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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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Eindruck zu erwecken, als schäme er sich. Ich sah ihn an.
    »Sucht drinnen nach Kvasir«, sagte ich. »Thorkel wird euch zeigen, wer er ist. Macht, was er euch sagt, und genießt die Gastfreundschaft meiner Halle. Wir bauen ein Schiff, vielleicht werden wir eine Mannschaft brauchen. Aber vielleicht auch nicht.«
    Noch während ich sprach, spürte ich, wie mir das Herz bleischwer wurde. Es war heraus und breitete sich in den Köpfen aus wie eine Läuseplage – Orm, der Töter des weißen Bären, der Günstling Odins, der von einem geheimen Berg aus Silber wusste, baut ein Schiff. Das zog sie an, wie Kvasir es vorausgesagt hatte. Unerschrockene Männer von fern und nah, die mit Schwert und Axt zu kämpfen wussten.
    Und das hier war nur der Anfang. Während der nächsten Wochen kamen sie jeden Tag, zu Lande und zu Wasser, allein, zu zweit und in kleinen Gruppen, und sie alle wollten eine Ruderbank auf der Elk. Die Halle war voll von ihnen und ihrem Lärm, und Thorgunna war mit ihrem Lächeln nicht mehr ganz so schnell bei der Hand. Eher neigte sie dazu, die Küchengeräte krachen zu lassen und den Leibeigenen Ohrfeigen zu verabreichen.
    Dann kam der Augenblick, vor dem ich mich gefürchtet hatte. Gisur und Botolf kamen herauf und verkündeten strahlend, dass der Stevenkopf an seinem Platz saß und die Fjord Elk fertig war.
    Ich dachte an das erste Schiff mit diesem Namen, als
man mich mit fünfzehn Jahren an Bord gehievt hatte, fortgeschleppt hatte von meinem ruhigen Leben in Björnshafen und hinein in den Mahlstrom der Seeräuberei. Von einem Leben auf dem Feld und am Meer in ein Leben mit Klinge und Schild. Es gab, wie ich mir schweren Herzens eingestehen musste, keinen Weg zurück. Doch beim Anblick dessen, was Onund und Gisur hier vollbracht hatten, tat mein Herz einen solchen Freudensprung, dass auch der letzte Rest meiner alten Träume in sich zusammenfiel.
    Ich hatte den Fortgang der Arbeit bislang immer nur flüchtig verfolgt, ich wollte das Schiff nicht wachsen sehen, wollte die Macht des Tieres am Steven nicht spüren, das mich aufs Meer hinauslockte. Jetzt traf mich sein Anblick wie Thors Hammer.
    Es glänzte wie ein junges Fohlen, es roch nach Harz und Teer und Salz und schwankte leicht auf der Werft, die wir gebaut hatten, während die Männer das neue Segel einholten und um die Spiere wickelten, eine rot-weiß gestreifte Fläche, die Frucht zweier Jahre Arbeit am Webstuhl. Für dieses Segel hatte ich Hoskuld viel Silber und allerlei Versprechungen gezahlt, überhaupt hatte diese neue Elk den Rest meines ohnehin geschrumpften Vermögens restlos aufgebraucht.
    Die Seiten und das Ruder waren mit Schnitzereien verziert, die Wetterfahne war versilbert. Der Meginhufr, diese extra dicke Planke, die unterhalb der Wasserlinie auf beiden Seiten des Schiffsrumpfes angebracht ist, war vergoldet, und die Hände der Leibeigenen waren von den Malerarbeiten noch immer blau und gelb verfärbt. Das hatte mich ebenfalls ein Vermögen gekostet – Lapis und Kupfer für die blaue Farbe, Ocker und Auripigment für die gelbe, und alles mit teurem Öl angemischt.
    Kein Wunder, dass Hoskuld mit Gisur um die Wette grinste – mit dem, was er an mir verdient hatte, konnte der Händler sich zwei Jahre lang auf die faule Haut legen. Gisur strahlte vor Stolz über das, was sie geleistet hatten, aber eigentlich war es Onunds Werk, obwohl der Bucklige nie ein Zeichen seiner Zufriedenheit von sich gab, außer einem gelegentlichen Brummen, wie ein Bär, wenn er sich kratzt.
    Selbst Thorgunna musste zugeben, dass es ein schönes Schiff war, auch wenn sie über die Kosten schimpfte und darüber, wie nutzlos es sei, verglichen mit einer neuen Knarr oder einem vernünftigen Fischerboot. Und über die Zeit, die tüchtige Männer mit dieser Arbeit verschwendet hatten; Zeit, in der sie besser Ställe hätten ausmisten oder Seetang auf den Feldern ausbreiten können.
    Aber niemand hörte ihr zu, denn dies war die Fjord Elk, deren Stevenkopf ein stolzes Geweih trug und die glatt und geschmeidig die Wellen durchschneiden würde.
     
    Gisur sah mich bedeutungsvoll an. Mein Herz flog wie der Wind über den Wellen. Der Augenblick war gekommen, und ich wusste, was jetzt fällig war – eine Blot -Zeremonie, mit zwei Kampfhengsten, dem Opfer des Siegers und dem Schwur. Dem alten Schwur, der einige von uns noch immer aneinander band.
    Wir schwören, dass wir einander Brüder sein wollen, mit Knochen, Blut und Stahl. Wir schwören auf Gungnir, Odins

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