Drachenblut 1 - Kreuzungen | textBLOXX
fügte Jonass Mutter hinzu, »Aber, Gildofal, bist du nicht ein wenig klein für einen Wehrwolf? Die Nachbarn hatten gesagt, sie hätten ein rießiges Monster gesehen.«
Jonas grinste, was man bei seiner Hunderschnauze nicht richtig sehen konnte, und nahm seine volle Größe an: »Besser?«
»Beeindurckend!«, gestand seine Mutter und fuhr ihrem Sohn mit der Hand durchs Fell, »Und so flauschig!«
»Kraulst du deinem Sohn auch die Haare, wenn er gerade kein Wehrwolf ist?«, bemerkte Jonass Vater amüsiert.
»Mußt du gerad sagen! Wer hat denn die ganze Zeit seinen Kopf gekrault, als der Beamte da war?«, fragte Jonass Mutter zurück.
Jonas störte es nicht, dass seine Eltern ihn kraulten. Ganz im Gegenteil war es sehr angenehm, weil dieses Fell doch erstaunlich juckempfindlich war. Noch während seine Eltern sprachen ertappte sich Jonas dabei, wie er sich mit seiner Hinterpfote kratzte. Beide Elternteile sahen ihn erstaunt an.
»Ã„hm... Nun ja, er liegt am Fell... es juckt. Manchmal...«
»Wie sollten ihm ein Flohhalsband kaufen...«, frotzelte Jonass Mum.
»Mutter!«, schrie der Sohn entsetzt auf, »Ich bin kein Köter!«
»Nein, wirklich nicht«, meinte sein Vater nachdenklich, »Wir sollten uns glaube ich etwas anderes überlegen. Gildofal, deine Idee das Reservat zu verlassen gefällt mir immer besser. Ich will nicht, dass man dich vor Gericht stellt. Einem Gericht, dass sich schon vor Jahrzehnten jeder Legitimation beraubt hat. Dein angebliches Verbrechen ist eine Farce. Ein Elb kann heutzutage schwerlich mit einem gerechten Urteil rechnen können. Jedenfalls nicht, solange die Kurie überall ihre Finger drin hat. Mein Sohn, du solltest fliehen, und zwar noch heute!«
Schuldig
Lordrichter Sir Sebastopol Wax
»Flucht also? Intressant, wie schnell sich mein Leben geändert hat.«, überlegte Jonas, während er in seinem Zimmer die Sachen zusammen packte, die er für seine Flucht brauchte, »Eben noch ein mittelprächtiger Schüler und bald ein flüchtiger Verbrecher. Super!«
Fliehen - Nur wie? Seine Idee war bis zur nördlichen Reservatsgrenze am Schattengebrige zu laufen. Das Reservat selbst lag am nordöstlichen Rand des Reiches und war an seiner Spitze nur knapp 100 km von der Reichsgrenze entfernt. Da Jonas eine möglichst kurze Strecke durch das Reichsgebiet zurücklegen wollte, war der Weg zur Nordspitze die naheliegenste Wahl. Allerdings hatte die Sache einen Haken und dieser Haken heiß das Schattengebirge. Es war nicht nur sehr hoch, sondern auf seiner Westseite auch sehr steil. Die Pässe über das Gebrige verdienten es eigentlich nicht, so genannt zu werden. Einen positiven Aspekt gab es immerhin. Die Grenzanlagen des G2 Reiches waren hier am schwächsten. Man verließ sich auf die raue Natur. Wo man es an anderen Stellen mit starken Befestigungsanlagen, wie Energiegittern und Disruptornetzen, zu tun hatte, gab es am Gebirge nur ein Detektornetz und ein Notfallenergiegitter, dass aber selten eingeschaltet wurde.
Mit dem wachsenden Einfluß der unifizierten Technokratie auf das Königreich Goldor 2 zerfielen die alten Staatsbündnisse. Manche wurden offen aufgekündigt, wie mit den Neovikingern des Hohen Nordens, andere schliefen einfach langsam ein. Ein schleichender Prozeß der Entfremdung setzte ein. Ehemalige Verbündete wurden zu Fremden, denen man wenig oder einfach alles zutraute. Die Goldorianer waren zu einem ängstlichem Volk geworden, dass sich vor Überfällen und Anschlägen fürchtete.
Angst war noch nie ein guter Ratgeber, insbesondere, wenn sie gezielt geschürt wird. Natürlich stand die Kurie hinter alle dem. Ein Großteil ihrer Macht bestand darin, die verschiedenen Reiche sich gegeneinander mißtrauen zu lassen. So standen Kardinäle an der Seite von König Anthron, genauso wie an der Seite von Lord Gregor von Mundberg, dem Herrscher von Südland. Die Päpstin wusste, dass solange sich alle Herrscher untereinander belauerten, niemand ihr auf die Finger schaute. Ganz im Gegenteil, man hielt sie sogar für einen Garant des Friedens.
Da man nun einmal Angst vor seinem Nachbarn hatte, mutierten die Grenzen zwischen den Ländern, Reichen und Staaten zu gigantischen Festungsanlagen - tödlich und unüberwindlich. Der Grund, warum das Gebirge schwächer als die anderen Grenzen gesichert war, lag einerseits in seiner natürlichen Unüberwindlichkeit für Truppen und anderseits in der Tatsache, dass hinter dem Gebrige unbewohntes Ödland lag. Ein Angriff war somit
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