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Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)

Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)

Titel: Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz C. Frey
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Erde wühlte. Sie hatte gehofft, bis zum Schluss und entgegen jeder Vernunft, dass er plötzlich auftauchen und sie in seine Arme schließen würde. Dass er da sein würde, wenigstens in diesem dunkelsten Moment ihres jungen Lebens.
    Aber er war nicht gekommen.

Geschenke
     
     
    M an konnte es fast einen Zufall nennen, dass Peter Singer seine Ex-Frau vor ihrem Tod überhaupt noch einmal zu Gesicht bekommen hatte. Das war am Tag seiner Abreise nach Peru gewesen – ein Tag, auf den zufällig auch Antonias achtzehnter Geburtstag fiel.
    Als Singer vor dem kleinen Häuschen mit dem windschiefen Gartentor stand, hatte er einen Impuls verspürt, umzukehren und auf der Stelle zurück zum Flughafen zu fahren. Die kleinen Fläschchen, die in der ersten Klasse angeboten wurden, selbstverständlich als Inklusivservice, waren ihm plötzlich sehr verlockend vorgekommen.
    Stattdessen hatte er die wackligen Steinstufen aus vor sich hin bröckelndem Porenbeton erklommen und auf den braunen Plastikknopf der Klingel gedrückt. Anna war nach geraumer Zeit an der Tür erschienen und hatte ihn wortlos eingelassen. Mit abwesendem Lächeln hatte sie ständig tonlose Silben gemurmelt und sich nach einem kurzen, etwas irritiert wirkenden Blick auf ihn wieder in den Garten hinter dem Häuschen zurückgezogen.
    Er war die alte Holztreppe zum Gästezimmer hinaufgestiegen und hatte Antonia das kleine Paket mit dem breiten, roten Geschenkband überreicht. Sein Geburtstagsgeschenk, ein kleiner, brauner Plüsch-Orang-Utan, stammte aus dem Souvenirshop des Hotels. Er hatte ihn zuerst mit einem, dann zwei Hundert-Euro-Scheinen ausgestattet. Je eine Rolle unter den gebogenen Armen des tapferen kleinen Affen. Er hatte ursprünglich vorgehabt, ihr die zweihundert Euro zusätzlich zum Unterhalt zu überweisen oder vielleicht in einem Umschlag zu schicken. Mit einer netten Karte. Und er hatte selbstverständlich auch vorgehabt, sie anzurufen, vom Terminal des Flughafens aus.
    Die Arbeit, Schatz, du weißt ja. Mach dir eine schöne Feier, bla bla bla …
    Dieses Vorgehen hätte den Vorteil gehabt, dass er nicht zu dem kleinen Haus am Hamburger Stadtrand hätte fahren müssen. Zu dem kleinen Haus, welches inzwischen ein verfallenes kleines Haus war, so verfallen wie seine einzige Bewohnerin. Antonia dagegen verbrachte ihren achtzehnten Geburtstag offenbar freiwillig in diesem Haus und bei ihrer Mutter, die auf einem dünnen Drahtseil über einem tiefschwarzen Abgrund tanzte und dabei gar muntere Kapriolen schlug.
    Er hatte die Tüte mit dem kleinen Plüschaffen auf den Beifahrersitz des Audi gesetzt und war hinaus nach Harburg gefahren. Ein Plüschäffchen? Gott, Antonia war achtzehn geworden und nicht acht!
    Als er das kleine Zimmer betrat, saß seine Tochter auf ihrem alten, mittlerweile etwas zu kleinen Holzstuhl – eins von diesen unverwüstlichen Dingern, die von irgendeinem abgewirtschafteten Schulausstatter zu stammen scheinen, der Pleite gemacht hat, weil der Besitzer der vorsätzlichen Folterung von Schülern angeklagt und für schuldig befunden worden ist. Ihr blondes Haar hatte sie durch ein ausgeleiertes knallrotes Haargummi aus Frottee zu einem Pferdeschwanz gebunden. In ihrem blassblauen Pauli-T-Shirt wirkte sie kindlicher denn je. Der kleine Maulwurf stand stolz mit einem kleinen Spaten auf dem Gipfel seines Maulwurfhügels, daneben all seine Freunde. Anna hatte ihr das Shirt vor Jahren gekauft.
    Antonia hatte die schmucke kleine Tüte mit dem eleganten blauen Geschenkband mit einem vorsichtigen Lächeln entgegengenommen, sich artig bedankt und sie ungeöffnet auf die Frisierkommode gestellt. Auf der Kommode thronte ein Ungetüm von einem Spiegel. Ein Spiegel, wie ihn Teenager seit Anbeginn der Zeit mit unzähligen Schnappschüssen von Freunden und Lieblingshaustieren zu bekleben pflegen, bis nur noch winzige Stückchen der Spiegelfläche frei für ihre eigentliche Verwendung sind. Antonias Spiegel hingegen erinnerte in seiner glatt polierten Leere auf gespenstische Weise an den Blick, den ihm ihre Mutter vor ein paar Minuten an der Tür geschenkt hatte.
    Ein einzelnes Foto klebte am Rand dieses Spiegels, es zeigte sie drei während eines Zoobesuchs vor vielen Jahren. Anna, Antonia und er. Ein kleines Äffchen saß auf seiner Schulter und langte neugierig nach dem Eis in Antonias Hand. Das kleine Mädchen mit der verschmierten Schnute (es fehlten die beiden oberen vorderen Schneidezähne in dem entzückenden Kinderlachen – stolz wie

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