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Drachenblut

Drachenblut

Titel: Drachenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lee Parks
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trugen.
        Außerdem verstand es der Prototyp, sich in geometrischer Progression Wissen anzueignen. Und was er lernte, das lernte er auch vom Militär, das ihm die Methoden der Massenvernichtung hautnah demonstrierte.
        Nach dem Vorbild eines sich selbst reproduzierenden Systems wuchs der Prototyp im Laufe der Zeit zu stattlicher Größe heran. Dabei ersetzte er im Kampf beschädigte oder zerstörte Teile durch Materialien, die er sich selbst hinzufügte. Hier ein Auto, oder da Teile eines Umspannwerkes, das er eher beiläufig niederwalzte und als Energielieferant absorbierte. Die unverwertbaren Teile schied er wieder aus, wie ein Raubtier, das die Knochen eines verspeisten Opfers hervorwürgt, um den Magen zu entlasten.
        Im Fernsehstudio rückte der Moderator seinen Binder zurecht, wischte sich unauffällig mit dem Handrücken über den Mund und stellte mit zunehmender Unruhe fest, dass ihm der General dauernd zuzwinkerte. Dabei schnitt er merkwürdige Grimassen, deren Zweck dem Moderator erst klar wurde, als der General seine linke Gesichtshälfte noch einmal kräftig zusammenkniff, worauf das Auge herausquoll und vom General geschickt aufgefangen wurde, ein Zeichen dafür, dass er diese Übung nicht zum ersten Mal vornahm.
        »Hier, sehen Sie, junger Freund«, der General hielt das Glasauge zwischen Daumen und Zeigefinger in die Kamera, »glauben Sie denn, Sie könnten mich mit ihrem pazifistischen Geschwafel beeindrucken? Ich wusste damals, wofür wir gekämpft haben, und wir waren stolz darauf, unserem Vaterland dienen zu können, auch wenn wir einen bitteren Preis dafür zahlen mussten.«
        Die Kamera hatte die Pietätlosigkeit, ganz nah an das Auge heranzufahren, um eine schöne Großaufnahme zu ergattern. Leider war das Glasauge durch seinen Aufenthalt in der Augenhöhle glitschig geworden. Das Auge entglitt dem General, es schnippte aus seinen Fingern heraus, fiel auf den Schreibtisch und kullerte zielstrebig auf den Moderator zu.
        Der General war von alter Schule. Geistesgegenwärtig schlug er mit seiner Lederrute nach dem Auge, um es an der Fahnenflucht zu hindern. »Halt, stillgestanden!«
        Ebenso sicher, wie er das Auge verfehlte, traf er die Hände des Moderators, welche dieser in die Tischkante verkrallt hatte, um, seinem Schwindelgefühl folgend, nicht vom Stuhl zu fallen. Die Lederrute klatschte auf die Hände, diese zuckten zurück, und der Moderator kippte mitsamt dem Stuhl nach hinten. Er zappelte noch mit den Beinen in der Luft, aber das Gleichgewicht war nicht wieder zu erlangen. Der Mann riss einen Studioscheinwerfer um und verschwand in elegantem Bogen von der Bildfläche.
        Die Regie entschied, dass es Zeit für eine Werbeunterbrechung sei.
     
    Dr. Freak legte den Kopf auf die durch die Nachmittagssonne erwärmte Tischplatte, schloss die Augen und gab sich einem Tagtraum hin.
        Die Insekten hatten sich in mehrere Angriffswellen formiert. Dr. Freak führte eine der ersten Wellen an, die sich, von der Seite kommend, auf das Angriffsziel stürzen und die gegnerische Verteidigung verwirren und ablenken sollte. Das verhieß Ruhm und Ehre, aber auch viele Ausfälle in den eigenen Reihen. Die Aufklärung hatte ideales Wetter vorausgesagt, und die Chancen standen in der Tat nicht schlecht, das feindliche Ziel in einem Handstreich einzunehmen. Abermillionen schwarzer Käfer hingen wie überreife Trauben in der Luft, und ein unheilvolles, düsteres Brummen kündete von der Schlacht, von der man in der Geschichte der Käfer noch lange reden würde.
        Dr. Freak brummte im Halbschlaf auf. Der Metallhaken seines Armstumpfes wanderte unter den Tisch und zog sein linkes Hosenbein hoch. Jetzt konnte Dr. Freak mit den knöchrigen Fingern seiner anderen Hand an seinem Knie reiben, was ihn sehr angenehm stimulierte. Dort, direkt auf der Kniescheibe, befand sich nämlich seit seinem Unfall eine kleine Erhebung. Diese Erhebung kam ihm bei näherer Betrachtung zwar nicht fremd, aber doch immerhin von anderer Stelle her bekannt vor. Die Ärzte im Krankenhaus hatten an sein verbranntes Bein ein Stück Haut transplantiert, das sie zuvor seiner Brust entnommen hatten. So kam es, dass Dr. Freak genau auf seinem Knie eine Papille sitzen hatte, und es war ihm nicht lange unbemerkt geblieben, dass es ihn erregte, wenn er sein Knie streichelte und mit der Handfläche in kreisförmigen Bewegungen über die Warze rieb.
        Der Pflaumenbaum, um den es ging,

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