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Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth

Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth

Titel: Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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möchte mir die Absturzstelle ansehen. Ich komme vom Justizministerium in Vientiane.«
    »Oh.«

    Siri zückte das Empfehlungsschreiben, das ihm als Ausweis diente. Der junge Mann starrte angestrengt auf den Briefkopf, und der Doktor fragte sich, ob er des Lesens überhaupt mächtig war.
    »Mir hat niemand etwas gesagt.«
    »Genosse Houey schickt mich.«
    »Oh.«
    Siri schob den Brief wieder in seine Umhängetasche und ging an dem Wächter vorbei, als sei alles in bester Ordnung. Er nickte dem jungen Mann freundlich zu und stieg die Treppe zu der auf einem flachen Hügel gelegenen Tempelanlage hinauf. Oben angekommen, fand er sich in einem ungepflasterten, von ausladenden alten Pagodenbäumen beschatteten Hof wieder, um den sich die malerischen, leicht heruntergekommenen Tempelgebäude gruppierten. Nirgends war ein Mönch zu sehen. Ein Teil des Geländes war mit blauer, an Bambuspfosten befestigter Plastikfolie abgesperrt. Als er die Plane anhob und hindurchtrat, bot sich ihm ein erstaunlicher Anblick.
    Auf der einen Seite zog sich eine Spur aus rußgeschwärzten Trümmern quer über den Hof bis zu dem verformten, ausgebrannten Wrack des Hubschraubers. Auf der anderen wurde einem großen alten Elefanten eine dicke, zwölf Meter lange Kette umgelegt. Das rostige Metallband schlang sich zweimal um den Sockel einer stark beschädigten schwarzen Stupa, die ähnlich schwere Schlagseite hatte wie der schiefe Turm von Pisa.
    Zwei Mahuts befestigten die Ketten an den Flanken des Elefanten. Ein Mann im hauchdünnen weißen Hemd zeigte mit ausgestrecktem Arm, wohin die Stupa fallen sollte. Hinter ihm standen zwei weitere bewaffnete Wächter. Siri ging zielstrebig auf den Mann zu und lächelte.

    »Ist sie beim Absturz beschädigt worden?«
    Der Angesprochene drehte sich um, schien sich jedoch nicht im Mindesten über Siris Anblick zu wundern. Sie gaben sich die Hand, und der Mann im weißen Hemd wies mit einem Nicken auf die wankende Ruine.
    »Der Hubschrauber hat sie offenbar gestreift, als er herunterkam. Kommen Sie von der Stadtverwaltung?«
    »Nein. Ich bin Leichenbeschauer. Ich habe die Piloten untersucht. Sie sind wohl nicht von hier?«
    »Der Buddhistische Sangha-Rat hat mich geschickt. Ich bin heute Morgen mit dem Bus gekommen. Ich soll den Abriss dieser Stupa überwachen. So ist das viel zu gefährlich. Wir wollen schließlich nicht, dass sie einem Kind auf den Kopf fällt, nicht wahr? Sämtliche Änderungen an Tempelbauten, ob sie nun von uns geplant oder auf Buddhas Wirken zurückzuführen sind, müssen vom Rat genehmigt werden.«
    Es war eine dieser unnötig langen Antworten, wie man sie gewöhnlich von Menschen bekommt, die ihr schlechtes Gewissen quält.
    »Ziemlich viel Wachpersonal für eine so kleine Stupa.«
    »Nun ja, das liegt an – wie soll ich sagen? Einerseits ist solch ein Eingriff natürlich ein heiliger Akt, andererseits besteht die Gefahr von Plünderungen.«
    »Ziegel?«
    »Um Gottes willen, nein. Viele dieser sehr alten Stupas, insbesondere hier im Norden, bergen bedeutende...« – er senkte die Stimme – »... Schätze. Wie Sie wissen, versuchen die Sklaven des Kapitalismus ihr Ansehen nicht selten dadurch zu erhöhen, dass sie den Tempeln reichlich Gold und Juwelen schenken. Früher haben die Äbte ihre Schätze zum Schutz vor feindlichen Heeren in der Stupa eingemauert.«

    »Ah, verstehe.«
    Als alter Zyniker fragte Siri sich unwillkürlich, ob der Buddhistische Rat wohl ebenso tatkräftig eingeschritten wäre, wenn der Hubschrauber nur ein Tempeldach oder eine Mauer eingerissen hätte. Doch er wollte dem Mann nichts Böses unterstellen.
    »Gutes Gelingen.«
    Er ging zu dem abgestürzten Helikopter und stocherte mit einer kurzen Eisenstange in der Asche. Das Feuer war so heiß gewesen, dass es die Windschutzscheibe und Teile des Rumpfes zum Schmelzen gebracht hatte. Von den Sitzen war nichts weiter übrig geblieben als die verkohlten Stümpfe der Sprungfedern.
    Wie er erwartet hatte, gab es hier nichts Neues zu entdecken. Er fand den geschmolzenen Verschluss eines Sicherheitsgurtes sowie über die gesamte Absturzstelle verstreute Blechsplitter, die offenbar von explodierenden Benzinkanistern stammten. Alles bestätigte die Befunde der Obduktion. Er wollte sich lediglich seines Scharfsinns vergewissern. Recht zu haben ist mitunter überaus befriedigend.
    Zu seinem Erstaunen war der Hubschrauber nicht gepanzert. Im Rumpf befanden sich mehrere Einschusslöcher, und es handelte sich auch nicht

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