Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
Christian stützte seine Schwester und lächelte Singer tapfer an. Martin und Antonia standen eng umschlungen neben ihnen. Ja, dachte Singer, es war einen Versuch wert.
Es wurde Zeit für den nächsten Schritt.
»Was ist das da draußen?«, fragte Lena flüsternd. Ihre Augen waren groß und dunkel in ihrem kalkweißen Gesicht, was sie mehr denn je zerbrechlich und schutzlos wirken ließ, fast wie ein kleines Porzellanpüppchen, das zerspringen würde, wenn man es in einem Moment der Unachtsamkeit auf den Boden fallen ließ. Fragend sah sie ihn an. Singer hätte ihr gern versichert, dass das da draußen lediglich ein missglücktes Forschungsexperiment sei, von ein paar übermotivierten Wissenschaftlern im Größenwahn erschaffen und auf die Welt losgelassen. Bald würde die Artillerie eintreffen und dem Albtraum ein Ende bereiten. Sie alle würden gerettet werden. Krankenwagen würden kommen und sie würden, in dicke Wolldecken eingemummelt, auf der Ladeklappe eines Armeejeeps sitzen, heißen Tee schlürfen und am Ende des Tages würde man sagen, dass die Sache doch noch einmal glimpflich ausgegangen war. Abspann. Alles, was sie dafür tun mussten, war, ein wenig länger in der Kirche auszuhalten.
Aber das alles war natürlich ausgemachter Bockmist. Nichts davon würde passieren.
Also sagte er gar nichts und starrte weiter konzentriert aus dem Fenster. Nach einer Weile schaute Lena weg. Ihre Hände tief in den Taschen ihres Anoraks vergraben, stand sie mitten in dem hell erleuchteten Kirchenschiff – ein letztes einsames Licht inmitten einer alles überlagernden Finsternis, und auch dieses würde bald verlöschen. Ihr Bruder hatte seinen unverletzten Arm um sie gelegt und lächelte dünn.
Dann sagte sie, diesmal zu Martin gewandt, noch immer flüsternd: „Du hast vorhin gesagt, wir müssen hier raus, ja?«
Martin drehte sich zu ihr um und nickte stumm. Ja, darauf lief es im Wesentlichen hinaus, nicht wahr? Sie mussten hier schleunigst verschwinden. Die Frage war nur, wie sie das unbemerkt von dem Wesen und dessen kleiner Zombie-Armee dort draußen anstellen sollten.
Einen zweiten Ausgang schien die kleine Kirche nicht zu besitzen, und falls doch, standen sicher noch mehr der Dorfbewohner davor. Sie konnten dem da draußen nicht entkommen.
»Wir könnten was versuchen, aber ich weiß nicht, ob das funktioniert«, schlug Lena vor.
Als er das hörte, machte etwas in Singer Klick! – darauf hatte er gewartet. Und was das Mädchen vorschlagen würde, würde ihm die Zeit geben, die er benötigte, um die Dinge in Gang zu bringen. Er wusste nicht, wieso er sicher war, dass der Plan des Mädchens funktioneiren würde. Vielleicht war es Intuition. Vielleicht war es auch einfach nur der einzige Plan, den sie hatten.
Er lächelte Lena aufmunternd zu. Nur weiter, ich höre! Selbstverständlich war auch ihm bewusst, dass sie nicht die Spur einer Chance hatten, den Dingen da draußen zu entkommen, selbst wenn sie es tatsächlich irgendwie aus der Kirche schaffen sollten. Die da draußen waren schnell und mittlerweile auch gewitzt, zumindest die Wissenschaftler-Wesen. Aber auch das war im Moment nicht wichtig. Darüber würden sie nachdenken, wenn es soweit war.
Lena fuhr fort: »Es gibt hinten im Chorraum, wo die Umhänge für die Messdiener aufbewahrt werden, einen kleinen Abstellraum mit einem Schrank. Aber der ist gar kein richtiger Schrank. Ich habe früher oft da gespielt, während der Papa …«
Das Mädchen stockte und ihre Augen wurden trübe, als sie an ihren Vater dachte und das Schicksal, das diesen unzweifelhaft ereilt hatte. Jenes, weshalb die Erwachsenen sie nicht auf den Platz vor der Kirche blicken ließen.
Sie schluckte, und begann erneut. „Einmal habe ich da eine Klappe entdeckt. Der Schrank
Weitere Kostenlose Bücher