Drachenblut
wichtigsten Erfindungen dieser Sparte vertraut zu machen. Da gab es etwa den Zusatzapparat für das Fernsehgerät, mit dem man die überflüssigen Spielfilme zwischen den einzelnen Werbeblöcken ausblenden konnte. Die Vertreter eines privaten Fernsehsenders zeigten sich bereits sehr daran interessiert, den Erfinder bei der Herstellung dieses Produktes zu unterstützen.
Der Vorsitzende der Erfinderinnung war noch immer auf der Suche nach dem Leiter der Messe. Wahllos versuchte er sich an sein Ziel durchzufragen, es konnte ja schließlich nicht so schwer sein, jemanden zu finden, der die Verantwortung für diesen Zirkus trug.
»Sagen Sie, sind Sie hier der Chef?«
»Der Chef? Nun, so würde ich mich nicht unbedingt bezeichnen, das klingt mir ein wenig zu formell«, spielte Gott seine Position herunter. »Eher bin ich ein Gärtner, der seine Pflänzchen hegt und pflegt, ein Hirte, der seine Schäf…«
»Lassen Sie's gut sein«, unterbrach ihn der Vorsitzende der Erfinderinnung. Er wollte sich ja keine Predigt anhören, sondern lediglich eine Auskunft erhalten. »Für solchen Unsinn habe ich jetzt keine Zeit.«
Den letzten Teil seiner Antwort sprach er natürlich höflichkeitshalber nicht laut aus. Das machte aber keinen Unterschied, weil Gott sehr wohl wusste, welche Gedanken im Kopf des Vorsitzenden herumgingen. Er beschloss, dass sich der Bursche demnächst mal ein Bein brechen würde, als kleine Warnung sozusagen.
»Aber was wird ihre Gattin dazu sagen?«
»Ich bin eigentlich nicht verheiratet, außerdem ist sie sehr tolerant. Aber reden wir doch lieber von ihnen, meine Liebe. Ich bin überzeugt, dass Sie das gewisse Etwas haben. Eine Ausstrahlung und Reife, die man heute bei vielen Models vergeblich sucht.«
»Meinen Sie?« Schwester Franklin hob ihr Haar an und drehte sich vor Schönfeldt im Kreise. »Mir scheint, Sie haben eine gute Menschenkenntnis.«
»Gewiss, und wenn Sie mir die Gelegenheit geben wollen, Sie näher kennenlernen zu dürfen, dann könnte ich bestimmt noch viel für Sie tun.«
Die auf dem Boden der Messehalle angebrachte Markierungslinie war schon bald durch die Schuhe der vielen Besucher abgetreten. Wie sich die Spezialfarbe mit den Schritten der Messebesucher im ganzen Saal verteilte, wurde es dem kleinen Roboter unmöglich, sich zu orientieren Überall auf dem Fußboden entstanden die merkwürdigsten ultravioletten Muster. Es war ein Wunder, dass die Maschine nicht in einen psychedelischen Farbenrausch geriet.
So rumpelte der Roboter auf seinen Rädern kreuz und quer durch die Messehalle und fuhr den Besuchern an die Beine, wo er nur konnte. Die Angerempelten schauten sich dann verärgert um, um den Rüpel zur Rede zu stellen, und wenn sie sahen, dass es ein kleiner Roboter war, dann verziehen sie ihm alles. Schließlich konnte man diesem niedlichen Ding mit seinen lustigen Augen und der Antenne auf dem Kopf nicht böse sein.
»Was möchtest du uns denn bringen, Robbie? Einen kleinen Aperitif? Na, dann lass mal sehen, was du anzubieten hast.«
Als die Umstehenden nach den Cocktailgläsern greifen wollten, zischte der Roboter auch schon wieder davon, um mit seiner Kamera die Fährte aufzunehmen und seine Fracht an einer anderen Stelle anzubieten.
»Ein drolliges Kerlchen, nicht wahr?« bemerkte ein Erfinder.
»In der Tat, in der Tat«, pflichtete ihm ein anderer bei, während er sich sein Schienbein rieb und diese verdammte Maschine verfluchte.
Gott war müde und abgespannt, und er beschloss, sich irgendwo bequem niederzulassen. Dazu wählte er den kleinen Roboter aus, der den Gästen ständig an die Beine fuhr und nicht zu wissen schien, wohin es eigentlich gehen sollte. Als Gott einen kräftigen Schlag an seinem Schienbein verspürte, war der Moment gekommen, an dem er vom Körper des Roboters Besitz ergriff und in dessen blecherne Hülle fuhr. Ah, das tat gut! Erleichtert machte es sich Gott in seinem neuen Zuhause bequem. Nachdem er sich mit der Bedienung des Roboters vertraut gemacht hatte, gab erst einmal kräftig Gas und stob mit quietschenden Reifen davon.
An einem der vielen Messestände war nichts weiter zu sehen als ein gewöhnlicher Fernsehapparat. Über Art und Bedeutung des Apparates wurde man als Besucher seltsamerweise im Unklaren gelassen. Das wollte Gott genauer wissen, und er nahm den Kontakt zum Erfinder auf.
»Guten Tag, der Herr.«
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