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Downtown Blues

Downtown Blues

Titel: Downtown Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra Cakan
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Und dann erzählt mir Del, was damals im Coco Loco passiert ist. Wie der Sohn des Bürgermeisters austickte und wie sie engagiert wurde, ihn im Auge zu behalten. »Ein paar Mal ist er mir entwischt. Ist verdammt gerissen, der Scheißkerl, trotz all der Drogen. Hat allerdings ’ne ganze Weile gedauert, bis ich gemerkt habe, was läuft.« Sie zuckt resignierend die Schultern. »Schätze, ich werde alt.«
    »Winston Jay Warring und Aranxa Capistrano?« Ergibt das einen Sinn? Ja, eine Drogenprinzessin und ein privilegierter Uptowner mit Ambitionen, das ergibt durchaus Sinn. »Er hat Concepción Capistrano ermordet …« Plötzlich kommt mir noch ein Gedanke. »Und all die anderen Frauen … aber warum?«
    »Macht, Sex und Drogen, das ganze alte Spiel«, sagt sie lässig. Doch DelMonicos Lässigkeit kann mich nicht täuschen, da gibt es noch etwas, aber sie wird es mir nicht sagen.
    Unvermittelt steht sie auf. »Wird Zeit für mich, hab noch einen Job zu erledigen.« Sie gibt mir die Hand. »Mach’s gut, Partner. Vergiss nicht, die Nacht hat viele Augen.« Und verschwindet in der Dunkelheit.
    Werde ich diese Frau jemals wiedersehen?
    Ich bleibe auf der harten Palette sitzen und starre im Schein der schwächer werdenden Stablampe auf die unwirkliche Umgebung, auf den Dampf und die leuchtenden Chemikalientümpel. So könnte es auf einem anderen Planeten aussehen, denke ich. Einem Planeten, der nicht für Menschen bestimmt ist. Und dann wird mir bewusst, dass ich an fremde Welten denke, weil ich nicht an diese Welt denken will. Warum habe ich Del nicht gefragt, wo W.J. Warring ist? Weil er der Job ist, den sie noch zu erledigen hat, gebe ich mir selbst die Antwort.
    Ich habe ihn nicht gehört. Genau wie Del ist er plötzlich hinter mir, wirft sich auf mich und wir knallen auf den Boden. Seine Hände um meinen Hals drücken zu, während ich mich aufbäume und versuche ihn abzuwerfen. Meine Finger krallen sich in den Dreck, packen die Lampe und schlagen zu. Wieder und wieder. Er lässt einfach nicht los. Ein grelles Licht, eine Blendgranate, jemand ist gekommen, um mich zu retten. Ich bin so unendlich erleichtert. Nein, es ist das Lasermesser. Wie lange noch, wie lange? Sekunden dehnen sich aus, werden zur Ewigkeit. Dunkelheit fällt auf mich wie eine schwarze, alles erstickende Decke.
    »… es doch, Miststück.« Ein irres Lachen. »Na los, worauf wartest du?«
    Mein Hals schmerzt, stelle ich überrascht fest. Wenn mein Hals schmerzt, lebe ich. Auf meine Brust, meinen Bauch drückt ein Zentnergewicht. Keuchend atme ich ein und aus, auch ein Zeichen für Leben, dann erst öffne ich die Augen. Winston Jay Warring kniet auf mir, hält mir das Lasermesser an die Kehle. Doch er beachtet mich nicht. Ich drehe vorsichtig den Kopf, versuche meine Augen auf die Dunkelheit einzustellen.
    DelMonico steht nur wenige Schritte entfernt. Die Beine leicht gespreizt und fest in den Boden gerammt, die Arme ausgestreckt, so hält sie ihre Magnum MPX und zielt in vorbildlicher City Force-Gefechtshaltung auf den Sohn des Bürgermeisters.
    »Ich werde dir den Kopf wegschießen, und es gibt nichts, was mich davon abhalten wird, verstehst du, nichts «, sagt sie mit gefährlich leiser Stimme, und ich glaube ihr jedes Wort. Aber ich kenne sie. W.J. dagegen ist ein durchgeknallter Stardust-Junkie, für den alles ein großer Spaß ist.
    Er legt den Arm um mich und zieht mich, ohne das Messer von meiner Kehle zu nehmen, auf die Füße. Jetzt bin ich sein Schutzschild. Del hat zu lange gewartet. Und trotzdem schreie ich heiser: »Schieß, Del, schieß!« Und dann geht alles ganz schnell, sie stürzt nach vorn, wirft sich auf Warring und schleudert mich zur Seite. Ein Schuss streift mich, trifft den Killer. Doch viel zu spät, viel zu ungezielt. Das Lasermesser fährt in ihre Brust und sie fällt, sie fällt.
    Die Waffe, wo ist ihre Waffe? Ich taste panisch auf dem Boden herum, bekomme sie zwischen die Finger und lege auf W.J. an. Der steht einfach nur da, fassungslose Wut im Gesicht. Blut quillt durch den Stoff seines weißen Franzini-Blazers. Plötzlich wirbelt er herum und rennt in die Nacht. Ich habe immer noch auf ihn angelegt, meine Hände zittern, umkrampfen die Waffe, ich will den Abzug durchziehen und kann es nicht. Ich kann nicht schießen. Meine Partnerin liegt verletzt am Boden und ich kann nicht schießen!
    Ich knie mich neben sie und versuche sie aufzurichten, ihr Schrei lässt mich innehalten. Da erst sehe ich das Blut, so viel Blut. Ich

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