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Downtown Blues

Downtown Blues

Titel: Downtown Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra Cakan
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setze meinen Fuß auf die Plattform und drücke mich an die Mauer. Höre ich Stimmen? Vorsichtig rutsche ich nach unten und spähe durch einen Riss in der Fensterverdunklung in ein schäbiges Hotelzimmer. Ich erkenne zwei Frauen und einen Mann, die eine steht hinter ihm, die andere ist vor ihm auf den Knien. Zwei Nutten mit ihrem Kunden? Vorsichtig reibe ich mit dem Handrücken den Belag von der Scheibe. Nein, es sind Aranxa Capistrano und Brubaker und eine Frau, die ich nicht kenne – oder doch? Sie dreht den Kopf, jetzt erkenne ich sie, es ist Winona Warring und sie – sie was? Viel zu laut ziehe ich die Luft ein. Sie hält Bru eine Waffe an den Kopf und zischt wütend: »Nun mach, er soll es endlich tun.«
    Verfluchte Scheiße, was läuft da ab? Lässt er sich von der Drogenprinzessin einen blasen, während die Tochter des Bürgermeisters ihm eine Waffe an den Kopf hält? Ich bin wie erstarrt und will gleichzeitig durch die Scheibe springen. Da sehe ich, dass Aranxa seine rechte Hand umklammert hält, in der eine Waffe ist. Verdammt, in diesem Zimmer sind viel zu viele Waffen! Ich folge der Richtung des Laufes und sehe W.J. Warring, der in der Ecke auf dem Boden sitzt. Er hat nur Augen für seine Schwester. Verfolgt jede ihrer Bewegungen, jedes Wort, jeden Atemzug. Die Schwingungen, die zwischen den vier Personen hin und her gehen, sind fast greifbar, und trotzdem habe ich keine Ahnung, was ich da beobachte. »Du musst sie aufhalten, versprich’s mir.« Langsam ziehe ich meine H&K und ziele durch das Fenster auf die Tochter des Bürgermeisters, doch Bru steht in der Schusslinie.
    »Tu’s für uns, Stefanito«, gurrt Aranxa und fummelt mit der anderen Hand an ihm rum. Sein Gesicht verzerrt sich vor Wut und er hebt die Hand, um sie zu schlagen.
    »Los mach’s doch, schlag sie, dann bist du auch fällig.« Winona lacht fröhlich. Für sie ist das Ganze ein riesen Partyspaß.
    »Und wenn schon, ich komm hier doch nicht lebend raus.«
    »Quatsch nicht rum, schieß endlich!« Sie holt aus und schlägt ihm die Waffe an den Kopf. Er taumelt, geht zu Boden und fällt gegen Aranxa. Ein Schuss. Ich weiß nicht, aus welcher Waffe. Mein Universum zentriert sich um die H&K in meiner Faust und das Ziel vor mir. Ich ziehe den Abzug, und Winona Warring bricht getroffen zusammen. Im gleichen Moment springe ich durch den Glasregen ins Zimmer. Meine Sinne sind total geschärft, ich nehme jede Einzelheit im Zimmer überdeutlich wahr. Die fleckige Tapete, die sich an der Decke gelöst hat, den hässlichen, olivgrünen Teppich und das Blut. Überall ist Blut. Bru – er bewegt sich nicht! Noch ein Schuss und der Downtown-Schlitzer, Dels Mörder, der Sohn des Bürgermeisters, ist tot. Und es ist mir verflucht egal, dass ich eben einen unbewaffneten Mann erschossen habe.
    Auf einmal wird das Vakuum, in dem ich mich für Sekunden aufgehalten habe, von durchdringenden Schreien aufgerissen. Winona Warring, in die Schulter getroffen, kriecht über den Boden, greift nach der Waffe und … mein Tritt trifft sie an der Schläfe, sie sackt zusammen. Ich beuge mich über sie und nehme ihr die Waffe aus der Hand. Da bemerke ich es: Sie benutzt das gleiche Parfüm wie Aranxa, das Parfüm, das in Dels Apartment stand. »Du musst sie aufhalten, versprich’s mir, Partner.« Sie hat mich schon wieder manipuliert.
    Aranxa Capistrano hat einen Bauchschuss. Ob sie’s überleben wird? Keine Ahnung, interessiert mich nicht. Wichtiger ist: Brubaker ist nichts passiert. Er setzt sich auf, hält sich den Kopf und sieht sich benommen um, dann bemerkt er mich. »Donovan?«
    »Alles unter Kontrolle«, sage ich dumm. Ich setze mich neben ihn auf den Boden. »Und du?«
    »Von Kontrolle weit entfernt«, sagt er mit einem schiefen Grinsen. Er sieht auf die beiden verwundeten Frauen und den Toten. »Warst du das?«
    Ich zucke nur die Schulter und starre auf den Teppich, will ihm nicht sagen, dass er es war, der seiner Geliebten den Bauchschuss verpasst hat. Hab Angst vor dem Unausgesprochenen. Er hebt die Hand und legt sie um meinen Hinterkopf, zwingt meinen Blick in seine Richtung und sagt meinen Namen, nichts weiter, nur meinen Namen.
    Ich sehe Bru an. Bewusst habe ich ihn noch nie so angesehen, und ich fühle eine seltsame Mischung aus Schuld und Wut in mir aufsteigen, weil mich sein Anblick erregt. Und dann ist da noch etwas, und ich frage mich, ob es möglich ist und bin voller Zweifel. Liebe oder Begehren, wie kann ich den Unterschied wissen, wenn ich das

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