Down
fiel er neben Dani auf die Knie und wischte sich die Erde aus dem Gesicht, während sie auf etwas zeigte.
»Damit hatte ich nicht gerechnet.«
Er folgte ihrem Finger und musste zustimmen. Nein, damit hatte er ebenfalls nicht gerechnet.
Es war bei Weitem nicht so groß wie ihr Flugzeug. Er schätzte, dass zwei Leute darin Platz fanden, maximal vier. Beide Tragflächen waren spurlos verschwunden. An den Nahtstellen nichts als wie ausgefräst wirkende Metallkanten. Etwas hatte die Maschine gewaltig in die Mangel genommen und nach den Rissen in der Außenhülle zu schließen, war es nicht bloß der Absturz gewesen. Ihr Angreifer hatte sich auch über diese Maschine hergemacht.
»Ich will nach Hause«, jammerte er, bevor ihm klar wurde, dass er laut gedacht hatte.
»Ich hoffe, wir finden im Cockpit ein Funkgerät, das nicht den Geist aufgegeben hat.«
»Du willst wirklich nachschauen, was?«
»Du etwa nicht?«
Verdammt. Doch, das wollte er. »Gehen wir«, sagte er und rappelte sich auf.
Die ganze Welt war weich und elastisch geworden. Bei jedem Schritt spürte Greg, wie sie sich dehnte und anschließend wie ein Gummiband zurückschnappte. Um ihn herum geriet die Realität aus den Fugen. Manchmal befand sich die Kreatur, der er folgte, dicht vor ihm, ein anderes Mal verschwamm sie zu einem vagen Umriss in weiter Ferne. Die Bestie gab keinen Laut von sich, ließ nicht erkennen, ob es sie überhaupt interessierte, dass er ihr folgte. Sie bewegte sich zielstrebig durch den dichten Baumbestand. Greg wusste nicht mehr, wie lange er ihr schon auf den Fersen war. Minuten? Eine Stunde? Bestimmt keinen ganzen Tag, aber selbst das konnte er nicht mit Sicherheit sagen. Nichts ergab mehr einen Sinn. Na und? Er kam zu dem Schluss, dass es ihm völlig egal war.
Sie wird emporsteigen. Es gibt ein Loch in der Welt. Die Worte hallten durch seinen Schädel wie der Klang von Kirchenglocken. Er wusste immer noch nicht, was sie zu bedeuten hatten, aber sie waren definitiv wichtig. Sie fühlten sich wichtig an. Während die Zeit auf diese merkwürdige Weise verrann, sich dehnte und verzerrte, reifte in ihm die Erkenntnis, dass er für diese Aufgabe bestimmt war, das Schicksal oder eine Art Vorsehung ihn hergeführt hatte, um eine neue Phase seiner Existenz einzuläuten. Etwas Fantastisches.
Sie steigt empor.
Er musste an die grauen Finger denken, die sich mit seinen verschlungen hatten, und der Gedanke brachte ihn zum Lächeln. Seit der Berührung fühlte er, wie sich in seinem Inneren eine Veränderung vollzog, wie einzelne Puzzlestücke sich verschoben und verrutschten, dabei neue Formen bildeten. Manchmal verursachte es Schmerzen, aber die meiste Zeit fühlte es sich wundervoll an und schickte eine wohlige Wärme durch seinen Körper. Bald würde er ein Teil von etwas Bedeutendem sein – von einem spektakulären Ereignis, das die Welt veränderte. Es gibt ein Loch in der Welt. Und er half beim Öffnen. Und wenn es das Letzte war, was er tat – er würde der Dunkelheit helfen, ans Licht zu gelangen.
Etwas zog seinen Blick auf sich, ein Schemen zu seiner Rechten, der fehl am Platz, regelrecht fremdartig erschien. Er blieb stehen und starrte ihn an, stellte fest, dass eine merkwürdige Statue mitten im Wald thronte. Hätte er sie nicht bemerkt, wäre er achtlos an ihr vorbeigegangen. Aber jetzt nahm er nichts anderes mehr wahr. Die Kreatur war stehen geblieben. Sie musterte ihn aufmerksam und er spürte, dass sie ihm Zeit lassen würde. Er nickte und trat auf das seltsame Kunstwerk zu.
Soweit er feststellen konnte, war es überwiegend aus Knochen, Felsbrocken und Schlamm errichtet, hier und da auch aus einigen anderen Bestandteilen. Er entdeckte eine ehemals glänzende Gürtelschnalle, die zwischen den Steinen eingeklemmt war. Etwas, das ein Brillenglas sein mochte, schimmerte in der Sonne. Niemand auf ihrem Flug hatte einen solchen Gürtel getragen und ihm fiel auch keiner ein, der eine Brille trug. Seine Brust schnürte sich zusammen, als er realisierte, dass diese funkelnden Habseligkeiten einer anderen Person aus einer anderen Zeit gehörten.
Die Knochen und der Schlamm formten eine Art Monster. Es war nicht die Bestie – das sah er sofort –, aber je länger er den Schemen anstarrte, desto überzeugter war er davon, dass er etwas ungleich Bedeutenderes darstellte als ihr pelziger Besucher. Die Gestalt, die über ihm aufragte, stand auf drei Beinen – geknickt wie bei einer Spinne, jedoch so dick wie Kiefernstämme.
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