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Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth

Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth

Titel: Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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einen Spalt, und eine Frau in mittleren Jahren mit einem hübschen Gesicht und langem, glänzendem Haar steckte den Kopf hindurch. Sie schaute gezielt an Siri und den beiden Leichen vorbei.
    »Dr. Siri. Ich bin Latsamy. Genosse Houey hat mich beauftragt, mich während Ihres Aufenthalts um Sie zu kümmern.«
    Beim Klang ihres wohlklingenden Luang-Prabang-Dialekts schmolz Siri förmlich dahin. In ganz Laos gab es keine
erotischere Melodie als den Singsang einer jungen Frau aus Luang Prabang. »Brauchen Sie irgendetwas?«, fragte sie.
    »Es würde mir schon genügen, wenn Sie sich zu mir setzen und sich ein paar Stunden mit mir unterhalten würden.«
    Ein frommer Wunsch. Sie brachte es noch immer nicht über sich, auch nur in seine Richtung zu sehen.
    »Ich wäre dankbar, wenn sich das vermeiden ließe, Onkel.«
    »Warum? Finden Sie mich so unangenehm?«
    »Nicht Sie, Onkel, die. Mir wird speiübel, wenn ich nur daran denke. Ich weiß nicht, wie Sie das aushalten. Möchten Sie vielleicht ein Schälchen Tee?«
    »Ja, danke, gern.«
    Als die Tür ins Schloss gefallen war, ärgerte er sich, weil er mit der Frau geflirtet hatte. Für einen Mann in seinem Alter gehörte sich das nicht. Er wusste, dass er ein harmloser alter Knacker war, aber dem Mädchen hatte er vermutlich einen Schrecken eingejagt.
    Er widmete sich wieder seinen Leichen. Als er die ersten Schnitte setzte, hatte er das Gefühl, gegarte Wurzeln aus einem Erdofen zu holen. Die Hitze hatte alles gründlich weich gekocht. Der Grad der Beckenneigung und das schmale Kreuzbein bestätigten, dass es sich um Männer handelte. Aus der Länge der Oberschenkelknochen schloss er, dass sie von relativ geringem Wuchs waren, also eher Asiaten als Weiße.
    Mit einem Meißel stemmte er die Kiefer auf. Die oberen Schneidezähne waren schaufelförmig gewölbt, was dafür sprach, dass die Männer aus der Mongolei kamen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die beiden bedauernswerten Herren Asiaten waren, lag bei über achtzig Prozent. Entweder
Asiaten oder Finnen. Genauer ließ sich ihre Nationalität unmöglich bestimmen. Sie hatten weder aufwändig im Ausland regulierte Zähne, noch trugen sie Ringe oder Ketten, und sprechen konnten sie auch nicht: jedenfalls noch nicht.
    Während er bis zu den Ellbogen in einem Unterbauch steckte, kam sein Tee. Er wurde wortlos auf einem Stuhl in die angelehnte Tür geschoben. Siri wollte eben eine Teepause einlegen, als sein Skalpell auf Metall stieß. Eigentlich hatte er das Alter der beiden Männer anhand der Abnutzung der Beckenknochen schätzen wollen, und zwar mit Hilfe eines Spickzettels, der hinten in seinem Notizbuch steckte. Aber die Kugel erwies sich als weitaus interessanter.
    Sie klemmte unter dem Schambeinkamm. Ihre Flugbahn zu berechnen war eine ebenso heikle wie komplizierte Angelegenheit. Die von der Kugel verursachte Verletzung wurde durch die Muskelkontraktion kaschiert. Doch als er sich langsam vortastete, stieß er erst auf eine zweite, dann, im Anus, auf eine dritte Kugel. Die Geschosse waren mit ziemlicher Sicherheit von unten in den Körper eingedrungen.
    Von dieser Entdeckung beflügelt, untersuchte er die andere Leiche – und fand prompt zwei weitere Kugeln. Sie saßen etwas höher, knapp unterhalb des Rippenbogens, doch auch sie waren von unten eingedrungen. Leider ergab sich aus der Vielzahl von Indizien kein geschlossenes Bild.
    Er setzte sich auf den Stuhl an der Tür und trank seinen Tee. Die Leichen ruhten wie ein zerlegter Modellbausatz auf dem Betonblock und starrten ihn an. Von Genosse Houey konnten die beiden kaum mit einem ordentlichen Begräbnis rechnen. Trotzdem wollte Siri sie zusammenflicken,
ihnen ihre Würde zurückgeben. Er hatte die dunkle Ahnung, dass sie wiederkehren würden.
    Als er sein Werk vollendet hatte, war es bereits früher Nachmittag. Hinter ihm lag ein langer Tag, und er war zu Tode erschöpft. Er steckte den Kopf aus der Tür. Das entzückende Fräulein Latsamy saß im Vorraum und bestickte den Saum eines traditionellen laotischen Rocks. Sie war sehr geschickt, und Siri hatte das Gefühl, dass sie eine hervorragende Chirurgin abgegeben hätte – solange sie sich keine Leichen ansehen musste.
    »Fräulein Latsamy.« Er trat zu ihr. »Ich möchte Sie um drei Gefälligkeiten bitten.«
    »Ich soll Ihnen jeden Wunsch erfüllen«, sagte sie und errötete, als sie die Zweideutigkeit ihrer Aussage bemerkte.
    »Gut. Erstens möchte ich, dass Sie einen politisch möglichst neutralen Tempel in Luang

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