Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
Sie auch gerade fragen, Murnauer«, sagte Singer und ließ langsam seine Hände sinken, da Gundula momentan keine Anstalten mehr machte, den unterbrochenen Kampf wieder aufzunehmen. Ihre Hände hielt sie allerdings weiterhin erhoben und wirkte damit wie ein Hündchen, das Männchen macht. Ein Zweihundert-Pfund-Hündchen allerdings.
»Kommen Sie, äh, kommen Sie in mein Büro.« Murnauer winkte Singer mit einer fahrigen Bewegung durch die Tür – er wirkte nun ernstlich verwirrt und durcheinander.
»Ist gut, Gundula, sorgen Sie bitte dafür, dass wir nicht gestört werden«, sagte Murnauer leise, ohne seinen Blick von Singer zu wenden.
»Natürlich, Herr Professor Doktor.«
Murnauer schloss seine Bürotür hinter ihnen. »Setzen Sie sich, Singer.«
Während sein Chef stumm auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch deutete und sich selbst setzte, erlangte er allmählich auch seine gewohnte Fassung wieder.
»Einen Scotch?«, fragte er Singer mit einer weitschweifigen Geste in Richtung der kleinen Minibar in der Ecke des Raumes und schob ihm ein dickwandiges Glas über den Tisch. Singer vermeinte ein leichtes Zittern seiner Hände zu bemerken. Sich selbst stellte er kein Glas hin.
»Also, was ist da im Sachsenwald passiert, Singer?«
»Schön, dass Sie fragen«, sagte der und starrte herausfordernd in die Augen seines Chefs. »So einiges. Wie viel wissen Sie denn? Oder, anders gefragt, wann genau haben Sie sich eigentlich aus dem Staub gemacht , Murnauer?«
»Hören Sie, ich kann ...«, setzte dieser erbost an, offenbar hatte die Provokation gesessen. Dann ließ er es plötzlich bleiben. Mit einer kraftlosen Geste sanken seine Hände auf die Tischplatte herab, als er sagte: »Die Pustel platzte unerwartet, und wir mussten sie alle einschläfern – äh, betäuben. Vorübergehend natürlich nur.«
»Und das haben Sie gleich zum Anlass genommen, vorsorglich zu verschwinden«, bemerkte Singer. »Nur für den Fall, dass Einschläfern nicht genügt, ja? Sehr heldenhaft!«
»Nein«, gab Murnauer matt zurück, »Ich hatte Bericht zu erstatten. Ich wollte heute Morgen wieder hinfahren. Aber irgendwann letzte Nacht ist die Verbindung zu der Anlage komplett ausgefallen. Plötzlich hatten wir nur noch schwarze Bildschirme, auf denen »Kein Kontakt« blinkte – also habe ich ein Spezialistenteam hingeschickt, um die Verbindung zu überprüfen.«
Also doch, dachte Singer, er hatte sich das Zittern der Hände seines Chefs nicht eingebildet. Der große Zampano war nervös. Sehr nervös. Und er hatte auch allen Grund dazu. »Soweit ich weiß, sind die immer noch damit beschäftigt, den Haupteingang aufzuschweißen. Die Anlage ist nämlich atomkriegsicher, wissen Sie«, belehrte er Singer und ließ dabei sogar so etwas wie Stolz durchschimmern. Ein Stolz, der Singer endgültig den Rest gab.
»Prima, Murnauer, ganz toll!«, entfuhr es ihm. »Und wissen Sie auch, was Ihre Scheiß-Anlage da unten noch ist?« Murnauer sah ihn fragend an. »Sie ist ein beschissenes Grab!« Nun schrie er fast. »Da unten sind alle tot, verdammt – und es ist ein Anblick, auf das nichts, aber auch gar nichts ihre verdammten Sturmtruppen vorbereiten kann, glauben Sie mir!«
Murnauers Augen quollen wie kleine glibberige Golfbälle aus ihren Höhlen. »Tot? Aber …« Er wirkte ehrlich überrascht – nein, nicht wirklich überrascht – Singer suchte für einen Moment nach dem passenden Wort – entsetzt. Ja, das passte besser. Entsetzt wie jemand, dessen schlimmster Albtraum gerade zur Tür hereinspaziert und dabei einen lustigen Karnevalshut auf dem Kopf trägt. Und fröhlich in eine von diesen dämlichen, bunten Tröten bläst. Sämtliche Farbe war aus Murnauers Gesicht gewichen, er sackte in dem braunen Leder seines
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