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Downtown Blues

Downtown Blues

Titel: Downtown Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra Cakan
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nickt. »Verdammte Sauerei. Das denken hier alle.« Sie macht eine umfassende Handbewegung, schließt die Abteilung mit ein. »Was willst du wissen?«
    Fast hätte ich sie gefragt. Doch ich sage nur: »Irgendwas über Harding Jones?«
    Sie sieht mich mit einem schwer zu deutenden Ausdruck an. »Bist du sicher, dass du nicht im falschen Revier wilderst?«
    »Komm schon, LaSalle.«
    »Ist dein Begräbnis, Donovan.« Sie zuckt gleichmütig die Schultern. »Für deinen Kontakt zu den Uptown-Infos bist du dabei.«
    »Du willst meinen Informanten?« Fassungslos und empört seh ich die Frau an. »Vergiss es, LaSalle!«
    »Du wolltest den Deal, Donovan, also keine Klagen.« Ihre Stimme klingt unbeteiligt, aber in ihren Augen glimmt ein Funke. Sie ist gierig geworden.
    Ich schüttle den Kopf, drehe mich wortlos um und gehe. Aber sie hat mir mehr erzählt, als ich erhofft hatte: Harding hat immer noch Protektion, das schwarze Schaf ist in die Herde zurückgekehrt. Ist er dabei, Brücken zu verbrennen, will er mich deshalb sprechen?
    Plötzlich hab ich es eilig, will einen Blick auf die DCU-Infos werfen, die Bru von Reardon bekommen hat.

Eine Hand voll Wahrheiten

    »… vermutlich hatten sie es einfach satt, immer nur von Hölle und Verdammnis zu hören. Sie hatten erlebt, wie die Ideale ihrer Eltern der Karriere geopfert wurden, jetzt wollten sie ihr eigenes Nirwana.«

    – Die Entwicklung der Sekten in der Oberschicht, Dr. Robert Mgabe – auf einer Vortragsreise – 2036

    Zuerst wollte ich mir eine ruhige Ecke im Red Door suchen, nun sitze ich im Schatten der Roten Pagode. Es ist früher Nachmittag. Kreischende, lachende Kinder jagen sich durch das Spiegelkabinett. Hier braucht niemand Atemfilter. Das ganze Areal ist überdacht, getönte Scheiben vermitteln die Illusion eines blauen Himmels. Gefilterte, klimatisierte Luft Marke »Frühlingsbrise« kühlt mein Gesicht.
    Ich bin noch nie zuvor hier gewesen. Einkaufszentren deprimieren mich. Alle tun so, als wären sie glücklich, hier zu sein, doch sie sind es nicht. Viel zu schnell müssen sie das künstliche Paradies verlassen. Wer innerhalb fünfundvierzig Minuten keine Kredits hat abbuchen lassen, wird von der Sicherheit unauffällig, aber bestimmt gebeten zu gehen.
    Nichts könnte mir ferner sein als dieser Ort. Wer weiß, vielleicht bin ich deshalb heute hierher gekommen. Ich lasse meine Gedanken wandern. Früher dachte ich manchmal … früher ist schon viel zu lange her. Keine Vergangenheit zu haben, macht mich das zu einem guten Agenten? Nichts zu besitzen, nichts zu wollen. Am Anfang war die Lüge.
    Mein Moccaccino ist längst kalt. Die aufgeschäumte Trockenmilch bildet einen gelblichen, krümeligen Belag. Ich kippe das Zeug in den nächsten Müllschlucker. »Danke, dass du die Rote Pagode sauber hältst.«
    Verdammt, verdammt. Versetzt nach New Frontier, abgeschoben ins Nirgendwo. Warum mussten sie Bru das antun, warum mussten sie mir das antun? Und Del, drei Partner in zwei Jahren – wie wirst du in der Statistik enden, Donovan? Zu viele Fragen, selbst für mein Glückskeks-Orakel am JaiAlai-Wettschalter.
    Komm zur City Force, die große Familie, gemeinsam gegen das Böse in der Welt. Vielleicht war es das – nicht mehr alleine kämpfen zu müssen –, was mich zur Force gebracht hat. Einen Partner, der dir den Rücken freihält, der die Verbindungen hat, der Fraser ins Gesicht lacht, wenn er »Suspendierung« schreit, so wie nur Del es konnte. Ja, ich war reif gewesen für die große Familie, für größere Rationen und Privilegien. Nach fünf Jahren auf der Straße bist du reif für alles.
    Nur wenige Schritte entfernt lächelt mich L. Warring von einem Motionactive-Holo huldvoll an. Als eine dicke Frau vom Bewegungsscanner erfasst wird, sondert es Parolen ab. Ein verstohlener Blick – die Frau tritt erbost gegen den Sensor. L.W. verstummt stotternd. Noch eine brave Wählerin. Zwei Sicherheitstypen in stahlblauen Kevlar-High-Grade-Coveralls nähern sich rasch. Doch die dicke Frau ist schon in der Menge verschwunden. Auf einmal fühle ich mich besser.
    Wie war das gleich noch, Bürgermeister, als die Erleuchtung über Ihren Schwager gekommen ist? Und jetzt ein Treffen mit Harding Jones. Wie bin ich nur an diesen seltsamen Fall geraten?
    Noch dreizehn Minuten, dann läuft meine Aufenthaltsfrist ab. Will ich wirklich gutes Geld für schlechten Kaffee ausgeben? Ich lese den ROM-Chip ein.
    »Du bist klug und taff, Donovan. Du wirst es schaffen, auch ohne

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