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Downtown Blues

Downtown Blues

Titel: Downtown Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra Cakan
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hab nicht ihre Arroganz, ihre Coolness, hab erst recht nicht ihre Abschussliste.
    Zuerst versuche ich meine Partnerin über SC zu erreichen. Wäre besser, wir sprächen uns ab. Fraser will sicher das ganze Team sehen, nicht nur Donovan die Anfängerin, die den ganz großen Fall lösen will. Welchen Fall eigentlich? Ein verschwundener Dealer, ein ausgetickter Uptown-Junkie, eine Hand voll Gerüchte … Del scheint zu glauben, dass wir an was dran sind.
    Ihr SC ist offline. Sagte ich »wir«?
    In der Mambo-Bar nach Del zu suchen kann ich vergessen. Ich lass womöglich ihre Tarnung auffliegen, schlimmster Fehler bei der City Force. Doch wie schlimm ist es, den Partner im Kalten stehen zu lassen, Del? Vermutlich genauso schlimm, wie seinen Informanten zu verkaufen. Irgendwie hab ich den kleinen Dealer gemocht. Warum denke ich an Cat schon in der Vergangenheitsform? Er ist verschwunden, nichts weiter. Hat wahrscheinlich Ärger mit einem Lieferanten oder Kunden. Mehr nicht.
    Ich weiß auch nicht, warum ich auf einmal anfange, die Dinge von der schwärzesten Seite zu sehen. Kann sein, dass mich die kleine Uptown-Schwester dahin gebracht hat. Es gibt Zeiten, da sieht man den Dreck der City besonders deutlich. Ist doch nur ’ne gewöhnliche Nachtschicht, Donovan.

    »… noch immer gibt es keine genauen Angaben über die Zahl der Opfer. Inzwischen haben sich sieben verschiedene Terror-Organisationen zu dem Bombenanschlag bekannt, der, wie berichtet, weite Teile der Küstenstraße zwischen Rock Sands und Shapiro zum Einsturz gebracht hat … unter anderem die ›Wiedergeborenen von Three-Mile-Island‹ und die ›Black Angels‹.«
    –RSTV-News

    Das Kernstück der CF-Zentrale ist einer dieser schwarz verspiegelten Skyliner aus der City-Ära. Jetzt sehen die Fenster aus wie die Spiegel in einer Drückerbude auf der Siebenundachtzigsten – kommt vom sauren Regen. In dem Gebäude Tag und Nacht das gleiche Bild, die gleiche atemraubende, lautlose Hektik. Heute Nacht bemerke ich sie zum ersten Mal. Angespannte Gesichter im Licht der Screens – City Force-Agenten im Innendienst. Abziehbilder der Realität, ein Leben im Interface, nur über ihre Terminals mit der Wirklichkeit verbundene klaustrophobe Geisterschatten. Privilegien, ihr Downtown-Cops? Kommt in die Zentrale und seht euch die Net-Junkies an.
    He, das ist nur die Nachtschicht, Donovan, bist auf keinem bewusstseinserweiternden Trip. Was du siehst, sind die rotäugigen Gespenster einer langen, schlaflosen Nacht. Sind wirklich nicht so schlimm, die Typen, tun nur ihren Job. Wie Sergeant Fraser.
    »Tür zu, Donovan. Wo ist DelMonico?« Eigentlich keine Frage, nur eine Floskel.
    Bin ich meines Partners Aufpasser? Ja, verdammt. Es ist nur der Schlafmangel, er verzerrt die Realität zu einem überzeichneten Cop-Comic. Ich lehn mich gegen die geschlossene Tür, kann das Weiße in Frasers Augen sehen. Macht mich jedes Mal nervös, der verdammte Scheißkerl. Jede Wette, er weiß das. Und Del – warum lässt sie mich schon wieder hängen? Irgendetwas liegt in der Luft. Etwas ist falsch gelaufen, ich kenne die Zeichen. Reardon fletscht die Zähne, brüllt, dumpfe Flüche dringen durch die Glastrennwand aus seinem Office. Vermutlich keine gute Zeit für Sonderwünsche.
    »Ich will von der Nachtschicht runter, Sergeant.« Und von diesem verdammten Fall, von dem jeder sagt, es gibt ihn nicht, bis auf meine Partnerin, die heute Nacht was Besseres vorhat.
    »Anfänger nehmen, was sie kriegen, in Ihrem Fall ist das die Nachtschicht. Kapiert, Donovan?«
    Er lehnt sich zurück und kippt seinen Stuhl gegen die abgestoßene Wand. Über seinem Kopf – mit persönlicher Widmung – das offizielle Foto von Bürgermeister Warrings letztem Wahlkampf. Ich frag mich, ob ich im richtigen Office bin. Hab ich mich vielleicht verlaufen und dies ist nur eine Zweigstelle des Wahlkampfhauptquartiers? Fraser scheint meine Gedanken zu lesen, grinst selbstgefällig. Stimmt, er ist ein Fan der Warring-Familie. Ist er auch ein Fan von verschwundenen Akten – Gefallen gegen Gefallen, Sergeant?
    »Ich dachte, Sie wissen vielleicht, wo meine Partnerin steckt, Sergeant.«
    »Die Fragen stelle ich, Agent Donovan.«
    Was ist los mit Fraser? Ist sonst nicht der Typ für solch plumpe Manöver. Offene Drohungen sind da schon eher sein Stil. Seine Finger klopfen wie beiläufig auf die Tasten seines Comp. Ich versuche, die Daten auf dem Screen zu lesen. Verdammt, irgendwie glaub ich, dass Fraser genau damit

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