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Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth

Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth

Titel: Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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klang himmlisch. Das Gehör ist der zäheste unserer fünf Sinne und versagt dem Sterbenden als Letzter seinen Dienst.
    Er spürte, wie sich seine Pupillen weiteten und die Wärme aus seinem Körper wich. In einer Stunde würde die Totenstarre einsetzen. Nichts regte sich mehr, und ihn überkam die Ruhe eines Menschen, der spürt, dass Zellen und Gewebe langsam, aber sicher absterben, ein Vorgang, der sich über Wochen hinziehen kann. Seine prickelnde Haut würde dem Tod am längsten trotzen.
    Binnen weniger Minuten würden die Nerven, die die Hirnrinde versorgten, die Funktion einstellen, und die kläglichen Reste seines Geistes würden seine sterbliche Hülle verlassen und sie ein letztes Mal von außen betrachten. Danach war er so nutzlos wie eine Plastiktüte, die den Mekong hinuntertrieb.
    Er blickte hinauf in das goldene Licht, das vom Himmel auf ihn herniederstrahlte, und hinter dem Licht sah er das Lächeln Buddhas. Seufzend begab er sich in seine Hände. Er war erleichtert. Er verspürte keine Bitterkeit. Er hatte das Leben gründlich satt. Er war nicht deprimiert, bloß gelangweilt. Als ob er das Buch des Lebens gelesen hätte und das Ende bereits kennen würde. Es gab nichts mehr zu lernen. Er ließ seinen Körper zurück und trat vor seinen Schöpfer.
    Da stellte sich heraus, dass im Großen Plan ein oder zwei Seiten fehlten. Buddha schüttelte den Kopf, als wolle er Siri doch nicht zu sich nehmen. Dann verzerrte sich sein Antlitz
und kreißte eine Truhe. Schlängelnd kroch sie auf Siris schwerelose Seele zu und rülpste dem toten Doktor einen Schwall feuchtwarmen Atems ins Gesicht, der nach ranzigen Erdnüssen stank.

12
    DER LIEBESTOLLE RUSSE
    Dtui stand in ihrer frisch gestärkten weißen Tracht, die in der Sonne leuchtete, vor dem Tor von Silver City. Wobei es sich nicht etwa um eine Stadt – geschweige denn eine aus Silber – handelte, sondern um einen abgeriegelten Komplex zwei Minuten Fußweg vom neuen Denkmal für den unbekannten Soldaten. Angeblich koordinierte der KGB von hier aus seine Spionagetätigkeit. Manche hielten den Stützpunkt für die südostasiatische Antwort der Russen auf die amerikanische Spionagefabrik in Bangkok. Doch kaum jemand hatte ihn betreten und konnte sagen, welche Schrecken seine Mauern sonst noch bargen.
    Kurioserweise hatte der amerikanische Secret Service vor dem Abzug ebenfalls aus diesen unheiligen Hallen operiert. Böse Zungen behaupteten, der Name »Silver« stamme von dem seidigen Glanz des veredelten Opiums, mit dem die Truppen in Vietnam beliefert worden waren.
    Dtui suchte das hohe, grün gestrichene Tor und die Mauern links und rechts nach einer Klingel ab. Ohne Erfolg. Da die Farbe mit einer dicken Schmutzschicht überzogen war, trat sie gegen das Metall. Es donnerte so laut, dass sie vor Schreck zusammenzuckte. Nach quälenden Sekunden der
Stille fragte eine leise Stimme: »Wer ist da, und was wollen Sie?«
    »Ich bin Schwester Chundee Chantavongheuan.«
    Das war der Name, auf den ihre Eltern sie getauft hatten, auch wenn sie ihn nur selten benutzte. In Laos war es Brauch, Babys bei der Geburt hässliche Kosenamen zu geben, um Kinder fressende Geister abzuwehren. Es gab Schweinchen, Krabben und Kamele und jede Menge Dtuis – Dickerchen. Während viele Dtuis zu schlanken, schönen Menschen heranwuchsen, machte Chundee Chantavongheuan ihrem Spitznamen alle Ehre. »Ich möchte zu Herrn Ivanic. Er erwartet mich.«
    Hoch droben öffnete sich ein kleines quadratisches Guckloch, und ein Mann blickte zu ihr herab. Er war entweder sehr groß oder stand auf einem Stuhl. Sie streckte ihm die Papiere entgegen, die sie von Civilai bekommen hatte.
    »Gut.«
    Der Mann schloss auf und öffnete das Tor gerade so weit, dass sie hindurchschlüpfen konnte. Drinnen stand eine zweite Wache mit einem nagelneuen AK-47. Der Schaft war noch mit Plastikfolie umwickelt. Der erste Wachmann war nicht groß. Er stand auf einer Stufenleiter.
    Dtui befand sich zwischen zwei Toren, in einer Art Sicherheitsschleuse. Bevor die Wachen das zweite Tor aufschließen konnten, mussten sie das Erste verriegeln und diverse Vorkehrungen treffen. Der kleinere Wachmann streckte die Arme aus, um die dicke Krankenschwester zu filzen, doch die wich entsetzt zurück.
    »Ohne mich.«
    »Aber ich muss Sie durchsuchen.«
    »Nur über meine Leiche. Schauen Sie meinetwegen in die Tasche.«

    Er schaute in die Tasche und fand die Agar-Agar-Abgüsse.
    »Was ist denn das?«
    »Streng geheim.«
    »Aha. Na

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