Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
Handy zu schreien: »Sicherheitsdienst, Sich…«
Weiter kam er nicht, weil seine Nase überraschend mit Singers rechter Geraden Bekanntschaft machte. Es war eine kurze, aber ausgesprochen leidenschaftliche Affäre, bei der Murnauers Riechorgan den Kürzeren zog. Ein kräftig stechender Schmerz raste durch sein Gesicht – im nächsten Moment sprudelte das Blut aus seinen Nasenlöchern und er ging zu Boden. Während er langsam an der Wand nach unten glitt, hatte Singer bereits auf dem Absatz kehrtgemacht und war kurz darauf in einem der vielen Gänge des Institutsgebäudes verschwunden.
Die Tatsache, dass es Singer schaffte, aus dem Gebäude zu gelangen, bevor der eilends mobilisierte Sicherheitsdienst ihn aufgreifen konnten, hatte einerseits damit zu tun, dass er sich bestens im Institut auskannte und andererseits damit, dass er schnell rennen konnte. Vor allem aber hatte er eine gewisse Übung darin, sich unbemerkt aus dem Institut zu schleichen. Er hatte es schon früher einige Male getan, nach nächtlichen Überstunden, um den alten Nachtwächter unten in der Empfangshalle nicht wecken zu müssen. Er hatte dazu meist das Toilettenfenster im ersten Stock benutzt. Diese Übung kam ihm nun eindeutig zugute, während er sich behände, wenn auch wenig elegant, aus dem Fenster der Damentoilette in das Geäst eines nahestehenden Baumes hinüberschwang. Er kletterte dessen Stamm hinab und rannte anschließend durch die Hofeinfahrt aus dem Gebäude – Sekunden, bevor das automatische Tor sich vollständig schloss und damit das Institutsgebäude hermetisch abriegelte.
Er rannte, bis er sich außer Sichtweite von Murnauers Sicherheitsleuten wähnte und schlug dann unvermittelt ein gemächliches Tempo an. Er begab sich in das Gedränge einer Fußgängerzone und ließ sich zur Stadtmitte hin treiben.
Er war nach wie vor völlig mittellos, ein Mehr-als-drei-Tage-Bart wucherte stoppelig auf seinem übermüdeten Gesicht und er war in etwa angezogen wie ein Obdachloser, der gerade seine einzigen Klamotten aus dem Waschsalon geholt hatte. Und es gab nur einen einzigen Menschen in dieser Stadt, an den er sich jetzt wenden konnte.
Das Dumme war nur, dass Murnauer das ebenfalls wusste.
Auf der Flucht
V on hier aus lag die Uni ziemlich weit im Süden. Deutlich zu weit für einen Fußmarsch, wenn er es irgendwie schaffen wollte, vor Murnauers Leuten bei Antonia zu sein. Wenn sie ihn nicht kriegen konnten, würden sie seine Tochter benutzen, um ihn zu schnappen. Singer wusste nicht, wie lange es dauern würde, bis Murnauer auf diesen naheliegenden Gedanken kam.
Vermutlich nicht besonders lange.
Zunächst einmal musste er Antonia jedoch ans Telefon bekommen. Und dann irgendwie dafür sorgen, dass sie nicht sofort auflegte, wenn sie seine Stimme erkannte. Beides keine leichten Aufgaben.
Unterdessen hatten ihn seine Füße zum Volkspark getragen. Noch immer etliche Kilometer vom Wohnheim der Uni entfernt, gab es hier immerhin eine S-Bahn-Station und eine Telefonzelle.
Er stellte sich in die Nähe der Parkbänke, wo der Strom der vorbeihastenden Menschen am dichtesten war. Dann begann er damit, die Passanten nach Kleingeld zu fragen. Dabei stellte er sich ziemlich ungeschickt an; immer wenn er auf einen von ihnen zutrat, schien der von Weitem zu ahnen, was Singer von ihm wollte und wandte schnell den Blick ab. Die meisten schlugen schon von fern einen großen Bogen um ihn. Kein allzu angenehmes Gefühl. Wenn doch einmal jemand seinen Blick erwiderte, begann Singer sofort damit, seine Geschichte zu erzählen – dass er gerade aus dem Krankenhaus entlassen worden sei und daher kein Geld besäße, schleunigst zu seiner Tochter
Weitere Kostenlose Bücher