Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
Anfang an ihr Zweck gewesen. Und Er würde ihr Schicksal erfüllen.
Und doch wohnt dem Kreuz noch eine gewisse Macht inne, das spürte Singer deutlich, und für den Moment war es die Schwelle, die der Draakk und seine Horde nicht übertreten konnten. Noch nicht. Das Symbol war stark, hier in der kleinen Kirche in dem abgelegenen Dorf in den Schweizer Alpen. Denn noch gab es jene, die sich der alten Lehre entsannen. Jene, die Barmherzigkeit der Gier vorzogen und das Geben dem Nehmen.
Einige wenige, aber sie genügten, der Macht des Draakk Einhalt zu gebieten. Für den Moment.
Dann sieht Singer das Blut. Blut ist der Schlüssel, Blut dass im Namen des Kreuzes vergossen worden ist, seit die Menschen vor zweitausend Jahren ihren Gott darauf geopfert hatten.
Und sie hatten ihm Millionen Seelen in den Tod hinterhergeschickt, gute Seelen, hingeschlachtet im Namen des Lichts. Das Kreuz war in Blut gewaschen worden und diese blasphemische Perversion hatte den Draakk gestärkt und ihm maßloses Vergnügen bereitet.
Es ist wiederum Blut, und diesmal spritzt es auf das Kreuz und färbt dessen weißen Anstrich tiefrot.
Schwärze legt sich über Singers Gedanken und Singer verzweifelt. Dann bricht seine Vision unvermittelt ab.
Irgendwann ließ der Draakk seinen Geist einfach los und wandte sich anderen Dingen zu. Mit einem Schlag hatte Singer wieder seinen mehr oder weniger gewohnten Blick auf die Welt, und doch einen völlig anderen. Sein Leben, ja das gesamte Dasein, kam ihm schal vor, leer und sinnlos. Unbedeutend. Dies, so begriff er, war einer der Momente, in denen ein Heroin-Junkie zur nächsten Dosis greift. Greifen muss, weil er die Belanglosigkeit des fragilen Gebildes namens Realität begreift und sie keine Sekunde länger ertragen kann. Aber Singer hatte keine Drogen.
Er brach in die Knie und kippte zur Seite, fiel auf den gefliesten Boden, streckte seine Hand nach einem Halt aus. Nach irgend etwas, das ihm die Schwärze nehmen würde.
Aber da war nichts.
Irgendwann spürte Singer ihre Arme, die unter seine Achseln fuhren und ihn hochzerrten. Sein Blick, verwaschen und wie hinter einem Schleier, streifte ein Gesicht, und er sah in große, dunkle Augen. Augen, die ein Spiegel seiner eigenen Verzweiflung waren und doch …
Hoffnung entzündete sich wie ein winziger Funke in einer längst erloschenen Glut, als er in das Gesicht seiner Tochter blickte. Und ein kleines bisschen Wärme kam zurück in die Welt und die Schwärze riss an den Rändern ein. Aber sie würde niemals völlig verschwinden. Nicht nach dem, was Singer gesehen hatte.
Antonia.
Singer wusste nun, was zu tun war.
Bestimmung
S inger richtete sich langsam auf, während er vollends zu sich kam. Er warf einen Blick hinüber zu Martin, dann zu Lena und ihrem Bruder Christian. Bleich – sie alle – zitternd und unsicher, Tränen auf ihren Wangen. Ja, sie hatten es offensichtlich auch gespürt. Der Draakk war in ihre Köpfe eingedrungen und hatte ihnen dieselbe trostlose Welt gezeigt, jedem von ihnen in der Färbung ihrer ganz individuellen Urängste und verborgenen Wünsche. Der Effekt, den diese Bilder auf sie hatten, war jedoch bei allen derselbe; wer sie sah, wollte dieser Trostlosigkeit und dem tristen Kampf ums Überleben entfliehen und aufgeben.
Wer diese Bilder sah, wollte sich der übermächtigen Kraft des Draakk ergeben, einzig getrieben von grausamer Zerstörungswut gegen alles, das lebte – alles, das gut war, wollte vergessen. Wollte aufhören, zu denken und sich den eigenen Urtrieben hingeben, für immer.
Und der Draakk hatte ihnen lediglich einen kleinen Vorgeschmack gegeben, den Saft nur ein kleines bisschen aufgedreht. Nicht weiter aufdrehen können , wegen des Kreuzes, das begriff Singer nun. Gut.
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