Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
Gänze aufgeklärt und nach dem Anblick der Dorfkirche, beziehungsweise dem, was davon übrig war, verspürte auch niemand ein gesteigertes Bedürfnis, der Sache weiter auf den Grund zu gehen. Die offizielle Version lautete irgendwann, die Druckwelle der explodierenden Kirche sei dafür verantwortlich gewesen. Seismische Resonanzen oder irgend etwas in der Art. Die Geschichte schaffte es nicht einmal bis in die Einsiedelner Lokalnachrichten, nachdem der Chefredakteur ein anderthalbstündiges Gespräch mit dem zuständigen Polizeikommissar geführt hatte. Sie verließ also nie das Muotatal und auch dort gab man sich alle Mühe, zu vergessen, dass ein Dörfchen namens Igstein jemals existiert hatte. Das ehemals so idyllische Bergdorf, welches die Endstation der Bergstraße in das Muotatal bildete, hatte sich in dieser Nacht für immer in eine Geisterstadt verwandelt.
Zähl leis' bis zehn
E ine schmutzverkrustete, zitternde Hand tastete sich am Rand des Felslochs nach oben, zog sich langsam, Stück für Stück ins Freie. Eine zerrissene Gestalt in einem zerfetzten Anzug, der einmal sehr teuer gewesen sein musste, stemmte sich unter Aufbietung aller Kräfte aus dem Erdloch und stolperte schließlich auf unsicheren Beinen zu einem der schwarzen Militär-Geländewagen. Mit bebenden Fingern öffnete die Gestalt die Tür, rutschte auf den Sitz und startete die Zündung. Der Wagen begann sich daraufhin langsam in Bewegung zu setzen. Er fand nach einigem Suchen den Rückwärtsgang, wendete und begann schließlich die Serpentinen herabzurollen. Sein Mund formte die tonlosen Silben eines Countdowns, der bei fünfhundert gestartet war. Jetzt war er bei vierhundert angekommen.
Bei dreihundert konnte er die Gletscherspitze immer noch im Rückspiegel sehen. Zweihundertneunundneunzig. Zweihundertachtundneunzig …
Als er zweihundert erreichte, war er den Berg schon ein ganzes Stück hinabgefahren. Bei einhundert passierte er das Schild mit den abblätternden blauen Folienbuchstaben und dem grinsenden, kleinen Bauarbeiter.
Unter der Vibration des starken Motors spürte er das Zittern kaum, das durch den Berg ging, als er die Null seines Countdowns und gleichzeitig die Hauptstraße erreichte. Die dicken Reifen des Armee-Jeeps kämpften sich durch den Schnee und er beschleunigte den Wagen in Richtung Einsiedeln, das er noch erreichte, bevor die ersten Wagen der Feuerwehr und der Bergwacht in Richtung Igstein ausrückten.
In eine ungewisse Zukunft
»E s ist tot.«
»Bist du sicher?«
»Nein … nein, das bin ich nicht. Aber …«
»Aber wir haben nur diese Hoffnung.«
»Ja, wir haben nur diese Hoffnung.«
Für einen flüchtigen Moment dachte er: Was, wenn es mehrere davon gibt? Was, wenn es sich fortpflanzen kann?«
Er verdrängte den Gedanken und sagte stattdessen:
»Ich liebe dich.«
»Ich liebe dich auch.«
Antonia kuschelte sich an ihn und ihre Hände umklammerten das kleine Plüschäffchen, das ihr Vater ihr zum achtzehnten Geburtstag geschenkt hatte und sie schaute blicklos auf die vorbeiziehende, nächtliche Winterlandschaft. Obwohl Martin die Heizung bereits auf Vollbetrieb laufen ließ, gelang es ihr nicht wirklich, die Kälte aus ihren Gliedern zu vertreiben. Schließlich klappte sie den Laptop zu, mit dessen Hilfe sie soeben die letzte E-Mail mit den Überwachungsvideos aus dem Sachsenwald auf ihre Reise um den Erdball geschickt hatte. Sie verstaute das Gerät in ihrem Rucksack auf der Rückbank und als sie die Hand von dort zurückzog, berührte sie etwas Weiches, Flauschiges. Sie drehte sich ein wenig weiter herum und begann, das weiche Fell des alten Bernhardiners zu streicheln, der dort lag. Sie
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