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Dr. Gordon verliebt

Dr. Gordon verliebt

Titel: Dr. Gordon verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Reklame.»
    «Hol dich der Teufel! Das verstößt gegen die Berufsethik!»
    «Ach, reg dich ab, Richard. Du hängst doch nicht im Ernst der veralteten Vorstellung an, daß Ärzte nie die Reklametrommel schlagen? Die halbe Harley Street lebt davon. Ich gebe zu, sie stecken nicht gerade wie die Zigeuner Zettel ins Fenster, auf denen steht: . Aber sie senden ähnliche nützliche Hinweise medizinischen Zeitschriften ein. In Bälde kommt’s der Öffentlichkeit zu Ohren.» Er ließ sich auf dem Sessel nieder und legte seine Füße auf den Schreibtisch. «Du wirst sehen, binnen einer Woche werden die Leute scharenweise zu unserer Türe gehumpelt kommen. Stell dir das nur vor! Wir sind gemacht, Alter.»
    «Ich werde dem Herausgeber schreiben und ihm mitteilen, daß es sich um eine Fälschung handelt, verdammt nochmal.»
    «Nur immer mit der Ruhe, Alter! Kein Grund, in die Luft zu gehen.»
    «Noch nie im Leben ist mir ein derart empörender Fall von gemeinem Betrug vorgekommen.»
    «Gemeiner Betrug? Das ist kein Betrug, das ist Geschäftstüchtigkeit.»
    «In deinen Augen bedeuten beide offenbar dasselbe.»
    Er sprang auf. «Beliebst du am Ende Betrachtungen über meine Moral anzustellen, Alter?»
    «Jawohl. Du bist ein rücksichtsloser, mit allen Salben geschmierter Gauner.»
    «So, findest du? Und du bist ein im Dreck sitzengebliebenes altes Weib.»
    In diesem Ton trennten sich die beiden Arzte, um ihrer Arbeit nachzugehen.

10

    EINIGE TAGE LANG sprachen Grimsdyke und ich nicht miteinander. Wir verkehrten nur mit Hilfe von Zetteln, die Miss Wildewinde zwischen unseren Sprechzimmern hin und her trug:
    «Doktor Grimsdyke läßt sich Doktor Gordon empfehlen. Würde er so freundlich sein, Doktor Grimsdykes Gedächtnis hinsichtlich der Dosis von Tinctura Belladonna aufzufrischen?»
    «Doktor Gordon läßt sich Doktor Grimsdyke empfehlen. Fünf bis dreißig Tropfen, und was hast Du mit dem Otoskop angestellt?»
    «Doktor Grimsdyke hat das verdammte Otoskop nicht in der Hand gehabt.»
    «Doktor Gordon möchte auch die Multivit-Tabletten zurückhaben, bitte.»
    «Doktor Grimsdyke hat die Packung aufgebraucht.»
    «Mein Gott, wen behandelst du hier eigentlich? Ein Roß?»
    Meine Sorgen vergrößerten sich noch durch den Trubel eines neuerlichen Budenwechselns. Grimsdyke hatte sich begreiflicherweise im Zimmer seines Onkels einquartiert, und da in der Krypta zwei Ordensgeistliche eingetroffen waren und Mr. Tuppy neuerlich seine ärztlichen Anekdoten zum besten zu geben begann, mußte ich fort.
    Aus dem Gefühl heraus, ich würde eine zweite Pension nicht mehr ertragen können, versenkte ich mich in die Lektüre des «Kleinen Anzeigers» des Lokalblättchens und entdeckte folgende Annonce: «Kultivierte Dame teilt ihr reizendes Heim mit einigen Gleichgesinnten als zahlenden Gästen. Wenden Sie sich an Miss Ashworth, , Alderman’s Lane.» Ich sagte mir, daß «The Lodge» zumindest eine neue Erfahrung bieten würde. Hatten mich auch meine Lehrjahre am St. Swithin mit allen möglichen Typen von Mietfrauen zusammengeführt, von ausgesprochen hypochondrischen bis zu ausgesprochen geschlechtshungrigen, pflegen Medizinstudenten im allgemeinen doch nicht in Riechweite kultivierter Damen zu geraten.
    «The Lodge» entpuppte sich als ein ordentlich gehaltenes Landbauschen, über dem, wie über einem Militärrekonvaleszentenheim, ein Hauch antiseptischer Disziplin lag. Die Diele besaß einen gewichsten Parkettboden, auf dem sich ein Fußabdruck so überraschend ausgenommen hätte wie der Freitag auf Robinsons einsamer Insel; es gab einen Hutständer, der nie einen Hut gesehen zu haben schien, einen Messinggong zwischen einem Paar Messingschalen, rosa und grün gemusterte Butzenscheibenfenster und eine Flotte aufgeplusterter Galeonen, die emsig über die Tapete segelten. Zwei mit Brandmalerei verzierte Wandbretter verkündeten «Brave Hündchen wischen ihre Pfötchen ab» und «Wer hat denn das Licht brennen lassen? Ei, wie schlimm!»
    Miss Ashworth erwies sich als eine kleine, magere Frau in mittleren Jahren; sie trug Augengläser, Sandalen und einen Kittel, wie er an die Insassen einer Anstalt für Geisteskranke ausgefolgt zu werden pflegt.
    «Ich bin überzeugt, Sie werden sich hier ungemein wohlfühlen», sagte sie, indem sie mich schusselig in ein kleines Zimmer führte, das auf den Garten an der Hinterseite des Hauses blickte. «Aber Sie werden doch auf die Zierstücke achten, nicht wahr?»

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