Dr. Sex
angeschafft – damit sie Gesellschaft hat, wie sie sagt –, und jetzt bringt sie dieses Thema auf.«
»Ein Kind.«
»Ja. Aber ich will nicht. Ich bin noch nicht bereit, die Verantwortung für ein Kind auf mich zu nehmen, Prok, und selbst wenn ich es wäre – sie hat es als Forderung formuliert und sagt, daß sie nicht mehr ... also, daß sie nicht mehr mit mir schläft, bis ich nachgebe. Das hat sie gesagt.«
Prok nahm sich, die Papiere unter den Arm geklemmt, einen Augenblick Zeit, um seine Brille mit dem Taschentuch zu putzen. Er seufzte. »Jede Ehe besteht aus Geben und Nehmen«, sagte er schließlich, setzte die Brille wieder auf und faltete das Taschentuch säuberlich zusammen, »aber ich rate dir, deinen rechtmäßigen Platz im ehelichen Bett wieder einzunehmen. Du solltest nichts überstürzen, aber ein Kind könnte genau das sein, was ihr zu diesem Zeitpunkt braucht. Als einen Faktor, der zu eurer Reifung beitragen wird. Du weißt, daß ich mit deiner Arbeit mehr als zufrieden bin, aber man kann sich immer noch steigern, und ich bin sicher, daß die Vaterschaft – die unmittelbare Erfahrung der Fortpflanzung, John, die Tatsache, daß du deine Gene an die nächste Generation weitergegeben hast – dich auf lange Sicht zu einem noch einfühlsameren Interviewer machen wird.«
Auf dem Heimweg legte ich mir eine kleine Ansprache für Iris zurecht. Ich würde ihr sagen, was Prok gesagt hatte, daß er uns praktisch seinen Segen gegeben hatte – aber nicht sofort. Ich war noch keineswegs entschlossen, und das erste, was ich von ihr erwartete, war eine Entschuldigung. Ich hatte schwer gearbeitet, und ob sie es nun einsehen wollte oder nicht: Diese Reise war für mich eine große Belastung gewesen, und sie hatte kein Recht, mir ein solches Ultimatum zu stellen. Die Entscheidung, ein Kind zu bekommen, mußten beide Eltern treffen, sie mußten sich darin einig sein, und keiner von beiden durfte auf Drohungen oder Erpressung zurückgreifen. Sie wollte dieses Kind doch wohl nicht mit der Hypothek eines Grolls belastet zur Welt bringen, oder? Wäre das gut für das Kind? Wäre das gesund? Nein, wir würden warten, die Sache überdenken und eingehend erörtern, bis wir beide dazu bereit wären.
Als ich eintrat, spielte Musik, etwas Leises, Zärtliches, das mich an Tanzabende erinnerte, ein Stück, wie die Band es zum Schluß des letzten Sets spielte, wenn sie das Tempo verlangsamte und die Paare nur noch auf der Stelle standen und sich hin und her wiegten. Der Tisch war zum Abendessen gedeckt, mit Blumen in einer Vase und Stoffservietten, und auf dem Beistelltisch neben dem Sofa stand auf einem Untersetzer ein großes beschlagenes Glas Bourbon mit Wasser. Ich warf einen Blick durch den Perlenvorhang in die Küche und sah einen Topf auf dem Herd, daneben eine Bratpfanne, in der ein rosiges Beefsteak lag, und das war schon etwas – damals war Beefsteak wirklich etwas Besonderes. Schon besser, dachte ich, nahm das Glas, trank und spülte die Hitze des Tages und die letzten Reste meines Katers hinunter. Aber wo war sie? Bestimmt im Schlafzimmer, wo sie mit dem Lippenstift hantierte und sich schönmachte für mich, um alles wiedergutzumachen – sie hatte unrecht, und das wußte sie. Ich konnte mir meine Ansprache schenken.
Erst da bemerkte ich, daß die Vorhänge zugezogen waren. Der Tag war wolkenlos und therapeutisch heiß gewesen, die gewissenhafte Sonne über Indiana hatte den Regen des gestrigen Gewitters verdunsten lassen und die Luft mit Feuchtigkeit gesättigt, bis einem bei der kleinsten Bewegung der Schweiß ausbrach, und Iris hätte die Vorhänge öffnen sollen, und sei es nur, um für ein wenig Luftaustausch zu sorgen. Ich wunderte mich. Und ich schwitzte bereits von der Anstrengung, das Glas zu halten. »Iris?« rief ich. »Iris, ich bin wieder da!«
Ich hörte ihre Stimme aus dem hinteren Zimmer – »Ich komme gleich« –, trank noch einen großen Schluck aus dem Glas, stellte es auf den Untersetzer und ging zum Fenster, um etwas Luft hereinzulassen. Als ich die Hand nach den Vorhängen ausstreckte, zischten und klickten die Perlenschnüre hinter mir, und Iris sagte: »Nicht.«
Ich fuhr herum, und da stand sie, direkt vor der dunklen, hin- und herschwingenden Welle des Perlenvorhangs. Das Licht war schummrig, das Grammophon spielte leise Musik. Sie hatte nichts an. Gar nichts. Ihre Füße standen ein Stück auseinander, und die Hände hatte sie auf die Hüften gelegt. Ich sah, daß sie ihre Augen geschminkt
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