgen. Die ist hart im Nehmen.«
Potter kam angehumpelt und bei jedem Schritt verzerrte sich sein Gesicht zu einer Maske aus Schmerz. Er hielt an, blieb einige Minuten schwer atmend stehen und rieb sich mit einer Hand das Knie.
»Bist du okay?«
»Das ist relativ. Ihr beiden müsst für mich ins Flugzeug zurück.«
»Das dachten wir uns schon. Was hast du vor?«
»Ich arbeite noch an einem Plan. Im Moment ist da nur ein blinkendes Stichwort in meinem Kopf, und das lautet Verteidigung .«
»Klingt für den Anfang nicht schlecht.«
»Ich habe in dem Teil der Maschine, wo Greg eingeklemmt war, einige Metallteile gesehen. Die würden gute Waffen abgeben«, sagte Shannon.
»Das ist super. Wie wär’s, wenn ihr beiden die aufsammelt und wir uns im hinteren Teil der Maschine treffen?«
»Klar.«
»Ich komme nach«, erklärte Greg. »Ich habe hier noch was zu erledigen, glaube ich.«
Shannon wirkte besorgt. »Bist du okay?«
»Ja. Ich will … Ich bin mir nicht sicher. Ich glaube, ich will einfach nur eine Weile allein sein.«
»Okay.« Sie umarmte ihn und hauchte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange. Dann schob sie ihre Schulter unter Potters Arm. »Komm, Großer. Bringen wir dich zurück.«
»Danke.«
Greg beobachtete, wie die zwei verschwanden, Potter sich auf Shannon stützte und sie ihr Bestes tat, um diesen Bär von einem Mann zu helfen. Es wirkte ungewollt komisch, reizte ihn aber nicht zum Schmunzeln. Der Tod seines besten Freundes beherrschte nach wie vor sein Denken. Er spähte noch einmal in die Senke auf die achtlos entsorgten Fleischstücke und Lumpen und wollte unbedingt herausfinden, ob einige der Überreste zu Curtis gehörten. Ein Teil seines Verstands versuchte ihn davon zu überzeugen, dass es keine Rolle spielte. Sein Freund war tot und er sollte sich auf sein eigenes Schicksal konzentrieren. Aber die Ungewissheit nagte an seinem Geist wie eine Ratte, arbeitete sich ins Zentrum vor und ließ nichts als Fetzen zurück.
Mit einem frustrierten Knurren wandte er sich von der Öffnung im Boden ab, um die Bäume in der Umgebung zu inspizieren. So vieles ergab derzeit keinen Sinn und die Symbole, die in die Kiefern eingeschnitzt waren, gehörten dazu. Als er eines der gewundenen Zeichen untersuchte, fragte er sich, ob es sich bloß um eine spezielle Form von Graffiti oder tatsächlich um eine Form von Bildsprache handelte. In Anbetracht der vielen merkwürdigen Ereignisse seit dem Absturz rechnete er fest damit, dass es eine Botschaft oder Kennzeichnung war. Das Einzige, woran es ihn erinnerte, war Elbisch. Jahrelang hatte er die erfundene Sprache auf Tolkien-Kalendern bewundert. Curtis hatte ihm jedes Jahr zu Weihnachten einen neuen geschenkt. Sein Mund verzog sich zu einem wehmütigen Lächeln.
»Elben sind nicht so, wie wir sie uns immer vorgestellt haben, Kumpel.« Er trat näher an den Baum heran, als ob eine
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