Drachenblut 2 - Linien | textBLOXX
Abteuerspielplatz. Die Ziele der Gilde, die Bekämpfung des Bösen, klang gut, geradzu beeindruckend. Es machte mich stolz, für ein derartig eheres Ziel zu arbeiten. Als mir dann Erogal erklärte, dass ich zum Gildemeister berufen wurde, kam das einem Ritterschlag gleich. Es war wie in einem Märchen aus alten Zeiten, einer Sage mit edlen, heroischen Kämpfern.
Doch es war kein Märchen. Es war auch keine Sage. Es passierte tatsächlich. Der Kampf gegen das Böse war keine gute Nachtgeschichte, die man Kindern am Kamin erzählte. Er war absolut konkret. Und jetzt hatte der Kampf mich erreicht.
»Hey, Kleiner, es ist gut.« Ich hörte diese Worte. Meine tränenverquollenen Augen und mein derangierter Gemütszustand verzögerten meine Wahrnehmungsfähigkeit. Suman hatte sich nicht nur neben mich auf mein Bett gesetzt, er hatte mich sogar in seine Arme genommen. Dieser mir eigentlich völlig unbekannte junge Mann zögerte nicht, mich zu trösten. Und ich ließ es geschehen. Nicht nur das, ich saugte seine Berührung sogar regelrecht auf. Seine Berührung, die Wärme seines Körpers, war überwältigend. Ich weiß nicht, was dieser Kontakt in mir auslöste, aber etwas löste sie aus. In mir keimte ein Gefühl auf, dass ich nicht kannte, geschweige denn beschreiben konnte.
»Du hast nicht gedacht, dass dich die Realität so schnell einholt, was?«, fragte Suman tröstend und riß mich aus meinen Gedanken. Sumann hielt mich und streichelte mir über meine Wangen, wobei er meine Tränen wegwischte, »Ich weiß wie schwer das ist. Ich weiß es nur zu gut...«
Sumans letzte Worte schnürten mir den Hals zu. Wir lösten uns voneinander. Man brauchte kein Hellseher sein, um zu begreifen, dass dieser Gildemeister mehr erlebt hatte, als seine Jugend vermuten ließ. Man brauchte ihn nur anzusehen. Auch in seinen Augen konnte ich eine übermäßige Feuchtigkeit entdecken. Sie war weit davon entfernt schon als Tränen bezeichnet werden zu können, aber eine gewisse Glasigkeit war unbestreitbar.
»Erogal meint, wir sollten fliehen.«, murmelte ich schniefend, »Mein Leben sei nicht mehr sicher. Der Datenkristall könne, so vermutet er, nur in Daelbar von den Drachen entschlüsselst werden. «
»Wir?«, fragte Suman erstaunt, fast entsetzt.
»Ja, wir! Erogal meint, du sollst mich begleiten, damit wir uns gegenseitig schützen können.«
Suman K'Tars Reaktion bestand in einem Mix unterschiedlicher, sogar gegensätzlicher, Emotionen. Einerseits strahlte Suman vor unverholener Freude. Auf der anderen Seite, und dass empfand ich als verwirrend, schimmerte Unsicher- und Ängstlichkeit durch. Irgend etwas nagte an Suman. Ich sah es an seinen Augen. Seine Begeisterung mich auf meiner Reise zu begleiten, war echt und nicht gespielt. Aber gerade weil er sich offensicht freute, verstand ich nicht, warum ich zusätzlich diese gegensätzlichen Emotionen empfand.
Natürlich wusste Suman, dass mir seine indifferenten Signale nicht entgangen waren. Bei aller Unerfahrenheit war ich trotzdem ein Gildemeister. Suman wich meinen fragenden Blick aus.
»Was ist?«, fragte ich direkt.
»Nichts.«, entgegnete Suman etwas zu nervös und wechselte sofort das Thema, »Wir sollten überlegen, wie wir auf den schnellsten Weg nach Daelbar kommen.«
Suman hatte sich verändert. Noch vor wenigen Stunden hatte er versucht mich zu verführen. Und wenn dies auch nur als kleine Prüfung gedacht war, so hatte es für eine erotische Spannung zwischen uns gesorgt. Diese Spannung war verschwunden... Nein, nicht verschwunden - Sie hatte sich verlagert. Ich fand Suman noch anziehender als vorher. Als er mich in den Arm genommen hatte, mich hielt, als mich meine Gefühle überwältigten, war dies ein unbeschreibliches Gefühl. Nur, dass ich nicht einordnen konnte, was dies für ein Gefühl war.
Um so mehr verwirrte mich Sumans plötzliche Zurückhaltung. Etwas enttäuscht antwortete ich auf Sumans letzte Bemerkung: »Was schlägst du vor?«
Mein zukünftiger Reisegefährte wurde sachlich und erklärte mir seine Ideen. Danach sollte mir Suman K'Tar ganz offiziell von der Gilde beauftragter Begleiter zugeteilt werden. Dazu sollte der Präfekt von Crossar eine offizelle Anforderung an das Xengabad stellen. Natürlich würde der Name von Suman nicht in der Anforderung auftauchen. Da Xengabad über keine Gildeschule verfügte und nur den Rasthof, in dem wir uns gerade befanden, unterielt, verfügte es nur über einen Subitendenten, der sich einer Anforderung eines
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